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Die Krone von Camelot

Die Krone von Camelot

Titel: Die Krone von Camelot
Autoren: Gillian Bradshaw
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    »An Gwynhwyfar, Tochter des Ogyrfan, Augusta, Kaiserin von Britannien«, begann der Brief, »von Menw, Sohn des Cynan, dem Fürsten aus der edlen Sippe der Söhne des Maxentius; ich grüße Dich vielmals. Nun, Cousine, jetzt hast Du sicher auch gehört, daß Dein Vater tot ist, und Du weißt, daß ich in der Herrschaft über unsere Sippe sein Nachfolger bin. Du darfst nicht erwarten, daß ich -wie er - Dir nach dem Munde rede und unser eigenes Schicksal den Verlauf nehmen lasse, den es mag. Ich habe vor, unseren Besitz und unser Vermögen zu mehren, was Du, trotz all Deiner Beteuerungen, daß Du uns liebst, und trotz Deiner Tugend niemals getan hast.
    Als wir zum letztenmal miteinander redeten, hast Du mir gesagt, ich spräche wie ein Bettler, und hast mir befohlen, dieses Thema Dir gegenüber nie wieder zu erwähnen. Jetzt aber bin ich der Fürst und Herr von Deinem eigenen Fleisch und Blut, und obwohl Du über unserem Stand geheiratet hast, kann ich das jetzt von Dir fordern und muß nicht länger bitten. Die Ländereien, von denen ich sprach, könntest Du leicht für uns gewinnen. Dein Mann, der Kaiser, liest Dir jeden Wunsch von den Augen ab - so sagt man jedenfalls -, und Du mußt nur dafür sorgen, daß er die Angelegenheit unserem König gegenüber erwähnt, damit Ergyriad uns alles gibt, was wir verlangen, seien es auch Menschenleben anstatt von Ländereien.
    Wenn Du uns diesen Dienst verweigerst, dann mach Dir nicht die Mühe, noch einmal zu schreiben. Ich werde wissen, daß Du geruht hast, nicht mehr Teil unserer Sippe zu sein, und wenn ich hier nur irgendwelche Macht besitze, dann sorge ich dafür, daß man Dich dementsprechend behandelt. Du bist nicht besser als wir, gleichgültig, wie hoch Du in der Welt aufgestiegen sein magst, und Du hast kein Recht, Reichtümer und Ehren für Dich zu behalten, die Du mit Deiner Familie teilen solltest. Akzeptiere, daß Du eine von uns bist, tu, was wir fordern, und ich will die Vergangenheit vergessen. Falls Du aber den kaiserlichen Purpur Deinem eigenen Blut vorziehen solltest, dann mußt Du dafür leiden.«
    Ich legte den Brief auf den Tisch und starrte ihn an. Dann preßte ich die Handflächen gegen die Augen, als ob das den dumpfen, brennenden Schmerz darin lindern könnte. Wenn ich stillsitzen konnte, wenn ich weder denken noch fühlen konnte, auch nur für eine kleine Weile, dann vielleicht würden Zorn und Schmerz mein Herz nicht so sehr pressen.
    Ich erinnerte mich an die Zeit, da ich meinem Vetter Menw gesagt hatte, er spräche wie ein Bettler. Vor drei Jahren hatte ich meinen Mann zu einem Besuch bei den nördlichen Königen begleitet, und wir hatten beim Besitz meiner Sippe die Reise unterbrochen und vorgehabt, eine Woche oder so zu bleiben. Es war das erstemal, daß ich zu Hause gewesen war, seit ich Artus geheiratet hatte und mit ihm nach Süden geritten war, um seine Burg für ihn zu verwalten. Mein Vater war meilenweit geritten, um mich zu empfangen, und er behandelte mich wie die gesegnete Mutter Gottes, die ganze Zeit, solange ich da war. Er hatte es immer genossen, mich zu verwöhnen - ich war sein einziges Kind, und meine Mutter war gestorben, als sie mir das Leben schenkte. Also hatte er niemand anderen, den er verwöhnen konnte. Menw hatte recht, als er das sagte. Und dennoch - darum ging es nicht. Er hätte fähig sein müssen, das einzusehen.
    Als ich zwei Tage zu Hause gewesen war, bot Menw mir an, mich zum Haus eines alten Freundes zu begleiten, den ich besuchen wollte. Ich hätte statt dessen auch ein paar von Artus’ Kriegern mitnehmen können, aber ich war gerührt, daß mein Vetter sich anbot, und stimmte sofort zu. Als wir noch klein waren, hatte er mich immer irgendwie unterdrückt, und ich glaubte, daß er das wiedergutmachen wollte. Aber kaum waren wir vom Gehöft losgeritten, als er auch schon anfing, ganz deutlich von der Macht zu sprechen, die ich als Frau des Kaisers haben mußte, und es wurde mir ungemütlich. Ich hatte diese Geschichte schon von zu vielen Bittstellern gehört, als Vorwort zu allzu vielen Bitten um Gerechtigkeit, Geld oder Rache, um es nicht sofort zu erkennen. Und tatsächlich, auf dem Rückweg zügelte Menw sein Pferd auf einem Hügel und schaute über das Land, und in seinen Augen lag ein berechnender Blick.
    »Schön!« bemerkte er.
    Ich nickte. Die Dämmerung lag purpurn über den Hügeln, und die sanften Sterne des Sommers stiegen im Osten über dem Gehöft empor. Im Norden sprang die Römische Mauer
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