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Diplomat Im Abseits

Titel: Diplomat Im Abseits
Autoren: Georg R. Kristan
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laufend registrierte, war die Solltiefe der Fahrrinne von zwei Meter zehn erheblich unterschritten. Trotz aller Hinweise und Warnungen hatte ein Erztransporter zu tief geladen und sich mit Wucht in die Sand-Kiesschicht der Beueler Platte gebohrt und dabei Wälle von Geröll vor sich hergeschoben.
    Das Schiff wurde von der Strömung in die Querlage gedrückt. Damit war die infolge des Niedrigwassers ohnehin schon von einhundertfünfzig Meter auf fünfzig Meter eingeengte Fahrrinne vollends gesperrt. Im Fluß wurden Kiesaufschüttungen von einem Meter über der Solltiefe gemessen.
    Etwas weiter nördlich hatte sich ein Tanker mit hochexplosivem Superbenzin ebenfalls festgefahren – und das alles in weniger als einer halben Stunde.
    In der Dienststelle der Wasserschutzpolizei Bonn, auf der »Schäl Sick« in Beuel, wenige hundert Meter vom Ort des Geschehens entfernt, herrschte Hochbetrieb. Telefone schrillten, Fernschreiber tickerten, und über den Rheinfunk gingen auf dem Zehn-Meter-Band dringende Warnungen an alle Schiffe hinaus, die auf dieser Weltwasserstraße unterwegs waren.
    Bei solch einer Lage bestand immer die Gefahr, daß ein Schiff nicht rechtzeitig Anker werfen konnte und in den Stau hineinfuhr. Die ungeheure Schubkraft der Masse eines Tankers oder Erzfrachters, die sich mit der eines Güterzugs vergleichen ließ, mußte rechtzeitig gebändigt werden. Schon der Riß einer Ankerkette hätte zur Katastrophe führen können.
    Die Warnungen der Wasserschutzpolizei waren rechtzeitig herausgegangen. Umgehend kamen die Rückrufe zahlreicher Reeder und Partikuliere, die wissen wollten, wann die Hindernisse beseitigt und die Fahrrinne passierbar gemacht werde. Schließlich ging es bei allen Transportaufträgen um Schnelligkeit und viel Geld.
    »Haltet mir jetzt die Kapitalisten vom Hals«, raunzte der Dienststellenleiter Hauptkommissar Wernicke durchs Telefon. »Keinen mehr durchstellen. Sag denen, daß wir alles in unserer Macht Stehende tun. – Aber wie es auf dem Grund des Flußbettes aussieht, muß erst einmal das Wasser- und Schiffahrtsamt klären.«
    »Und die Presseleute?« kam die Rückfrage.
    »Abwimmeln, so gut es geht; nur den Mauser kannst du mir weiterreichen. – Gib mir jetzt noch eben eine Leitung zum WSA.«
    Hauptkommissar der Wasserschutzpolizei Wernicke wirkte durchtrainiert und straff. Seine Uniformjacke hing auf einem Bügel an der Tür, und er saß wie immer mit schneeweißem Hemd an seinem Schreibtisch. Hektik und Aufregung glitten an ihm ab. Er traf schnelle und vor allem richtige Entscheidungen.
    Die Klingel des Telefons schlug mit einer Lautstärke an, die Tote zum Leben erwecken konnte.
    »Hallo, Beckmann, gut, daß du selbst an der Strippe bist. Wann könnt ihr dieses Kuddelmuddel auf dem Rhein direkt vor meiner Nase auseinanderziehen?«
    Die Stimme des Kollegen vom Wasser- und Schiffahrtsamt klang besorgt. »Das Problem ist der Tanker. Die Zellen haben zwar dicht gehalten; aber wir müssen leichtern, wenn der mit seiner Schnauze wieder aus dem Dreck herauskommen soll. Unser Tankboot ist schon unterwegs. Gnade uns und deinem heißgeliebten Bonn, wenn der Kahn in die Luft fliegen sollte. Das würde nicht nur in der Beethovenhalle einen schönen Bums geben.«
    Hauptkommissar Wernicke zog die Stirn kraus. »Du hast eine ungemein erfrischende Art, deine Mitmenschen zu beruhigen. – Und wie sieht es mit dem Monster aus?«
    »Der Eimerbagger liegt zum Glück noch in Mondorf. Ich habe Auslauforder erteilt. Sobald der Tanker wieder flott ist, wird die Fahrrinne ausgeputzt.«
    »Tausend Dank!« sagte Wernicke erleichtert. »So einen Trouble wie in diesem Jahr haben wir lange nicht gehabt. Zwei Schiffe fest – das reicht. Mir wäre wohler, wenn dieses Nadelöhr zwischen Basel und Rotterdam nicht gerade bei uns vor der Tür läge. Also schaff mir die Explosionsgefahr vom Hals und laß die Eimer kreisen.«
    »Verlaß dich auf unser Monster. In ein paar Stunden sieht alles schon besser aus«, kam die Bestätigung.
    Wernicke lehnte sich zurück. Nach wenigen Minuten kam sein erster Bootsführer Oberkommissar Köhler herein. Er hatte Wiking 5, das 620 PS starke Boot der Wasserschutzpolizeistation Bonn, »am Eingang« festgemacht, um Meldung zu erstatten. »Ein phantastisches Bild auf dem Rhein – eine richtige Staujammerparade.«
    »Hat es Unfälle gegeben?« fragte Wernicke.
    »Nur die auf der Platte, sonst keine.«
    Wernicke sah erleichtert auf. »Gott sei Dank. Bei zweihundert Notankerungen
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