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Diebin der Zeit

Diebin der Zeit

Titel: Diebin der Zeit
Autoren: Vampira VA
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auf ihn ausübt. Zum »Dank« saugt sie auch ihm und dem Mädchen das Leben aus ... Jenseits des Tores im Monte Cargano erwarten Lilith und Landru ihre ganz persönlichen Alpträume; eine Welt, in der ihre schlimmsten Ängste Gestalt annehmen. Trotzdem gibt es eine Gemeinsamkeit: eine »Oase« der Normalität, in der eine riesige Lilie den Übergang in die Vergangenheit der Erde ermöglicht - nicht körperlich, nur geistig!
    Lilith folgt Landru durch diesen Schlund der Zeiten - und wird im Körper der jungen Zigeunerin Kathalena wiedergeboren, deren Sippschaft gerade dem Feuer überantwortet wird. Dank ihrer vampirischen Fähigkeiten kann sie vom Scheiterhaufen fliehen. Ein Vampir, der dem Treiben zusah, nimmt sich ihrer an.
    Doch was ist mit Landru geschehen? Befindet er sich in derselben Zeit und am selben Ort: im Bayreuther Fürstentum des Jahres 1635?

Mein Atem flieht. Ich schulde ihnen nichts. Das Mädchen lügt. Befreit hat mich ein anderer. Aber selbst wenn es wahr wäre, was bilden sie sich ein? Empfindet man Dankbarkeit für den Schlüssel, der sich nach grausamster Folter endlich im Schloß der Kerkertüre dreht?
    Mir ist elend kalt. Sie könnten mich wärmen mit ihrer Lebenskraft. Worauf warte ich noch? Seit ich zu mir gekommen bin, werde ich verfolgt. Niemand hat Mitleid mit mir. Warum sollte ich also andere schonen?
    Es ist heller Tag. Ich trage Lumpen und blicke dorthin zurück, wohin man mich verschleppte und mir unvergeßliche Torturen bereitete.
    Dort oben im Burgverlies sah ich den Knaben und das Mädchen zum ersten Mal. Aber als sie die Tür zu meinem Gefängnis öffneten, ging es ihnen nicht um mein, sondern um das eigene Leben.
    Sie waren auf der Flucht und hofften, den, der ihnen auf den Fersen war, durch mich abzulenken, vielleicht eine Zeitlang aufhalten zu können. Und tatsächlich, er kam zu mir und löste meine Ketten. Er nahm mein Gesicht in seine unerhörte Hand, und noch jetzt stockt mir der Atem, wenn ich seiner gedenke.
    Mein Blick findet zu denen zurück, deren Spur ich durch die geheimen Gänge folgte. Gänge, die nicht nur innerhalb der Festung verlaufen, sondern auch aus ihr herausführen.
    Und hier, zwischen dornigem Gestrüpp im Schatten mächtiger Mauern, habe ich die Flüchtenden eingeholt.
    Schon unten im Kerker riefen sie einander bei ihren Namen. Der Junge heißt Justus, das Mädchen Anna. Ich möchte sie gernhaben, möchte ihnen verzeihen, aber das kann ich nicht. In mir gibt etwas anderes den Ton an. Etwas, das stärker ist als vordergründiges Wollen.
    »Wie gefallen sie dir?« fragt die Stimme in meinem Kopf, die nie ein lautes Wort verliert.
    »Sie sind wunderbar«, gebe ich auf gleiche Weise zurück.
    »Dann zögere nicht länger. Nimm sie dir!«
    Und das tue ich.
    Diese dummen Kinder.
    Danach fühle ich mich gestärkt und voller Tatendrang.
    In Prag will ich nicht bleiben.
    Warum auch, denn die ganze Welt steht mir offen. Wer weiß, vielleicht erinnere ich mich eines Tages sogar wieder, wer ich bin.
    Und wie es zugeht, daß alle Menschen, die mir nahe kommen, wenn ich hungrig bin, als Greise sterben ...
    *
    17 Jahre später
    Paris, 28. September 1635
    Wann immer Ravaillac von seinem Beobachtungsposten südöstlich der Seine zur nächtlichen Silhouette der verkommenen Kloake namens Paris hinüberspähte, überkam ihn ein Grausen, ebenso mächtig wie unerklärlich.
    Es war zehn Tage her, daß das Unbeschreibliche über das ansässige Vampirgeschlecht gekommen und es binnen einer einzigen Stunde in alle Winde versprengt hatte!
    Fluchtartig hatten die Sippenmitglieder die Stadt verlassen - jeder, ohne Ausnahme. Auch Ravaillac selbst, das gestrenge Oberhaupt, war gewichen. Vor einem unsichtbaren, nichtsdestotrotz aber fühlbaren Feind, der wie ein jenseitiger Wind in die Straßen und Gassen der überbevölkerten Stadt eingefallen war .
    »Wird er je wieder aufhören?«
    Ravaillac zog den Blick aus der Ferne ab und wandte sich dem Fragesteller zu.
    Racoon, ein Kelchkind wie er, aber um viele Jahre jünger, weil lange nach ihm gezeugt, stand gegen einen großrädrigen Holzkarren gelehnt und betrachtete angelegentlich seine Fingernägel. Die dunklen Schatten darunter rührten von Verletzungen und getrocknetem Blut her - aber gewiß nicht seinem eigenen.
    »Aufhören?« echote Ravaillac. »Was meinst du?« Sein Blick streifte den Halbtoten, der zu Racoons Füßen lag. Manchmal zuckte er etwas heftiger, und das Wimmern aus seinem Munde schwoll an. Zum richtigen Schreien jedoch
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