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Doktor auf Draht

Doktor auf Draht

Titel: Doktor auf Draht
Autoren: Richard Gordon
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zuwenig, und einem Ernährungssystem, das bei weitem zuviel ausgebaut ist. Wenn Sie jedoch Wert darauf legen, daß ich telefoniere«, fügte er großmütig hinzu, »kann ich Ihren Rolls Royce und Ihren Chauffeur sofort hierherbestellen, und Sie kommen immer noch zu einem späten Souper in der >Caprice< zurecht. Mir ist es unendlich gleichgültig, ob Sie hier bleiben oder nicht. Vor allem in Hinblick darauf, daß das im voraus gezahlte Honorar nicht rückerstattet wird.«
    »Ich werde heute abend nicht in der >Caprice< speisen«, erklärte das Männchen würdevoll, obgleich ihm der Speichel reichlich aus dem Mund troff. »Das werde ich streichen, Sir Lancelot. Ich erkenne, daß dies alles zu meinem Besten ist.«
    »Ausgezeichnet. Wenn Sie jedoch weiterhin gegen die Regeln verstoßen, Horsham, werde ich mich leider gezwungen sehen, Sie nach dem Abendessen auf ein Wörtchen in mein Arbeitszimmer vorzuladen. Nun haben Sie die Güte, sich sofort beim Feldwebel zur Behandlung zu melden.«
    »Wer in aller Welt war denn das, Sir?« fragte ich völlig verblüfft, als der Delinquent davonwatschelte.
    »Seien Sie begrüßt, Grimsdyke«, sagte Sir Lancelot liebenswürdig. »Freue mich, Sie wiederzusehen. Das? Oh, das war Lord Horsham.«
    »Lord Horsham?«
    »Ja, der Präsident der City and Suburban Bank. Hat eklige Atembeschwerden und Plattfüße.«
    Diese Erklärung verblüffte mich noch mehr, wenn ich auch für den Burschen kein Mitleid mehr aufbringen konnte; seine Untergebenen hatten es des öfteren an Humor völlig ermangeln lassen, wenn ich mein Konto überzogen hatte.
    »Seien Sie so gut und nehmen Sie mich bis zu meiner Eingangstür mit«, bat mich Sir Lancelot. »Sie wissen doch«, erklärte er, während er in den Wagen kletterte, »daß mir kürzlich, wie den meisten unseligen Besitzern der einzigen Landhäuser, die es wert sind, besessen zu werden, die Aussicht drohte, die Tafel eines Realitätenvermittlers auf meinem Gittertor zu sehen.«
    Ich nickte. »Wollte schon vorschlagen, Sir, es dem Hochadel nachzutun und das Haus gegen eine halbe Krone Eintritt der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.«
    »Habe daran gedacht, aber mir behagte der Gedanke nicht, schmierige Kinder mit Lutschstangen überall in meinen Blumenbeeten zu sehen.«
    »Die sich die Finger an den unbezahlbaren Erbstücken ab wischen.«
    »Als Selfmademan besitze ich leider keine Erbstücke, vom chirurgischen Besteck meines Vaters abgesehen. Freilich habe ich im Laufe der Jahre die Unterleibsorgane in Spiritus aufbewahrt, die ich aus vielen interessanten und prominenten Leuten entfernt hatte. Ich fand, sie würden, gegen eine kleine Extragebühr, eine interessante Ausstellung ergeben. Nicht viele Menschen haben Gelegenheit, die Niere eines ehemaligen Premierministers zu begutachten«, sann er, als wir den Portikus erreichten. »Aber meine Frau war irgendwie dagegen. Sie hat sich in letzter Zeit sehr konservative Ansichten zugelegt.«
    Ich war desgleichen der Meinung, daß eine derartige Sammlung den Besuchern eine Abwechslung von den üblichen Ahnenbildnissen geboten hätte, verstand aber nicht, wie das Ganze mit dem klapprigen Männchen im Ziergebüsch zusammenhing.
    »Dann verfiel ich auf die brillante Idee, mein Haus in ein Erholungsheim zu verwandeln«, fuhr Sir Lancelot fort.
    »Ein Erholungsheim, Sir?«
    Die Örtlichkeit schien mir so viel Erholung zu bieten wie ein Militärgefängnis.
    »Ja, eine Klinik für überarbeitete Wirtschaftskapitäne. Sie lesen doch die Zeitungen, Grimsdyke? Dann muß Ihnen aufgefallen sein, daß unsere modernen Geschäftsleute sowohl physisch wie steuermäßig kraß überfordert werden. Fortwährend hören sie sich die deprimierendsten Vorträge hervorragender Herzspezialisten an, die ihnen erzählen, daß sie bald tot umfallen werden, und ihnen eine Diät von Sonnenblumenkernen und Joghurt einreden. Einfach widerlich.«
    »Aber das ist doch das große Gesundheitsproblem unseres Zeitalters, Sir?« Ich schwang meinen Koffer vom Rücksitz herunter.
    »Es ist überhaupt kein Problem«, erwiderte Sir Lancelot kurz. »Sie essen und trinken einfach zuviel, rauchen wie ein Einäscherungsofen und machen keine Leibesübungen, außer ihre Wecker aufzuziehen, bevor sie, bis zu den Augen mit Barbituraten vollgestopft, ins Bett fallen. Hier hingegen trachten wir die natürliche Umwelt des Menschengeschöpfs wiederherzustellen. Kommen Sie, sehen Sie sich die Nachmittagsbehandlung an.«
    Sir Lancelot führte mich durch eine Lücke
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