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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug
Autoren: Georg Gracher
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Busenfreundin.«
    Resi Neuhuber seufzte.
     »Tja, das ist die Logik eines Mannes. Aber wir Frauen ticken anders,
     mein Lieber.«
    »Jemanden als Mörder
     zu brandmarken, das wäre eine viel süßere Rache, als ihn
     einfach nur zu ermorden«, half Kotek dem Kollegen auf die Sprünge
     und bewies damit, dass sie ihm in puncto Diplomatie durchaus das Wasser
     reichen konnte.
    »Frau Neuhuber
     unterstellt also, die Heinrich könnte den Verdacht zunächst
     bewusst auf sich selbst lenken, um später durch ein allfälliges
     Alibi ihre Unschuld umso eindrucksvoller zu beweisen – was
     allerdings sehr raffiniert wäre, das muss ich schon sagen.«
    Resi Neuhuber strahlte übers
     ganze Gesicht. »Sie denken sehr gut mit.«
    Kotek bedankte sich mit einem
     artigen Lächeln für das Lob, obwohl sie die von ihr skizzierte Möglichkeit
     nicht eine Sekunde lang ernsthaft in Betracht zog. »Tja, das war’s
     dann fürs Erste, wir …«
    »Nein, das war’s
     noch nicht!«, unterbrach Resi Neuhuber die Ermittlerin. »Es
     kommen nämlich durchaus noch weitere Verdächtige in Frage.«
    Kotek zog die Augenbrauen
     hoch. »Noch weitere?«
    »Genau, da gibt es eine
     Gruppe von militanten Tierschützern, die Fredl und seine
     Jagdkameraden schon ein paarmal massiv bedroht haben.«
    »Bedroht? Warum denn
     das?«
    »Nun, einige
     Hofgasteiner Jäger, darunter auch Fredl und seine Frau, schießen
     illegal Krähen ab. Krähen nehmen in diesem Tal wirklich überhand,
     aber die Landesregierung stellt sich taub, was das betrifft. Sie will sich
     nicht mit den Tierschützern anlegen, indem sie eine bestimmte Anzahl
     Krähen zum Abschuss freigibt, aber den Jägern wird auch nicht
     auf die Finger gesehen. Dementsprechend frech gehen sie zu Werke. Meine
     Tochter Gundi hat sie letzten Winter auf freiem Feld dabei beobachtet.«
    »Und Sie vermuten
     jetzt, die Naturschützer könnten das Gesetz in die eigene Hand
     genommen und ein grausiges Exempel statuiert haben?« Kotek achtete
     sorgfältig darauf, ja nicht ironisch zu klingen.
    »Hm.« Die
     kriminalistisch ambitionierte Bäuerin schien den zuletzt geäußerten
     Verdacht nun selbst für ziemlich weit hergeholt zu halten.
    »Okay, Neuhuberin«,
     sagte Feuersang eilig. »Natürlich werden wir auch dieser Spur
     nachgehen, also kannst du jetzt nach Hause fahren. Eine letzte Bitte hab
     ich aber noch: Sei so nett und nimm unsern Kollegen Stubenvoll mit. Wir
     brauchen nämlich deine Fingerabdrücke und die aller Angehörigen,
     die in letzter Zeit in der Hütte waren.« Wieder legte er seine
     behaarte Pranke beruhigend auf ihren Arm. »Keine Angst, weder du
     noch deine Familie werden verdächtigt, schließlich hast du ja
     selbst den Mord gemeldet. Wir brauchen die Prints nur, um etwaige
     unbekannte Abdrücke isolieren zu können.«
    Letzteres entsprach zwar den
     Tatsachen, trotzdem waren die Neuhubers nicht automatisch über jeden
     Verdacht erhaben, wie Feuersang so treuherzig hatte anklingen lassen.
     Gerade er hatte in den zweieinhalb Jahrzehnten beim Referat 112 wiederholt
     erlebt, dass hinter den kunstvoll verzierten Haustüren mancher
     Innergebirgsbauern nicht nur die Milch der frommen Denkart beheimatet war.
    Resi Neuhuber bemühte
     sich nicht, ihre Enttäuschung zu verbergen. »Und du? Fährst
     du nicht mit?«, fragte sie Feuersang.
    Der wechselte einen Blick mit
     Kotek. »Leider nein. Oberleutnant Kotek und ich werden jetzt noch
     Herrn Regenmandl und Frau Schleißheimer aufsuchen.«
    »Wir fahren zunächst
     zu Salma Schleißheimer«, sagte Kotek, die eben mit Salzburg
     telefoniert hatte. »Bis wir unten am Gendarmerieposten sind, hat man
     uns hoffentlich auch die Durchsuchungsanordnung dorthin gefaxt. Gefahr im
     Verzug. Werner fährt mit uns, und Oliver, du lässt dich von den
     Gasteiner Kollegen zu den Schleißheimers bringen, wenn du auf dem
     Neuhuber-Hof fertig bist. Und fahren Sie bitte langsam, Frau Neuhuber!
     Unserm Kollegen scheint die Sauerei da drinnen etwas auf den Magen
     geschlagen zu sein.«
    Stubenvoll war tatsächlich
     noch immer käsig im Gesicht, widersprach aber sofort: »So ein
     Blödsinn. Ja, mir ist nicht gut, aber doch nicht wegen der Leiche.
     Ich schleppe schon seit gestern irgendeinen Dusel mit mir rum.«
    »Dann melde dich halt
     krank und kurier dich aus.«
    »Und was ist mit mir?«,
     fragte Dr. Pernauer vorwurfsvoll.
    »Warum? Bist du auch
     krank?«
    Pernauer verdrehte seine
     Basedow-Augäpfel. »Nein, aber ich will auch
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