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Die Zerbrochene Kette - 6

Die Zerbrochene Kette - 6

Titel: Die Zerbrochene Kette - 6
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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ungerührt mit starrem Gesicht inmitten seiner Leibgarde und sah weder rechts noch links.
    Neben ihm ritten zwei seiner Favoriten, so vermutete Rohana, Sklavinnen oder Konkubinen, ein schlankes Mädchen mit weißem, wattigem Haar. Ihre Kette war mit Juwelen besetzt. Sie beugte sich zu Jalak hinüber und zwitscherte und säuselte ihm etwas zu, als sie vorüberritten. Der dünne, elegante Junge an Jalaks anderer Seite war zu gelockt, zu geschmückt und zu parfümiert, um etwas anderes als ein Lustknabe zu sein.
    Hinter Jalak und seinen Favoriten kam eine Reihe von Frauen, und unter ihnen, auffallend durch ihr feuerrotes Haar (jetzt leicht von Grau durchzogen), war Melora. Rohana schwindelte. Sie war darauf vorbereitet gewesen; Melora war in Gedanken zu ihr gekommen. Aber sie jetzt im Fleisch zu sehen, zur Unkenntlichkeit verändert… (Und doch, Cassilda erbarme sich unser, ich hätte sie überall wiedererkannt…) Rohana wurde so von Schmerz und Mitleid überwältigt, daß sie im nächsten Augenblick ohnmächtig werden mußte.
    Kindras Hand schloß sich schmerzhaft um ihren Arm, die Nägel gruben sich ins Fleisch, und Rohana riß sich zusammen. Dies war ihr Beitrag zu der Rettung, dies konnte nur sie allein vollbringen. Entschlossen griff sie hinaus und stellte den Kontakt mit dem Geist ihrer Verwandten her.
    – Melora!
    Sie spürte den Schrecken, das Zusammenzucken und Herzklopfen. Wenn Melora sie nur nicht sah und durch irgendein Zeichen verriet, daß sie sich kannten!
    – Laß dir nichts anmerken; halte nicht nach mir Ausschau, Liebling. Ich bin dir nahe, zwischen den Freien Amazonen.
    – Rohana! Rohana, bist du es?
    Rohana sah von ihrem Platz in der Menge – und sie war plötzlich sehr stolz auf ihre Verwandte –, daß Melora weiterritt, als sei nichts geschehen. Ihre Augen blickten ins Leere. Sie saß ein bißchen zusammengesunken im Sattel. Das angespannte, dünne, vergrämte Gesicht unter dem ergrauenden roten Haar zeigte nichts als Müdigkeit und Schmerz. Von Furcht und Gewissensbissen gepackt, dachte Rohana: Sie ist so dick, so nahe ihrer Zeit, das Kind beschwert sie so sehr. Wie können wir sie nur in Sicherheit bringen? Sie sandte Melora die konzentrierte Frage.
    – Kannst du reiten, Melora, kannst du bei so weit fortgeschrittener Schwangerschaft reisen?
Die Antwort klang apathisch… Man merkt gleich, daß du die Trockenstädte nicht kennst. Von mir würde verlangt, daß ich reite, auch wenn ich meiner Zeit noch näher wäre. Dann wurden Meloras Gedanken grimmig vor Haß. – Ich kann, was ich muß! Um frei zu werden, würde ich durch die Hölle reiten!
Mühsam, Stückchen um Stückchen, gab Rohana die Botschaft Kindras weiter, erhielt Meloras Antwort, während die Karawane weiterzog und den Marktplatz überquerte. Kindra und Rohana beobachteten das peinliche Schauspiel nicht länger, sondern gingen zu ihrer Bude zurück. Sobald sie sicher drinnen waren, berichtete Rohana über die erhaltenen Informationen.
»Jalak schläft in einem Zimmer an der Nordseite des Gebäudes, zusammen mit seinen Favoriten und Melora. Nicht etwa, daß er zur Zeit Interesse daran hätte, ihr Bett zu teilen, so sagte sie mir, aber sie ist augenblicklich sein kostbarster Besitz, da sie seinen Sohn trägt, und er läßt sie nie aus den Augen. Innerhalb des Raums sind keine Wachen, jedoch zwei Wachen und zwei cralmacs, mit Messern bewaffnet, im Vorzimmer. Bis zu dieser letzten Schwangerschaft schlief Jaelle – das ist ihre Tochter – im Zimmer ihrer Mutter, dann wurde sie zu den anderen königlichen Töchtern umquartiert. Sie beklagte sich, bei dem Lärm, den die Jüngeren machen, könne sie nicht schlafen. Jalak ist nachsichtig mit kleinen Mädchen, wenn sie hübsch sind, und wies ihr ein eigenes Zimmer zu. Es befindet sich eine Kinderfrau bei ihr. Das Zimmer liegt am hinteren Ende der Suite für die königlichen Kinder und sieht auf einen Innenhof voller Schwarzfruchtbäume hinaus.«
Kindras nächste Frage vorwegnehmend, erklärte Rohana: »Ich habe den Plan des Gebäudes so genau im Kopf, daß ich ihn aus dem Gedächtnis zeichnen könnte.«
Kindra lachte. »Lady, Ihr würdet keine schlechte Amazone abgeben! Vielleicht ist es unser Schade, daß Ihr Euch nicht für unsern Weg entschieden habt.« Sie trat zu der Frau, die sich noch in der Bude befand, und sagte mit leiser Stimme: »Verkaufe, was du kannst; was bis Dunkelwerden nicht verkauft ist, müssen wir liegenlassen. Baut die Bude nicht ab. Wenn sie stehen bleibt,
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