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Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)
Autoren: Judith Vogt , Christian Vogt
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Finger um glühend heißes Metall, und er kreischte mit einem langgezogenem Schrei vor elendigem Schmerz auf, packte mit der Rechten seine Linke und sank schreiend in die Knie.
    Die Krankenschwester und die Wachmänner starrten ihn an und dann auch mich, als hätte ich das irgendwie bewirkt – einer von ihnen ließ mit einem Aufschrei seine Waffe fallen, die ihn entweder mit ihrer Kälte oder ihrer Hitze verbrannt hatte. Ein anderer jedoch erhob drohend seinen Knüppel.
    „Nun helfen Sie mir doch, Fräulein! Die Hand! Starke … starke Verbrennung!“, keuchte Roþblatt, und hinein in dieses ausgebrochene Chaos sprach Ynges Stimme: „Es tut mir so leid, Naðan. Die Pläne sind in mir.“
    Ich wusste nicht, wo in ihr diese Pläne sein sollten – denn in ihrem Schädel waren sie nicht, aber vielleicht hatte sie sie auch einfach auswendig gelernt, und Æmelie hatte ihre wertvollen Originale verbrannt, was voraussetzen würde, dass Æmelie gewusst hatte, dass eine Art Geist in ihrer Puppe hauste. Es war mir auch gleich, sollten diese Pläne doch in ihr sein, sie waren mir nichts wert, sie hatten nur Tod und Elend gebracht.
    Was mich jedoch erstaunte, war, dass im Raum absolute Stille einkehrte, nur der Hebel zersetzte sich in eine weißgelb glühende Substanz, zischte und tropfte zu Boden.
    Roþblatt schien seine verbrannte Hand vergessen zu haben, sein Blick suchte meine süße Ynge und fand sie – wie ihr Kopf aus meinem dahingeworfenen Mantel herausschaute. Auch die Krankenschwester wandte den Kopf. „Wer … wer war das?“, piepste sie.
    Der Professor lachte glücklich – nur ein einziger schmerzhafter Schluchzer schlich sich hinein.
    Er stammelte beinahe ergriffen vor sich hin: „Der geniale Isaac Newton, Gravitationstheorie und Infinitesimalrechnung, und danach hat er sich tatsächlich über allerhand Engel und Teufel ausgelassen. Unglaublich. Sollte er selbst damit recht behalten?“
    Immer noch ruhten aller Augen auf ihm und meiner Ynge. „Es ist diese Puppe!“, jaulte er auf, tat einen Satz zu ihr hinüber und zerrte sie von dort hervor, wo ich sie so gut befestigt hatte, damit sie nicht während des Flugs abhanden kam. Er packte sie einfach, und dann schlug er ihren Kopf – er schlug ihn auf den Boden, einmal, zweimal, und ich schrie auf wie ein Besinnungsloser. Ynges Kopf klirrte, Ynges Kopf zerbarst in Porzellanscherben, auf denen kostbares Haar befestigt war.
    „Ich … bin … endlich … am Ziel!“, hechelte der Professor und tastete durch die Scherben, achtete seiner Verbrennung nicht mehr. „Selbst der Kaiser … muss anerkennen … Der perfekte Arbeiter! Die Lösung der sozialen Frage! Auslöschung … aller … Sorgen!“ Ein Stück von Ynges Gesicht war noch da – es war noch mit ihrem Leib verbunden, starrte mich jedoch an wie eine tote Person – eines ihrer überirdisch blauen Glasaugen; es war gebrochen. Die Hälfte ihres Mundes. Damit würde sie nie wieder sprechen. Ich schrie wie ein Wahnsinniger und bäumte mich in den Gurten auf. Schmerz durchzuckte meinen ganzen Körper, doch der Widerstand war geringer, als ich erwartete. Jemand beugte sich von hinten über mich, die Schneide eines Messers durchtrennte bereits einen weiteren Gurt und traf danach die Rückenlehne meines Folterstuhls.
    „Jetzt haben wir genug Zeit geschunden. Ich denke, die anderen werden bald hier sein, jetzt, wo ja immerhin dieses Scheiß-Ætherlot ausgeschaltet ist.“ Eikens Stimme quoll über vor Freude, und ich konnte diese Freude nicht verstehen, konnte nichts davon verstehen. Der Professor jedoch hielt inne in seinem sinnlosen Tasten – denn wie schon andere vor ihm festgestellt hatten, war der Kopf der Puppe leer, er hatte weder einen Dämon noch ein Blatt Papier darin vorgefunden.
    Er sah auf. „Was tun Sie da? Weg von dem Stuhl! Mit solchen Finten kriegen Sie mich nicht! So ein Unsinn!“ Dann erhob er seine Stimme erneut, schrie einen Namen zur gähnenden Türöffnung des Treppenhauses. „Loðar!“
    Einen Moment, in dem das Ticken eines weit entfernten Chronometers zu hören war, schwieg alles, schwiegen Zeit und Raum und auch die Krankenschwester. „Guck nach Loðar!“, herrschte der Professor einen der beiden Wachmänner an, doch Eiken schnaubte belustigt. „Loðar ist gestorben. Aber er hat nicht gelitten. Es war ein sauberer Schnitt.“
    „Er hat ein Messer!“
    „Weg von dem Stuhl, sage ich!“
    „Auf diesen Hund!“
    Die Krankenschwester kreischte und legte sich die Linke vor Mund
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