Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Diebin der Zeit

Diebin der Zeit

Titel: Diebin der Zeit
Autoren: Vampira VA
Vom Netzwerk:
lenkte.
    Einem jeden stellten sich die Haare auf.
    »Was -?« Ruenne wirbelte herum.
    Zwischen dem bäuerlichen Wohngebäude und dem Schober, aus dem Racoon hierher geschleift worden war, konnte man zu der aus allen Nähten platzenden Stadt hinübersehen, in der sie so lange wie die Maden im Speck gelebt hatten.
    Viel näher aber, zwischen den sich wiegenden Gräsern, bewegte sich .
    »Ravaillac!« Ruenne stöhnte. »Es ist unser Vater!«
    Racoon und sein beängstigendes Benehmen rückten vorübergehend in den Hintergrund. Wie eine Person setzten sich die Vampire in Bewegung. Ihr Troß glitt, einem kleinen Heerwurm gleich, auf das Oberhaupt zu.
    Und erst als sie Ravaillac fast erreicht hatten, sahen sie, daß er nicht allein zu ihnen zurückgefunden hatte .
    Alle reden aufgebracht durcheinander, ehe sie sich von mir abwenden, um in ein und dieselbe Richtung davonzueilen. Zuvor rief jene Vampirin, die ich kurz gepackt, dann aber wieder freigegeben hatte: »Ravaillac! Es ist unser Vater!«
    Ist dies ein Traum, so falsch wie das, was mich schon jenseits des Tores
    erwartete?
    Werde ich erneut betrogen?
    Meine Umgebung kommt mir vor, als hätte ich sie schon einmal gesehen, und wenn ich den Blick dorthin richte, wohin die Meute rennt, springt mich die Silhouette einer Stadt an - einer altertümlichen Stadt -, die mir schier den Verstand raubt .!
    Paris!?
    Sofort ist das ungute Gefühl wieder gegenwärtig.
    Dieses Paris legte ich einst Ravaillac zu Füßen . ..
    Der Name durchfährt mich wie ein Dolch.
    Ravaillac.
    Ich erinnere mich seiner allzu klar, und der Grund dafür ist fürchterlich
    * Von weitem hatte es zunächst den Anschein gehabt, als wäre das Oberhaupt der Sippe mit Dreck beworfen worden. Dreck, der sich in regelrechten Batzen an seine nackte Haut geklebt hatte. Doch die Wahrheit war: Der Körper des edlen Ravaillac war übersät mit Dutzenden faustgroßen, schwärenden Beulen!
    Beulen?
    Trotz des Schocks fand Ruenne Zeit, sich zu fragen, wie es angehen konnte, daß ein Vampir anfällig wurde für die Krankheiten der Menschen. Anfällig für die schlimmste ihrer Seuchen, die schon so viele in Stadt und Land dahingerafft hatte .
    Nur gespenstisches, vergilbtes Weiß glomm ihnen aus Ravaillacs Augen entgegen. Was war ihm in der Stadt widerfahren? Hatte er sie überhaupt betreten - oder wo sonst war er mit Blindheit und . Pest geschlagen worden?
    Wir hätten ihn nicht allein dorthin gehen lassen dürfen , dachte Ruenne dumpf. Wir hätten ihn überhaupt nicht gehen lassen dürfen!
    »Vater ...!«
    Ihre rauhe Kehle trug den Ruf zu dem Sterbenden. Um Ruennes Brust zog sich ein imaginärer eiserner Ring zusammen. Sie war ein wenig zurückgefallen und überließ es ihren Geschwistern, sich um das schrecklich verunstaltete Oberhaupt zu scharen.
    Sie hielten respektvollen Abstand - aber auch das half ihnen nicht, als die Pestbeulen unvermittelt aufbrachen.
    Eine zähe Masse platzte aus Ravaillacs Geschwüren, landete quecksilbrig im Gras .
    . und zog sich dann unvermittelt zu einem grauenerregenden Ganzen zusammen, das in diesen ersten Augenblicken noch um seine endgültige Form und Gestalt rang, aber bald schon .
    Ruenne griff sich an die Kehle.
    Auch ihre näherstehenden Geschwister erkannten, wovon Ravail-lac wirklich befallen gewesen war, aber es war längst zu spät, etwas dagegen zu unternehmen - und sei es auch nur gewesen, das Heil in abermaliger sofortiger Flucht zu suchen.
    In unmittelbarer Nähe der Sippe bekam jene Kraft ein Gesicht, die Paris, vom dortigen Pöbel unbemerkt, im Sturm erobert hatte. Offenbar hatte sie Ravaillac als Vehikel benutzt, um zu dessen Kindern zu gelangen. Zu jenen, die sich zunächst hatten in Sicherheit bringen können .
    Ruenne spürte die Absolutheit dieser Kraft, die jeden Vampir an Bosheit und Stärke übertraf. Noch einmal heftete sie ihren Blick auf Ravaillac, dessen Mund weit aufgesperrt war, die Zunge darin nur noch ein abgenagter Stumpf.
    Als hätte es dieses letzten Beweises für die Dämonie der Geschehnisse noch bedurft, wandte sich Ruenne endlich ab, begleitet vom qualvollen Hilfeschrei eines Bruders, den niemand mehr erhörte.
    Rabelais war dem, was sich aus den vermeintlichen Pestbeulen erhoben und gefügt hatte, am nächsten gewesen - und so wurde er, nach dem Führer ihrer Sippe, nun das nächste Opfer des Abscheuli-chen!
    Benommen stolperte Ruenne dorthin, wo sie Racoon zurückgelassen hatten. Sie wagte nicht noch einmal, sich umzublicken. Alle Versuche, ihre
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher