Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Doktor Proktors Zeitbadewanne

Doktor Proktors Zeitbadewanne

Titel: Doktor Proktors Zeitbadewanne
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
Lehnstühlen, die Treppen hinauf, an den Familienfotos der Trottoir vorüber, durch die offene Tür ins Zimmer, wo sein Hinterkopf den Heizkörper mit einem solchen Knall traf, dass es klang, als hätte jemand die große Glocke der Kathedrale Notre-Dame de Paris angeschlagen.
    Und während der Ton noch über die Stadt hallte, sahen unsere Freunde zwei entsetzte, nilpferdartige Kerle in Lumpen und Unterwäsche aus der Tür der Pension Pommes Frites rennen und um die nächste Ecke verschwinden.
    »Was habt ihr denn mit denen gemacht?«, fragte Lise. »Das ist ja die hässlichste Pottfrisur, die ich je gesehen habe.«
    »Nicht wir.« Bulle zeigte auf Jeanne. »Sie.«
    »Ich hab nur ein bisschen improfrisiert«, sagte Jeanne.
    »Und jetzt . . .«, sagte Doktor Proktor und hob das Gewehr auf, dass Cliché auf dem Pflaster liegen gelassen hatte, ». . . wollen wir mal Herrn Barometer Cliché einen Krankenbesuch abstatten.«
    Claude Cliché saß an den Heizkörper gelehnt und schien wieder zu schlafen. Aber er schnarchte nicht, sondern schnaufte nur gleichmäßig, während seine Lider ab und zu vibrierten.
    »Er kommt wahrscheinlich bald wieder zu Bewusstsein«, sagte Doktor Proktor. »Wir wissen mittlerweile, dass es fast unmöglich ist, die Geschichte umzuschreiben. Claude Cliché ist und bleibt mit Juliette verheiratet und freiwillig wird er sich nie im Leben scheiden lassen. Irgendwelche Vorschläge, was wir jetzt tun könnten?«
    »Abhauen«, sagte Lise. »Ihr könnt in der Kanonenstraße wohnen.«
    Proktor schüttelte den Kopf. »Nein, Cliché und seine Nilpferde treiben uns auf, wo immer wir sind.«
    Juliette verbarg ihr Gesicht in den Händen. »Ich wün sche mir so, dass er alles vergessen hat, wenn er aufwacht. Das Barometer-sein-Wollen vergessen, mich vergessen und vergessen, dass wir jemals verheiratet waren.«

    »Hm«, machte Bulle. Er stand auf und ging ins Bad. »Nun ja, er hat sich den Kopf schwer angeschlagen«, sagte Doktor Proktor. »Aber auf einen völligen Erinnerungsverlust können wir wohl trotzdem nicht hoffen.«
    »Überlasst das mir«, sagte Bulle, der aus dem Bad kam, das Zahnputzglas in der Hand. »Mir und Perry.«
    »Perry?«, fragte Jeanne und starrte die kleine Spinne im Glas an.
    »Eine Siebenbeinige Peruanische Saugespinne.« Bulle ging zu dem Bewusstlosen und setzte das Zahnputzglas an seinem Ohr an. Schwups – war die kleine Spinne verschwunden.
    »Was machst du denn da?«, fragte Juliette entsetzt.
    »Du solltest lieber fragen, was macht er. Denn Perry ist eine Saugespinne und jetzt saugt er diesem Mann das Gedächtnis aus. Wenn er aufwacht, wird er sich fühlen wie nach einer richtig gut durchschlafenen Nacht, er wird blendende Laune haben. Und als Einziges wird ihm einfallen, dass er sich an nichts erinnert. Nothing. Nada.«
    Bulle blickte in die zweifelnden Gesichter.
    »Das ist wahr!«, sagte er empört. »Steht alles genauestens in TDDNBM beschrieben.«
    »TDDNBM?«, fragte Juliette.
    »Abkürzung für ›TIERE, DENEN DU NIE BEG...‹«
    »Bulle!«, stöhnte Lise. »Die Tiere in diesem Buch erfindest du doch bloß alle!«
    »Tu ich nicht!«, sagte Bulle, verschränkte die Arme und sah sehr beleidigt drein. »Aber wenn es euch lieber ist, benutzt die Cliché-Methode. Füllt ihm die Taschen mit Kleingeld und ab mit ihm in den Fluss!«
    Doktor Proktor schüttelte den Kopf. »Nein, Bulle, so etwas tun wir nicht. Genau das unterscheidet uns von seinesgleichen.«
    »Na gut, dann nicht«, sagt Bulle verstimmt. »Dann lasst das mit den Münzen bleiben und schmeißt ihn so in den Fluss. Wird auch viel billiger so.«
    »Bulle!«
    Bulle stampfte wütend mit dem Fuß auf: »Ihr wisst doch ganz genau, wir kriegen den nie ins Gefängnis, weil es in ganz Paris keinen Richter gibt, der sich traut, etwas gegen ihn zu unternehmen! Und wenn er aufwacht, wird er...«
    »Heureka!«, rief Lise.
    Die beiden Streithähne drehten sich zu ihr um. Sie wussten schließlich, dass Lise nicht ohne guten Grund »heureka!«, rufen würde.
    »Gefängnis«, sagte Lise.
    »Was meinst du?«, fragte Doktor Proktor.
    »Wir machen mit ihm dasselbe wie Raspa mit Juliette. Wir schicken ihn per Zeitbadewanne in ein Gefängnis weit, weit weg.«
    »Klasse!«, sagte Bulle. »Und wenn er aufwacht, weiß er nicht, wie er da gelandet ist, und kann seine Unschuld nicht beweisen.«
    Doktor Proktor allerdings sah nicht so begeistert aus. »Das hieße ja, das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen. Ich weiß nicht, ob das recht ist. Wir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher