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Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)
Autoren: Judith Vogt , Christian Vogt
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wollte nur meine Frau aus diesem Keller holen!“
    „Wir haben sie im Keller gefunden und geborgen“, flüsterte Tomke. „Damit du sie begraben kannst.“
    Ich schloss die Augen und sank zurück auf die Kissen.
    „Hat er … hat er etwas mit ihr gemacht?“, fragte ich mit erstickter Stimme.
    „Offenbar hat er Drähte an … ihren Kopf angeschlossen. Aber sie ist unversehrt. Was auch immer er vorhatte, sie schien ihm unversehrt wertvoller.“ Wir schwiegen beide, ich kämpfte mit Tränen und Erinnerungen und schließlich räusperte ich mich. Sie strich sich eine Strähne ihres widerspenstigen Haars aus dem Gesicht.
    „Gedanken … vergehen, denke ich, wenn man stirbt. Oder?“, flüsterte ich. „Sie sind dann nicht mehr in unseren Köpfen.“
    „Ich weiß es nicht“, antwortete sie, und eine Träne lief ihr über die Wange. „Ich weiß nicht, was aus Gedanken wird.“ Sie strich über das Fragment von Ynges Gesicht. „Ich habe seltsame Geschichten gehört. Was … was ist mit Ynge passiert?“
    „Diese Pläne, nach denen alle Welt sich verzehrt hat – Æmelie hat sie irgendwie in Ynge versteckt.“ Ich zwang mich zu sprechen, und als ich es einmal tat, kochten all die unbeantworteten Fragen in mir über, alles, was eine Antwort suchte. „Nicht in ihrem Kopf, sondern in ihrem Körper, obwohl ich schwören kann, sie hatte nur einen feinen Riss im Schädel. Vielleicht dadurch … vielleicht hat sie sie hindurch geschoben. In Venedig. Ich weiß es nicht.“
    „Ich habe gehört, sie hat gesprochen. Und Dinge sind geschmolzen.“
    „Ich weiß nicht, was da geschehen ist.“
    Wir schwiegen erneut, und Tomke nahm behutsam den Rest von Ynges Gesicht in ihre Handfläche. „Hast du mir nicht einmal von einem Geist erzählt, der … der es warm werden lässt? Damals, auf Fositeslun? Es war nur … ein Gedankenexperiment, hast du gesagt.“
    „Ein Geist?“, sann ich nach. „Ein Dämon. Der Maxwell ’ sche Dämon. Aber Gedankenexperimente … können nicht in Puppen drin sein. Sie sind ja nur …“
    „Gedanken. Und wir wissen nicht, wo die hingehen, wenn kein Körper mehr da ist“, seufzte Tomke. „Aber Æmelies Gedanken von den Fluggeräten sind wahr geworden. Vielleicht auch Maxwells Gedanken von einem Dämon. Wirst du mir jetzt immer böse sein? Ich habe wirklich ernsthaft gehofft, dass ich Eiken umgestimmt hätte, und er vielleicht einfach das Ætherlot mit Dynamit bewerfen würde.“ Sie sah mich an, und streichelte mein wundes Gesicht. „Du bist ganz und gar zerschlagen. Es tut mir leid, dass dir das geschehen ist!“
    Ich nickte. „Aber du hast recht, wir haben, was wir wollten.“
    „Weißt du, deine Frau. Ich … ich wünschte wirklich, sie würde leben, und du könntest bei ihr sein. Ich wünsche das wirklich, weil ich dich liebe und weil du es nicht verdient hast, ein unglücklicher Mensch zu sein. Aber … aber es ist egal, was ich wünsche. Es tut mir leid.“ Sie brach in Tränen aus, und ich ließ es zu, dass sie mich umarmte, dass sie sich an mich drückte und meine Verbände und kleinen Wunden mit ihren Lippen oder Fingerspitzen berührte.
    Tomke hatte mir nicht vertraut. Ich hatte aber auch niemals nach ihren Plänen gefragt. Hatte ich es so genau wissen wollen?
    „Weißt du, ich glaube, ich wollte gar nicht wissen, was ihr vorhabt“, gab ich zu, und sie seufzte mit einem kleinen Schluchzen und küsste mich endlich auf den Mund, und ich merkte, dass ich hungrig war nach jedem Gefühl außer dieser Leere und Gleichgültigkeit, also umarmte ich sie und drückte sie an mich, und ich stöhnte vor Schmerz, und wir weinten um alles Mögliche.
    Irgendwann stand Elsbeð im Türrahmen und sah uns schmallippig an. Ich fragte mich, was in ihr vorging, und dachte unbehaglich an die Nacht mit ihr zurück. War sie eifersüchtig? Auf ihre Nichte? So, wie Eiken eifersüchtig gewesen war und meine Qualen kalt in seine Pläne einkalkuliert hatte?
    „Ihre Pläne, Herr von Erlenhofen“, sagte sie kühl und legte sie ebenfalls auf den Nachttisch, neben die Vase mit den staubigen, kunstvoll aus Seidenpapier gefalteten Blumen. Die Pläne waren feucht, angerissen, schmutzig. Aber sie waren von Æmelies kleiner Schrift bedeckt, von Zeichnungen, Gleichungen und Abschätzungen, und sie bargen irgendein Geheimnis, das ich nicht fassen konnte. Diese eine Unfehlbarkeit, auf die der Professor hingearbeitet hatte.
    Oder sie bargen es nicht, und jeder täuschte sich in Æmelies Genie. So sehr ich ihrem
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