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Diebin der Zeit

Diebin der Zeit

Titel: Diebin der Zeit
Autoren: Vampira VA
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sonst so verläßliche und starke Magie einzusetzen, scheiterten.
    Dann brausten ihr neue Böen entgegen und ließen sie wie ein welkes Blatt über den Hof trudeln. Saugende Geräusche drangen von allen Seiten, aus allen Richtungen auf sie ein. Seltsamerweise wurde aber nicht ein einziges Körnchen des umliegenden Sandes aufgewirbelt. Der widernatürliche Wind trieb nur mit ihr und den anderen Vampiren sein Unwesen ...
    Die Stelle, an der Racoon gelegen hatte, war verlassen.
    Es überraschte Ruenne selbst, wie gerade diese Entdeckung ihre letzte Zuversicht dahinschmelzen ließ - so als hätte sie insgeheim gehofft, Racoon könnte ihr gegen das, was nacheinander die Stimmen und die Gegenwehr der anderen Sippenangehörigen ersterben ließ, beistehen .
    Direkt hinter ihr erklang anhaltendes, kaltes Lachen. Es wurde nicht leiser, egal, wie schnell Ruenne rannte, und irgendwann konnte sie nicht mehr widerstehen. Ohne anzuhalten, wandte sie den Kopf.
    Das, was sie verfolgte, schien nur auf dieser Moment gewartet zu haben.
    Es vollendete die Drehung.
    *
    UNMÖGLICH! ICH MUSS MICH IRREN ...
    Es ist ein Traum, es kann nur einer sein! Was sollte mich in diese Vergangenheit verschlagen haben?
    Mein Blick folgt den Vampiren. Selbst wenn es wirklich diejenigen sind, die ich getauft habe, werden sie mich nicht wiedererkennen, denn als Kelch-hüter war ich stets mit einer Maske unterwegs.
    Der Gedanke, es mit Ravaillacs Sippe zu tun zu haben, legt sich wie ein bleiernes Gewicht auf meine Schultern. Mir graut, und um vollkommene Gewißheit zu erlangen, versuche ich das Oberhaupt selbst ausfindig zu machen.
    Wohin bin ich geraten? Wohin genau? Wieso hause ich in diesem und nicht mehr in meinem Körper?
    Ich muß es schnell herausfinden! Vielleicht zählt jede Sekunde .
    Ich bewege mich wie von Sinnen. Die Meute entrückt meiner Wahrnehmung. Ich schleppe mich zu dem Haus, über dem die Stille des Todes liegt. Als ich über die Schwelle trete, stehe ich aufrecht. Seltsam leicht gewinne ich mehr und mehr die Herrschaft über diesen mir so fremden Körper.
    Dann stehe ich vor einem Toten, an Holzbohlen genagelt. Eine Frau kniet am Boden und betet für seine arme Seele.
    Ich gebe ihr einen Tritt, daß sie hinfällt. Sie schreit kurz auf, dann blickt sie stumm zu mir empor, als erwarte sie, nun das Schicksal des Leichnams zu teilen. Ich beuge mich zu ihr hinab, packe sie an ihrem ärmlichen Kleid und ziehe sie nah an meine Lippen. Meine Worte kriechen wie kleine, furchtbare Insekten in ihr Gehör: »Welches Datum schreiben wir? Nenn mir Tag, Monat und Jahr - sofort!«
    Sie antwortet in stockendem Ton, aber bereitwillig. Und während ich erfahre, wann ich hier bin, dringen von draußen bereits die Schreie der Brut herein, die ich vor langer Zeit mit Kelchblut speiste. Ich höre ihr hochnotpeinliches Gebrüll und weiß nun sicher, daß mein Gedächtnis und auch meine Ahnungen mich nicht getrogen haben.
    Der heutige Tag wird in die Annalen der Vampire eingehen - als eines der dunkelsten Kapitel überhaupt.
    Denn heute, so steht es in meiner Erinnerung zu lesen, werden die Vampire von Paris - und also auch ich? - mit Stumpf und Stil ausgerottet werden .!
    *
    Zur gleichen Zeit
    Der Wagen rumpelte über die Wiese, und durch die Löcher in der Plane, die sich über den Dachholm spannte, malte die aufgehende Sonne Licht- und Schattenspiele auf die mißgeborenen Körper, die beieinander kauerten.
    Lydia, die Frau ohne Haut, unterhielt das siamesische Bruderpaar mit Geschichten aus den Ländern, in denen sie schon herumgereist war - bevor sie sich der Wanderschau angeschlossen hatte.
    Eucharius wollte sich einen Apfel aus dem zwischen seinen Beinen ruhenden offenen Faß fischen. Aber sein Versuch, wenigstens bescheidenen Einfluß auf den Körper auszuüben, den er sich mit Hermes teilte, scheiterte.
    Sein Bruder schien von dem Bemühen nicht einmal Kenntnis zu nehmen, und Eucharius war zu stolz, um ihn um sein Entgegenkommen zu bitten.
    Vor achtzehn Jahren waren sie mit zwei Köpfen, aber nur einem gemeinsamen Körper in einem kleinen Dorf in Deutschland geboren worden. Ihr eigener Vater hatte daraufhin sein Eheweib bezichtigt, mit dem Teufel gebuhlt zu haben. Ihre Mutter war auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden, und Hermes/Eucharius hatten nur durch das mutige Einschreiten ihrer Großmutter überlebt, die sie entführt und versteckt gehalten hatte - gleichwohl sie damit ihr eigenes Leben in erhebliche Gefahr brachte.
    Hermes/Eucharius waren in
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