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Doktor Proktors Zeitbadewanne

Doktor Proktors Zeitbadewanne

Titel: Doktor Proktors Zeitbadewanne
Autoren: Jo Nesbø
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ja.
    Die Polizisten wichen unwillkürlich einen Schritt zurück, als der kleine Junge den Kopf aus der Badewanne erhob, keuchend nach Luft schnappte, sich die Seife aus dem Gesicht pustete und rief:
    »So, das hätten wir!«
    Sein Grinsen reichte unter dem knallroten Haarschopf von einem Ohr zum anderen.
    »Hast du... hast du . . .?«, wollte Juliette fragen.
    »Ich soll schön grüßen«, lachte Bulle. »Den sehen wir so schnell nicht wieder, verlasst euch drauf.«
    »Dann müssen wir ihn zurückholen«, sagte Doktor Proktor. »Er soll nämlich verhaftet werden, hier und jetzt.«
    »Oh?«, fragte Bulle. »Klasse. Ich fürchte, dann müssen wir uns ein bisschen beeilen, das mit dem Zurückholen habe ich nämlich vergessen und...ich habe die ganze restliche Zeitseife verbraucht.«
    »Ui«, sagte Doktor Proktor. »Gut, dann müssen wir sofort los, solange noch genug Schaum in der Wanne ist. Ich nehme das selbst in die Hand und...«
    Doch Lise hatte es schon gesehen: Bulles altbekanntes Zickzackgrinsen, das sich immer in sein Gesicht schlich, wenn etwas gründlich den Bach runtergegangen war. Oder den Abfluss runter. Sie war nicht im Geringsten überrascht, als Bulle die geschlossene Hand öffnete, ihnen den Badewannenstöpsel präsentierte und in demselben Moment das Gurgeln des letzten Restes Seifenwasser zu hören war, der den Abfluss der Badewanne hinuntergluckerte.
    »Da war ich wohl ein bisschen...äh, fix«, sagte Bulle.
    Es war ganz still geworden in Zimmer Nummer vier der Pension Pommes Frites. Alle starrten Bulle an. Und waren weiterhin still. Lange. Sehr lange.
    »Nun ja, Leute«, sagte Bulle irgendwann und klatschte in die Hände. »Passiert ist passiert, was soll’s. Noch jemand Appetit auf Frühstück?«

22 . Kapite l
Tokyo
    laude Cliché erwachte, weil er unter Wasser keine Luft bekam. Unter Wasser können nur Fische und anderes Seegetier atmen, sogar Nilpferde müssen zum Atmen an die Oberfläche, folglich fing er an, mit Armen und Beinen zu strampeln, um nicht zu ertrinken. Ah, da bekam er ja doch Luft, sein Kopf war über Wasser geraten und er stellte fest, dass er in einer Badewanne saß. Ringsum war alles voller Bäume. Hohe, von Lianen umrankte Stämme. Hoch über ihm ein sehr dichtes und sehr grünes Blätterdach. Kein Zweifel, er befand sich im Dschungel.
    Aber wie um alles in der Welt war er hierhergekommen, und auch noch in einer Badewanne? Claude Cliché runzelte die Stirn und versuchte, sich zu erinnern. Sich zu erinnern, wer er war, woher er kam und was geschehen war, bevor er mit grässlichem Kopfweh in dieser Badewanne zu sich kam.
    Ob er sich wohl an irgendetwas davon erinnerte? Er, dem eine Spinne – möglicherweise eine Siebenbeinige Peruanische Saugespinne – ins Ohr und vielleicht noch weiter hineingekrochen war?
    Nun, hier kommt die Antwort:
    Er erinnerte sich an alles. An jede Einzelheit.
    Zum Beispiel daran, dass er Claude Cliché hieß, Barometer war und ein enormes Vermögen besaß. Unter anderem gehörten ihm ein Haufen Geld, eine Hosenträgerklammererfindung, ein Dorf voller Nilpferde, ein Schloss namens Margarine und eine Baronette namens Juliette. Er erinnerte sich daran, wie er in der Pension Pommes Frites gesessen hatte, in dem Zimmer des dussligen Erfinders, in den Juliette angeblich so verliebt war. Und ganz ausgezeichnet erinnerte er sich an den kleinen, rothaarigen Knirps in der Napoleonsuniform und an das Mädchen, das behauptet hatte, es wäre Jeanne d’Arc. Ja, sie hatten ihn ausgetrickst! Aber das würde er ihnen mit Kleingeld und einem Bad in der Seine heimzahlen.
    Claude Cliché stand auf und stieg aus der Badewanne. Er hatte kein Fünkchen Angst. Absolut keins! War er nicht der König von Paris? Egal, wie tief er sich in diesem Dschungel befand, es war nur eine Frage der Zeit, bis er wieder nach Hause kam. Und dann würden die etwas erleben!
    Er ging auf eine Lichtung zwischen den Bäumen zu.
    Als er fast dort war, hörte er merkwürdige Geräusche, Summen und Klicken.
    Sollten das Ticktacktiger, Hickshyänen oder Klapperschlangen sein?
    Oder das Klacken zusammenklappender Krokodilkiefer?
    Ha! Das konnte ihm alles keine Angst einjagen. Claude marschierte drauflos und bog die Zweige zur Seite.
    Und da, direkt vor ihm, standen die Geschöpfe, von denen dieses Summen und Klicken stammte.
    Bsss-Klick! Bsss-Klick!
    Claude musste laut lachen.
    Eine Menge schlitzäugiger Menschen stand hinter einem Gitter, offenbar in einer Art Käfig. Sie fotografierten mit kleinen
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