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Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)
Autoren: Judith Vogt , Christian Vogt
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Holz und Stahl – diese war zugeschlagen worden, der Staub rieselte noch. Ich hörte, wie der Schlüssel abgezogen wurde, wie er klimpernd über den steinernen Boden schlitterte. Flaches, heftiges Atmen war über der Tür zu hören.
    „Die Puppe hat gelogen“, schrie ich durch das massive Holz. „Die Pläne sind in der Opiumhöhle von Madame versteckt, im Hafenviertel. Geben Sie mir die Puppe zurück!“
    In diesem Moment hörte ich ein Geräusch – ein dumpfer, leichter Schlag gegen die Falltür, dann ein gefährliches Scharren – es war die schmale Klinge, die Roþblatt aus seinem Stock ausfahren konnte, und er bohrte sie durch das Schlüsselloch, streifte meine lahme Schulter damit und wollte sie sodann wieder zurückziehen – doch sie hatte sich im Schlüsselloch verhakt. Entschlossen schlug ich mit meinem eigenen Stock zu, trieb die Klinge mit einigen Hieben mit dem Knauf in die Mechanik des Schlosses und hörte schließlich entweder die Klinge oder den Riegel knacken und brechen. Gleichzeitig gelang es jedoch auch dem Professor, sein Mordinstrument zurückzuziehen – die Tür sprang unter meinem besinnungslos wütenden Ansturm auf, ich stolperte schreiend in die Kuppel des Turms hinein, und sofort bohrte sich die Klinge des Professors in meinen Oberarm, den ich mit dem Stock schützend vor meinen Kopf gehalten hatte, als ich hinauf stürmte.
    Der Schmerz blieb aus – zu viel davon war schon in mir, so dass er wirkungslos an mir abperlte wie Wasser, das in ein ohnehin bereits volles Glas geschüttet wird.
    Ich hieb mit dem Ende meines Stocks gegen seine Schläfe, er strauchelte zurück, Ynges entstellter Leib schlitterte durch den Raum, das Stockmesser zuckte aus meinem Arm heraus. Blut sprudelte hervor, und nun spürte ich auch Schmerz, aber er war mir so gleichgültig wie Roþblatt seine verbrannte Hand. Ich stürzte vorwärts, um Ynge zu packen, doch auch Roþblatt reagierte schnell, verfehlte mich jedoch. Als ich auf die Knie prallte, um die Puppe zu bergen, sauste seine verbogene, aber dennoch tödlich intakte Klinge über mich hinweg. Der Professor fing die Wucht seines Hiebes jedoch unmittelbar über mir auf und stieß nach unten, um mich auf dem Boden aufzuspießen. Meine Fingerspitzen streiften Ynge, als ich mich herumwälzte und dem Stich entging. Ich schlug Roþblatts Stock beiseite. Margarets Cognac war längst aus dem gläsernen Gefäß im Knauf ausgelaufen und machte den Stock glitschig und für meine verbliebene Hand noch schwerer zu halten. Fluchend entging ich einem weiteren Hieb, traf Roþblatts steifes Bein am Kniegelenk und ließ auch ihn straucheln. Er jedoch nutzte den Schwung, stürzte sich auf Ynge und packte die zerschlagene Puppe, deren spitzenbesetztes Kleidchen nun bereits in Fetzen hing. Hohnlachend kam er schneller in die Höhe als ich, und ich hielt meinen Stock erneut zwischen die Klinge und mein blankes Leben, als er die gewaltige Apparatur des Ætherlots erklomm. Mit einer Hand klammerte er sich an das technische Ungetüm aus verschiedenen metallenen Verstrebungen und Antennen. Das Funkmessgerät rotierte wohl für gewöhnlich, um den Himmel abzutasten, stand aber nach Eikens Sabotage still. Um ihn herum hallten Schüsse und blitzten Mündungsfeuer im von Likedeelern besetzten Himmel.
    „Herr von Erlenhofen – Sie sollten sich einmal ansehen. Sie sind ein Wrack!“, lachte der Professor von dem schweren Metalltisch herab. Erst jetzt sah ich zwei Menschen, die das Ætherlot offenkundig bewacht oder bedient hatten, tot in ihrem Blute liegen. Mit dem Rücken zu den großen Antennen des Ætherlots deckte sich Roþblatt mit seinem Stock. „Geben Sie auf!“
    „Warum? Damit ich nicht zu Schaden komme? Nein, ich werde dafür sorgen, dass Sie meinen Leichnam zu nichts, zu gar nichts mehr verwenden können!“, schrie ich und versetzte ihm einige Schläge, die er mühelos konterte. Erstaunlich behände trotz seines Beins ließ der alte Mann meinen Spazierstock abgleiten und beugte sich mit einer raschen Bewegung vor, spießte die Spitze seiner Klinge in meine ausgekugelte Schulter. Ich brüllte vor Pein und ließ mich zurückfallen – auch hier drängte Blut hervor und lief über meine malträtierte Brust. Der Professor lachte und bewegte Ynge in seiner anderen Hand hin und her. „Sprich nochmal, kleines Püppchen.“
    „Sie hatten eine sprechende Puppe in der Hand und haben sie zerschlagen, Roþblatt – was für ein beschissener Wissenschaftler sind Sie
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