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Diplomat Im Abseits

Titel: Diplomat Im Abseits
Autoren: Georg R. Kristan
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waren uns doch darüber einig, daß ich meinen Job als Purserette bei der Swirna-Airlines weiterhin ausüben kann. Schließlich habe ich darin ein kleines Vermögen investiert. Man muß bei uns schon sehr gute Beziehungen und viel Geld haben, um sich in solche Stellen einzukaufen, und mein Deutschunterricht hat ein Vermögen gekostet.«
    »Nur keine Angst, my honey girl. Auch in Südostasien gibt es interessante Aufgaben für mich. Ich muß ja nicht gleich Botschafter werden.«
    »Excellency und Ambassador würde aber sehr gut zu dir passen.«
    Botho lächelte. »Alles zu seiner Zeit. – Im Augenblick paßt du gut zu mir.«
     
     
    Das gleichmäßige Summen der vier Triebwerke wirkte beruhigend und erregend zugleich. Hier oben in zehntausend Meter Höhe gab es keine Turbulenzen. Die Steuerung war auf Automatik geschaltet, so daß Pilot und Copilot die Hände frei hatten für zwei Stewardessen, die Kaffee, ein SAL-Menü und Champagner in das Cockpit brachten. Die Tür zur Kabine blieb lange Zeit geschlossen.
    »Die Mädchen lernen fliegen«, erklärte Amara mit einer Kopfbewegung, die Kennerschaft verriet.
    Die Lampen waren heruntergeschaltet, so daß sich Botho von Campen und Amara beim Gespräch sehr nahe sein konnten. Die Frischluftdüsen zischten leise.
    »Wenn wir doch nur schon in Swirnabad im Hotel wären«, seufzte Botho. »Ich habe Zeit bis übermorgen, bevor ich meinen Dienst antrete.« Er zog Amara näher zu sich heran. Für mehr war hier nicht der richtige Ort, denn vorbeihuschende Kolleginnen schauten immer wieder neugierig herüber und versuchten abzuschätzen, welchen Goldfisch Amara sich geangelt hatte.
    »Wir müssen aber bald einen Termin…«
    »… für die Hochzeit vereinbaren«, vollendete Botho den angefangenen Satz. »Das ist wirklich kein Problem. Aber willst du nicht doch lieber deinen Job aufgeben, um ständig an meiner Seite zu sein? Du weißt, es gibt allerhand Repräsentationsaufgaben, und dafür bist du genau der richtige Typ. Ich würde dann auch sehr viel schneller mein Tagalog vervollständigen; so ganz einfach ist eure Landessprache ja nicht.«
    »Ich glaube kaum, daß deine Kollegen aus der Botschaft es gern sehen, wenn ich Deutschland vertrete; und was dein Tagalog angeht – mit mir kannst du Deutsch und Englisch sprechen.«
    »So einer schönen Frau, wie du es bist, würden die meisten schnell zu Füßen liegen. Für die Mitarbeit der Ehefrauen in den Botschaften gibt es neuerdings vom Auswärtigen Amt sogar eine Entschädigung – fünf Prozent mehr Gehalt.«
    Amara lachte. »Almosen, mehr ist das doch nicht. Den reichen Deutschen fällt es schwer, Geld auszugeben; die reden nur vom Sparen. Ich verdiene in der Airline wohl mehr als du. Aber das sollte uns nicht hindern, glücklich zu werden. – Also wann…?«
    »Richte dich auf den Oktober ein, dann ist die Scheidung bestimmt durch.«
    »Reichlich spät, aber immer noch besser als im nächsten Jahr.« Amara schob sich auf ihrem Sitz so zurecht, daß Botho keine Schwierigkeiten hatte, einen Vorgeschmack kommenden Glücks zu kosten.
    Er war von dieser Frau nicht nur fasziniert; er war gebannt – des Menschen Hörigkeit. In Amaras Armen würde er in Swirnabad kaum Gelegenheit haben, anthropologische Überlegungen anzustellen; und doch würde er im Sinne seiner Wissenschaft einiges über die biologischen Ursachen der stammesgeschichtlichen Entwicklungen der Tagalen dazulernen. Nicht ohne Grund hatte der große Lehrmeister Carl von Linne den Menschen als Homo sapiens in das Tierreich eingegliedert.
    Amara löste sich langsam von Botho. Ihre angedeuteten Gesten waren mehr Verheißung als Verweigerung. »Verzeih, ich muß mich um meine Kabinen-Crew kümmern. Du verstehst, ich möchte kein schlechtes Beispiel geben. Die Stewardessen sind ein hellwaches Völkchen, und wir haben ihnen ohnehin schon genügend Gesprächsstoff geliefert.« Sie stand auf und justierte die Leselampe.

 
    4
     
     
     
    »In Hamburg sind die Nächte lang«, grölte es immer wieder irgendwo auf der Straße und in den Kneipen. Diese Nächte waren nicht nur lang; sie waren für Subin Tairong die Hölle. Sie mußte zwar nicht unter der Brutalität besoffener Seeleute aus aller Welt leiden, die auf der Reeperbahn nach dem derben Vergnügen suchten, doch die durch St. Georg streunenden Männer aller Farben und Rassen wollten für ihr reichlich vorhandenes Geld auch mehr erleben als ein schnell gewechseltes Handtuch. Auf dem St. Pauli-Kiez sorgten immerhin
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