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Diebin der Zeit

Diebin der Zeit

Titel: Diebin der Zeit
Autoren: Vampira VA
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ihm.
    »Einer fehlt«, wisperte sie in seinem Schädel. »Wer?«
    Ravaillac haßte sich dafür, daß er Antwort gab, aber ihm blieb gar keine Wahl.
    »Racoon.«
    »Ich werde ihn finden und auch ihm meine Gunst erweisen ...«
    Nein! dachte Ravaillac. O neeeiiinn!
    Erst im letzten Moment seiner physischen Existenz durfte er das Gesicht der Ewigen Dirne schauen, und das Grauen, das ihn aus deren Antlitz angrinste, überdauerte auch den letzten Schlag seines untoten Herzens um eine nie mehr enden wollende Spanne .
    *
    Der aus einem Tier Geborene verließ den Ort, an dem die Vampire gehaust hatten, erst nachdem er ihr Schlachtfeld in seines verwandelt hatte.
    Mühelos nahm er die Witterung des Geflohenen auf.
    Racoon .
    Namen bedeuteten ihm nichts. So wenig wie die Masken, derer er sich bediente. Heute Dirne, morgen Königin . Es machte keinen Unterschied. Das, was unter der Maske steckte, war immer gleich.
    Ohne Hast und dennoch schnell folgte er der Fährte, die von ledri-gen Schwingen in die Luft gepflügt worden war: Racoon. Auch dem letzten der Vertriebenen wollte er offenbaren, mit welchem Wesen sie sich angelegt hatten.
    Daß er sie nicht schonte, sondern die Konfrontation mit ihnen suchte, geschah aus einer Laune heraus. Mehr nicht. Auch ihr Weiterleben hätte an dem, was in Gang gesetzt worden war, nichts mehr zu ändern vermocht. Die Stadt, in der über die Geschicke nicht nur dieses Landes entschieden wurde, blieb auf Dauer versiegelt - kein Vampir würde sie in nächster Zukunft betreten können. Die Grenzen waren weit über den Aufenthalt des Tiergeborenen hinaus gezogen.
    Die Menschen würden davon wenig merken.
    Das einzige, was sich für sie änderte, war, daß viele von ihnen als Soldaten in einen Krieg ziehen durften, den es ohne den Tiergeborenen nie gegeben hätte. Chaos war sein Brevier. Not und Tod .
    Vor ihm tauchte die Zuflucht Racoons auf. Ein Troß von Wagen, der in plärrenden Schriften Sensationen für Unwissende verhieß .
    Er/Es stob darauf zu, begleitet von einem jenseitigen Wind, der die Karren zum Wanken brachte.
    Verängstigte Gesichter starrten in die Richtung, aus der das Verhängnis kam. Sehen konnten sie es nicht, denn seine Maske glitt dicht über den Halmen der Gräser dahin. Schattenhaft. Unwiderstehlich. Der Duft des Flüchtlings leitete ihn, und so wurde Er/Es Zeuge einer Anmaßung, die typisch war für die bluttrinkende Rasse, welche sich alleinherrschend über die Schwachen wähnte.
    Launisch, wie es seine Art war, änderte der Verfolger jedoch sprunghaft - und noch ehe er den Flüchtling ganz erreichte - seine Absicht.
    Der Grund war ihre Nähe.
    Er/Es hätte sie überall erkannt, in jedem Versteck, hinter jeder Schminke, denn sie trug seinen Stempel, und deshalb würde sie sich dem Entflohenen angemessen widmen, kein Zweifel .
    Zufrieden glitt der Tiergeborene dorthin zurück, von wo er gekommen war.
    *
    Hermes veranlaßte den gemeinsamen Körper, wie angewurzelt stehenzubleiben, nachdem er mit seinem Zwilling jene Stelle erreicht hatte, an der die Fledermaus ins Gras gestürzt war.
    Aber da lag keine Fledermaus mehr. Was da lag, war ein . Mensch!
    Eucharius spürte, wie das Blut aus seinem Kopf wich. Aus weit aufgerissenen Augen, kreidebleich, starrte er zu dem schlanken, gutgekleideten Mann, der rücklings auf dem Boden liegend zum wolkenverhangenen Himmel hinaufstarrte.
    Von dem Ankömmling mit den zwei Köpfen schien er keine Notiz zu nehmen, aber Eucharius wußte sofort, daß diesen Fremden ein schreckliches Geheimnis umgab. Und selbst der sonst so unerschrockene Hermes gab sich beeindruckt von dem, was er sah.
    Eine ganze Weile war er sprachlos.
    Hinter ihnen näherten sich Schritte, und die Stimme, die den Zwilling erreichte, war unschwer als die von Rößlin zu erkennen: »Was ist? Was habt ihr gefunden?«
    Hermes streckte den Arm aus.
    Rößlin, der die Fledermaus vorhin allem Anschein nach nicht bemerkt hatte, trat neben seine Attraktion. Er war ein kleiner Mann von untersetzter Statur. Sein Leibrock spannte überall, als wollte er aus den Nähten gehen. Das weißgelockte, schulterlange Haar war echt, keine Perücke. Er war weder schön noch häßlich, und die einzige Waffe, die er trug, war ein seitlich an seinem Gürtel befestigter Dolch. Anderes Blut als das von Hühnern, Hasen und ähnlichem Kleinvieh hatte diese Klinge aber noch nicht berührt .
    Rößlin blickte abwägend auf den Fremden, dessen Pupillen sich in diesem Moment vom Himmel trennten und auf den
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