Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Doktor Proktors Zeitbadewanne

Doktor Proktors Zeitbadewanne

Titel: Doktor Proktors Zeitbadewanne
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
Bullé
    Vorsichtig stand Bulle in der Badewanne auf und sah sich um. Was zum dreimal neunschwänzigen Teufel war das? Kein Zweifel, sie waren wieder in ihrem Badezimmer in der Pension Pommes Frites. Da war die Badewanne, da das Spiegelbord und da war auch das Zahnputzglas mit Perry darin, der Siebenbeinigen Peruanischen Saugespinne. Aber woher kam dieses grauenerregende Geräusch?
    »Was zum neunmal Dreischwänzigen ist denn das?«, flüsterte Lise, die eben in der anderen Badewanne aufstand.
    »Das donnert ja wie zwanzig Presslufthämmer«, sagte ein triefnasser Doktor Proktor.
    »Das kommt von draußen«, sagte Jeanne, die schon an der Tür stand und sie aufmachen wollte, als Juliette zischte: »Warte! Ich weiß, was das ist.«
    Die anderen sahen sie an . »Nildpferdschnarchen. « »Nilpf. . . !
    »Ja«, sagte Juliette. »Aber das ist noch nicht alles. Das ist das Schnarchen von einem Kerl, den ich nur allzu gut kenne.«
    »Oh nein«, flüsterte Doktor Proktor.
    »Claude«, flüsterte Lise noch leiser.
    »Clichè«, flüsterte Bulle so leise, dass niemand außer ihm selbst es bei diesem Geschnarche hörte. Er ging zur Tür, stellte sich auf Zehenspitzen und schaute durchs Schlüsselloch.
    »Was siehst du?«, fragte Proktor.
    »Einen... zwei... drei fette Kerle«, sagte Bulle. »Jeder in einem Sessel, alle schlafen. Der Typ neben dem Heizkörper hat einen schmalen Oberlippenbart, breite Hosenträger mit kräftigen Klammern und sieht schleimiger aus als ein Eimer voller Aale.«

    »Das ist Claude Cliché«, flüsterte Doktor Proktor. »Und die beiden anderen?«
    »Die sehen aus wie...ja, es klingt vielleicht unglaublich, aber ich würde dennoch fast sagen wollen... haltet euch fest...« Bulle drehte sich zu den anderen um. »Wie Nilpferde!«
    Seltsam genug, niemand schien von dieser Mitteilung überrascht zu sein. Enttäuscht von seinem trägen Publikum, wandte Bulle sich wieder dem Schlüsselloch zu.
    »Der eine sitzt vorm Fenster, der andre mit der Rückenlehne an der Tür. Unmöglich, hier unbemerkt rauszukommen. Und wo wir schon bei den schlechten Nachrichten sind: Die beiden Nilpferde haben jeder ein Gewehr auf dem Schoß.«
    Juliette stöhnte. »Die warten in aller Seelenruhe darauf, dass wir zurückkommen. Und dann... dann...«
    »Jetzt reicht’s!«, sagte Doktor Proktor. Er flüsterte auch nicht mehr, im Gegenteil, seine Stimme bebte vor Wut. »Platz da, Bulle. Es ist allerhöchste Zeit, dass sich mal jemand diesen Mann...«
    »Nein, Viktor!« Juliette trat ihm in den Weg. »Der hat dich im Handumdrehen überwältigt und nicht nur dich. Denk an die Kinder und an Jeanne. Sie füllen ihnen die Taschen mit Münzgeld und werfen sie in die Seine.«
    Doktor Proktor blieb stehen. Dann ließ er sich auf den Rand der Badewanne sinken, griff sich an den Kopf und stöhnte verzweifelt: »Du hast recht. Was sollen wir tun?«
    »Hm«, meinte Juliette.
    »Hm«, meinte Lise.
    »Hm«, meinte Jeanne.
    Ein leises »Plopp!« ertönte und Bulle sagte: »Entspannt euch, Leute, ich habe einen Plan.«
    Sie starrten Bulle an, der seinen Zeigefinger musterte, bevor er ihn befriedigt am Hosenbein abwischte. »Einen Plan, so einfach wie genial.« Bulle knöpfte einen Uniformknopf auf und griff sich in die Jacke. Erst nahm er Marcels Trompete heraus und stellte sie ab, dann griff er wieder hinein. »Draußen vorm Fenster graut längst der Morgen und es ist Zeit, den Siebenschläfern da drinnen ein Erwachen zu bescheren, das ihnen unvergesslich werden dürfte. Der Plan ist bereits an einem gewissen Missjöh Napoleon erprobt und besteht schlicht und einfach darin, ein äußerst spezielles Pulver in die offen stehenden Münder dieser...äh...« Sein Gesichtsausdruck veränderte sich, während er fieberhaft unter der Jacke herumtastete.
    »Was ist denn?«, fragte Doktor Proktor. »Hast du etwas verloren?«
    »Eine winzig kleine Anpassung der Pläne, liebe Leute...« Bulle lächelte etwas starr mit all seinen Zähnen.
    »Wie es aussieht, ist das Pupsonautenpulver im Jahre 1111 liegen geblieben, auf dem Marktplatz von Rouen. Aber keine Sorge, Bulle hat alles unter Kontrolle, wir wechseln einfach zu Plan B über.«
    »Der worin besteht?«, fragte Lise skeptisch.
    »Dass ihr mir vertraut.«
    Die drei anderen betrachteten Bulle, aber er sagte nichts weiter, wippte nur auf den Absätzen und stellte dieses seltsam starre Lächeln zur Schau.
    »Und das soll der ganze Plan sein?«, fragte Lise irgendwann.
    »Ja«, sagte Bulle und griff nach der Tube
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher