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Miles Flint 05 - Paloma

Miles Flint 05 - Paloma

Titel: Miles Flint 05 - Paloma
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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    M iles Flints Büro war voller Staub.
    Er stand in dem ehemals makellosen Raum, die Hände in die Hüften gestemmt, und begutachtete die Sauerei. Mondstaub – fein und golden – bedeckte einfach alles: Seinen Stuhl, seinen Schreibtisch, die Computerhardware. Die weißen Wände – überzogen mit einer Substanz, die aussah wie Permaplastik, ohne es jedoch zu sein – waren dunkelbraun vor Schmutz.
    Die Luft schmeckte kiesig. Der Staub hatte sich einen Weg in seinen Mund gebahnt, und dabei war er erst seit wenigen Minuten hier.
    Was für ein Desaster.
    Und bisher hatte er das Hinterzimmer noch gar nicht gesehen.
    Er erteilte einen verbalen Notbefehl – eine der wenigen mündlichen Sicherheitsmaßnahmen, die noch aus den Tagen geblieben waren, in denen dieses Büro Paloma gehört hatte –, und das Licht schaltete sich ein. Ein sepiafarbenes Licht, aber nicht, weil er es so eingestellt hätte, sondern weil der Staub auch das Beleuchtungssystem infiltriert hatte.
    Wenn der Staub in die Beleuchtungsanlage eingedrungen war, dann war er auch im Filtersystem, der hochmodernen Luftreinigungsanlage und in all seinen Sensoren.
    Er würde hier nicht arbeiten können, bevor sein Büro vollkommen gereinigt war, und er würde es selbst reinigen müssen. Hier gab es zu viele vertrauliche Dateien, zu viele illegale Systeme, um einen Reinigungsdienst in das Gebäude zu lassen.
    Er würde – ohne jede fremde Hilfe – die Ursache für den Zusammenbruch finden und beseitigen und dann den gesamten Staub, Partikel um Partikel, entfernen müssen. Wie viele Systeme würde er demolieren müssen? (Und wie viel Arbeit würde ihm das bereiten?) Zunächst musste er sämtliche Daten herunterziehen – nicht nur die Daten, die jeder abfragen konnte, sondern auch die Geisterdateien, die Datenspuren, die im System zurückblieben, wenn die eigentliche Datei schon längst gelöscht war.
    Seufzend strich er sich mit einer Hand über das schmutzstarrende Gesicht.
    Es war sein eigener Fehler. Nach seinem letzten Fall war er einfach abgehauen. Er war bereits auf seiner Jacht, der Emmeline, gewesen, und statt sie zurück in den Hafen der Armstrongkuppel zu fliegen, hatte er sie vom Mond fortgesteuert und Orte angeflogen, von denen er bis dahin nur gehört hatte.
    Eine Weile hatte er sogar geglaubt, er würde nie nach Hause zurückkehren.
    Dann war ihm bewusst geworden, dass er, wohin er auch gehen mochte, immer ruhelos bleiben würde, immer einsam und immer allein mit sich selbst.
    Er war zurückgekehrt – zurück zu Dutzenden von Mitteilungen in seinen Systemen (von denen ihn unterwegs keine hatte erreichen können; er war zu weit entfernt gewesen, um über die Standardlinks erreichbar zu sein). Botschaften von Ki Bowles, einer Reporterin von InterDome Media, die zu glauben schien, Flint wolle mit ihr sprechen, obwohl er sie gewarnt hatte, sie unmissverständlich aufgefordert hatte, sich von ihm fernzuhalten. Botschaften von potentiellen Klienten und Botschaften von Noelle DeRicci, seiner ehemaligen Partnerin im Police Department, die nun Sicherheitschefin der Vereinigten Mondkuppeln war.
    Über die Monate seiner Abwesenheit hatten DeRiccis Botschaften einen immer schrilleren Ton angenommen – sie fragte sich, was aus ihm geworden war, bat ihn, sie zu kontaktieren, damit sie sich keine Sorgen machen müsse, hoffte, dass es ihm gut gehe.
    Und er hatte Kontakt aufgenommen, kaum dass er die Möglichkeit gehabt hatte – knapp außerhalb des beschränkten Mondraums –, und ihr erklärt, er habe Urlaub gemacht und nicht gewusst, dass er Bericht zu erstatten habe.
    Er klang ein wenig verärgert, obwohl er nicht vergrätzt war. Er war nur verwundert über ihre Besorgnis. Der Ärger galt den Behörden, welche auch immer ihr Gespräch belauschten, auf dass diese nicht erahnen würden, dass noch irgendetwas Bedeutsameres vorgefallen sein könnte.
    Vorgefallen war lediglich, dass er einem Mann zu sterben gestattet hatte. Einem Mann, der, aller Wahrscheinlichkeit nach, so oder so hatte sterben müssen. Aber die Art und Weise hatte Flint gezwungen, alles, was er über sich und seinen Beruf dachte, noch einmal genau zu überdenken.
    Paloma hatte ihn gewarnt, hatte ihm gesagt, dass er die Laufbahn eines Lokalisierungsspezialisten aus den falschen Gründen einschlagen wolle. Du siehst darin eine Möglichkeit, Menschen zu retten, hatte sie zu Beginn seiner Ausbildung zu ihm gesagt. In der Realität wirst du viel mehr Menschen umbringen, als du retten
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