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Der Teufel und die Lady

Der Teufel und die Lady

Titel: Der Teufel und die Lady
Autoren: Lynsay Sands
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1. KAPITEL
Nordengland, 1273
    »Mylady!«
    Der besorgte Ausruf ließ Evelinde im Gespräch mit dem Koch innehalten und herumfahren. Durch die Küche kam ihre Magd auf sie zugestürmt, sowohl Wut als auch Besorgnis im Blick. Diese Mischung wurde für gewöhnlich nur durch Eddas Handeln hervorgerufen. Evelinde fragte sich, was ihre Stiefmutter sich nun schon wieder hatte einfallen lassen, und versprach dem Koch hastig, die Besprechung des Speiseplans später fortzusetzen, bevor sie ihrer Magd entgegenging.
    Mildrede ergriff Evelindes Hände, kaum dass sie ihre Herrin erreicht hatte. »Eure Stiefmutter verlangt nach Euch«, verkündete sie, den Mund grimmig zusammengekniffen.
    Etwas Derartiges hatte Evelinde bereits befürchtet, aber dennoch verzog sie das Gesicht. Edda ließ nur dann nach ihr schicken, wenn sie wieder einmal übler Stimmung war und sich aufheitern wollte, indem sie ihre unglückselige Stieftochter schikanierte. Einen Augenblick lang war Evelinde versucht, einfach zu übergehen, dass sie gerufen worden war, und sich für den Rest des Tages eine Aufgabe fernab des Wohnturms der Burg zu suchen. Das jedoch würde die Stimmung dieser Frau – und die nachfolgenden Schikanen – nur verschlimmern.
    »Dann werde ich wohl besser nachsehen, was sie wünscht«, erwiderte Evelinde und drückte Mildrede beruhigend die Hände, bevor sie an ihr vorbeischritt.
    »Sie hat gelächelt«, warnte Mildrede, die sich an ihre Fersen heftete.
    Evelinde hielt inne, die Hand bereits an der Tür zur großen Halle. Ein eisiger Schauer überlief sie. Eine lächelnde Edda war kein gutes Zeichen. Meist bedeutete es, dass Evelinde Ungemach bevorstand. Nicht dass diese Frau es je gewagt hätte, Evelinde zu schlagen, aber es gab Übleres – Aufgaben, die so unerquicklich waren, dass man Prügel beinahe vorgezogen hätte. Unsicher kaute sie auf ihrer Unterlippe. »Weißt du, was sie dieses Mal für einen Anlass hat?«, wollte sie von ihrer Magd wissen.
    »Nay, nein«, entgegnete Mildrede bedauernd. »Sie war gerade dabei, Mac dafür zu schelten, dass er ihre Stute nicht genügend verhätschelt, als ein Bote des Königs eintraf. Sie las die Nachricht, lächelte und ließ nach Euch rufen.«
    »Oh.« Evelinde atmete kaum merklich durch, straffte dann die Schultern, hob den Kopf und schritt energisch durch die Tür. Ihr blieb nichts anderes übrig – abgesehen davon, zu hoffen, dass sie eines Tages von der Tyrannei und den Drangsalierungen ihrer Stiefmutter befreit würde.
    »Ah, Evelinde!« Edda lächelte in der Tat – ein sehr breites, strahlendes Lächeln, das wahrlich nichts Gutes verhieß.
    »Man hat mir mitgeteilt, dass Ihr mich zu sprechen wünscht?«, fragte Evelinde ruhig. Hinter sich spürte sie Mildredes Anwesenheit. Die Magd bot ihr während Eddas kleinen Angriffen stets Rückendeckung.
    »Aye, ja.« Edda behielt ihr Grinsen bei und entblößte dabei ihre Zähne – oder vielmehr das, was von diesen noch übrig war. Die Hälfte fehlte, und die verbliebenen waren bräunlich und standen schief. Edda lächelte selten und wenn, dann nie so breit, dass man einen Blick auf den Zustand ihres Mundes erhaschen konnte. Dass sie es nun tat, ließ Evelindes Anspannung um das Zehnfache wachsen.
    »Seit dem Tod deines Vaters ist es an mir, für dein Wohlergehen zu sorgen, und deine Zukunft wie auch dein Glück liegen mir sehr am Herzen, mein Kind«, setzte Edda an.
    Evelinde rang das spöttische Lächeln, das sich angesichts der geheuchelten Sorge Bahn zu brechen drohte, erfolgreich nieder. Ihr Vater, James d’Aumesbery, war ein guter Mann und ein loyaler Baron des Königs gewesen. Als Henry III. ihn aufgefordert hatte, die unbequeme Edda zu heiraten und auf diese Weise den Hof – an dem sie zu einer wahren Plage geworden war – von ihrer Gegenwart zu befreien, war Evelindes Vater dieser Verpflichtung anstandslos nachgekommen. Nicht so Edda. Sie hatte es übel aufgenommen, dass sie an einen Mann gebunden werden sollte, der lediglich eine Baronie hielt, und schien schon sofort bei ihrer Ankunft auf d’Aumesbery eine spontane Abneigung gegen Evelinde zu entwickeln.
    Zunächst war es nicht allzu arg gewesen. Als Evelindes Vater und ihr Bruder Alexander noch dagewesen waren, hatte Edda sich ihr gegenüber zumindest höflich verhalten. Alexander jedoch war vor drei Jahren gemeinsam mit Prinz Edward zu einem Kreuzzug aufgebrochen. Zwar war der Prinz inzwischen zurückgekehrt und nach seines Vaters Tod zum König gekrönt worden, doch
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