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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug
Autoren: Georg Gracher
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Chrissie über
     das, was da drinnen passiert ist, zu informieren«, sie deutete mit
     dem Daumen hinter sich, »darum beneide ich die Salli wirklich nicht.
     Fredl hat Chrissie immer sehr knapp gehalten. Ihre guten schulischen
     Leistungen waren für ihn immer selbstverständlich, und trotzdem
     liebte sie ihn abgöttisch. Und drittens steht Sallis Verhältnis
     zu Fredls Chef, John Silver, jetzt unter neuen Vorzeichen. Sie ist Mitte
     dreißig und recht sexy, er fünfzig und Witwer.«
    »John Silver?«,
     klinkte sich Kotek wieder ein. »Das ist doch ein Witz. So heißt
     der Filialleiter der Linzer Sparkasse doch nicht wirklich, oder?«
    »Nein, Johnny hat schon
     in der Schulzeit bei einem Unfall ein Auge eingebüßt. Deshalb
     und wegen seiner ziemlich rüden Geschäfts- und Personalpolitik
     hat ihm irgendwer mal diesen Spitznamen verpasst, der dann prompt an ihm hängen
     geblieben ist. Laut Taufschein heißt er aber Jean Pierre, Jean
     Pierre Regenmandl.«
    »Jean Pierre? Das ist
     ja fast noch komischer als sein Spitzname«, warf Feuersang ein.
     »Warum nicht Hans-Peter?«
    »Weiß der Teufel,
     was sich seine Eltern dabei gedacht haben«, sagte Resi Neuhuber
     achselzuckend. »Sein Vater war übrigens Fleischhauer. Ich erwähn
     das nur, weil vorhin von Metzgern die Rede war.«
    »Du hast gesagt, die
     Beziehung von Salli Schleißheimer zu Regenmandl würde nun unter
     neuen Vorzeichen stehen«, knüpfte Feuersang an, ohne auf die
     letzte Anmerkung einzugehen. »Das heißt, zwischen den beiden
     besteht bereits eine Beziehung?«
    »Klar, das weiß
     jeder hier in Gastein. Von Johnny bezieht sie auch regelmäßig
     Prügel wegen ihrer One-Night-Stands mit diversen Beihirschen. Prügel,
     die ihr vom Ehemann übrigens nie gedroht haben. Trotzdem kommt sie
     nicht von Johnny los und er nicht von ihr. Eigentlich überraschend
     bei zwei so kaltschnäuzigen Hyänen. Jedenfalls gewinnt Salli
     nach diesem Vorfall, egal, ob Johnny sie nun heiratet oder nicht.«
     Und mit einem leisen Unterton von Neid fügte sie hinzu: »Sie
     muss es wirklich draufhaben.«
    »Sie meinen also, für
     so einen Zugewinn kann man schon ein paar Watschen wegstecken?«,
     konnte Melanie Kotek sich nicht zurückhalten einzuwerfen.
    Resi Neuhuber drehte beide
     Handflächen nach oben und ließ die Frage unbeantwortet.
    »Regenmandl ist Witwer,
     sagten Sie. Seit wann?«, fragte Kotek.
    »Schon seit ein paar
     Jahren«, gab Resi Neuhuber nun wieder bereitwillig Auskunft. »Er
     und seine Frau Edda haben aber schon lange vor ihrem tödlichen
     Autounfall getrennt gelebt. Sie konnte seine Schläge nicht so gut
     wegstecken wie Salli. Der Scheidungstermin stand bereits fest, doch das
     Schicksal wollte es anders. Mit dem Autounfall hatte Johnny aber nichts zu
     tun«, beeilte sie sich hinzuzufügen. »Tja, so ungerecht
     kann’s manchmal zugehen in der Welt. Johnny hat die Verstorbene dann
     natürlich noch beerbt und sich nicht entblödet, sich in allen
     Salzburger Zeitungen kondolieren zu lassen, als wäre er noch glücklich
     verheiratet gewesen.«
    »Ein wahrer Gemütsmensch«,
     sagte Feuersang, und Resi Neuhuber nickte.
    »Ja, mit dem Gemüt
     eines Metzgerhundes. Aber gerade deshalb glaube ich nicht, dass er etwas
     damit zu tun hat.« Sie deutete wieder mit dem Daumen hinter sich.
     »Johnny hat in Fredl bestimmt kein Hindernis gesehen. Im Gegenteil:
     Es passte ihm ganz gut, dass Salli verheiratet war.«
    »Sie meinen, weil
     Beziehungen zwischen Sexualpartnern ohne festgeschriebene Verpflichtungen
     angeblich weniger konfliktreich sind?«, fragte Kotek.
    »Sexualpartner ohne
     festgeschriebene Verpflichtungen? Hm, ich weiß zwar nicht genau, was
     Sie darunter verstehen, vermute aber, dass Sie recht haben. Es täte
     jeder Beziehung gut, wenn man nicht immer aufeinanderklebt. Aber selbst
     wenn Johnny wirklich etwas mit Fredls Ermordung zu tun hätte: Salli wäre
     sicher nicht der Auslöser gewesen.«
    »Ah, dann machen also
     Sie jetzt unsre Arbeit, Miss Marple?«, fragte Melanie Kotek.
    »Natürlich nicht.«
     Resi Neuhubers hellblaue Augen konnten überraschend eisig blitzen.
     »Ich kann auch gar nichts mehr sagen. Bitte sehr. Wenn ich Ihnen zu
     sehr auf die Nerven gehe …«
    »Meine Kollegin wollte
     doch nur einen Scherz machen.« Feuersang versuchte sie zu besänftigen
     und legte ihr die Hand auf den Unterarm. »Vergiss deinen Grant und
     sag mir jetzt, was du noch sagen wolltest.«
    Augenblicklich beruhigte sich
    
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