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Diebin der Zeit

Diebin der Zeit

Titel: Diebin der Zeit
Autoren: Vampira VA
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ausfuhren sollte. Doch für eine Umkehr war es längst zu spät. Leise Schritte ließen die Stille der Grabkammer erzittern.
    Er kam!
    Langsam. Kraftvoll. Gefährlich.
    Dieses Wesen, diese Kreatur, welches ich so herbeigesehnt hatte und vor dem ich mich so unendlich fürchtete.
    Ich wich langsam zurück, stolperte blindlings nach hinten, bahnte mir wieder meinen Weg durch die Überbleibsel der hier Bestatteten.
    Angstvoll kauerte ich mich in den hintersten Winkel der Gruft. Verkroch mich hinter dem Schatten eines Kruzifixes, welches meine zitternde Hand kaum zu halten vermochte.
    Die Kreatur war vor mir. Ich konnte sie nicht sehen, denn sie verschmolz mit der Dunkelheit. Sie war die Dunkelheit; jene Dunkelheit, die dunkler war als die Schatten der Schatten. Jene Dunkelheit, welche die Seele erzittern läßt.
    Aber ich spürte sie. Da war ein Hauch von Moder, noch kräftiger, noch existentieller als der Duft der Toten, die mich umgaben. Da war ein Hauch von Grausamkeit und Mordgier, der meine Brust umklammerte und mein Herz am Schlagen hinderte.
    Und da waren Augen, so böse und gemein, daß ich ihren Blick nicht zu ertragen vermochte.
    »Jetzt habe ich dich da, wo ich dich haben wollte!« Meine Stimme klang ganz und gar nicht so fest und bestimmend, wie ich es mir gewünscht hätte. Aber ich war auch noch nie mit einem wie ihm konfrontiert worden. Keine der uralten Legenden konnte seiner gerecht werden. Und wenn man ihn noch so blutig beschrieben hatte, seine wahrhaftige Erscheinung konnte man einfach nicht in Worte fassen.
    Doch so, wie ich den bösartigen Geifer seines Hasses spüren konnte, so bemerkte ich auch sein Zögern. Er hätte mich wahrhaftig in Stücke gerissen, hätte mich zerfetzt - aber er konnte es nicht. Zwischen uns stand die geballte Macht Gottes, und war mein Kruzifix auch noch so armselig, so trug es doch die gesamte Liebe Jesu in sich.
    Das gab mir Mut. Meine nächsten Worte klangen nicht mehr ganz so weinerlich. »Du wirst jetzt alles tun, was ich von dir verlange!«
    Wie rotglühende Kohlen loderten seine Augen auf meiner Seele. Sein Haß schien sich noch zu verstärken, wollte mich zu Staub verbrennen. Doch gegen das Kreuz kam er nicht an. Sein bleiches, totes Fleisch nickte. Ein Nicken, das mich zu zerschmettern drohte.
    Und das mich ermutigte, meinen Entschluß in die Tat umzusetzen.
    Wie in selbstmörderischer Absicht ließ ich das geweihte Kleinod fallen. Ein Lächeln stahl sich auf meine bibbernden Lippen: »Mache mich zu einem Vampir!«
    Die Kreatur der Nacht sah mich durchdringend an. Für einen Augenblick schien die ganze Aura des Schreckens in sich zusammenzufallen.
    Der Nosferatu war überrascht. Er, der die Jahrhunderte, die Jahrtausende überdauert hatte, war für einen winzigen Augenblick aus dem Konzept gebracht.
    Doch die Macht der Hölle legte sich sofort wieder über ihren Fürsten, kleidete ihn erneut in den purpurnen Mantel des Bösen. Sein Blick brannte wieder auf meiner Seele, die ich ihm soeben auf einem silbernen Tablett serviert hatte.
    Ja, ich wollte ein Vampir sein.
    Schon immer hatten mich diese Geschöpfe fasziniert. Und das schon zu Zeiten, in denen ich noch nicht einmal einen Schatten ihrer selbst geschaut hatte. Ich hatte jeden Film und jedes Buch über sie verschlungen. Sie waren die wahren Fürsten der Dunkelheit; ihre Fähigkeiten grenzten an Allmacht. Sie konnten sich in Fledermäuse und Wölfe verwandeln, auf Mondstrahlen reiten, und sie konnten uneingeschränkte Macht über die Menschen ausüben. Was machte es da schon, daß sie Knoblauch, Kreuze und Eichenpfähle meiden mußten? Es gab genug Orte auf dieser Erde, wo diese unheilvollen Gegenstände nicht vorhanden waren.
    Und hatte der Blutkuß nicht etwas ungemein Erotisches an sich? Mich hatte es immer gereizt, beim Liebesspiel meine Partnerin neckisch in den Hals zu beißen. Kaum zu vergleichen mit der banalen Nahrungsaufnahme der Menschen.
    Und nun hatte ich die Gelegenheit, selbst zu einem der dunklen Fürsten zu werden, unendliche Macht und unbeschreibliche Freuden zu genießen! Sofern mich dieses Wesen bar meines Schutzes nicht einfach in Stücke riß .
    Ein Lachen, von einer Bösartigkeit durchdrungen, die ich nie für möglich gehalten hatte, hallte von den Wänden der Leichenkammer wider. Dann paarte sich der Haß in seinen Augen mit einer grauenvollen, unbeschreibbaren Gier, und der Dämon stürzte sich mit gebleckten Fängen auf meine bleiche Kehle.
    Wie kalter Marmor fetzten seine Hauer in
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