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Die Zerbrochene Kette - 6

Die Zerbrochene Kette - 6

Titel: Die Zerbrochene Kette - 6
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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akzeptieren und ihre Frauen mit ihnen. Die Domänen leben unter den Gesetzen von Männern. Sie nehmen die Versklavung der Trockenstädterinnen hin, weil ihnen der Gedanke guttut, wie gütig sie im Vergleich dazu zu ihren eigenen Frauen sind. Sie sagen, alle Menschen müssen ihren eigenen Lebensstil wählen.
Keine Frau, die ihr Haar geschnitten und den Eid der Freien Amazonen abgelegt hatte, würde diesem Kompromiß jemals zustimmen!
Kindra hatte sich frühzeitig von einem Leben losgerissen, das ihr jetzt als Sklaverei vorkam. Die unsichtbaren Fesseln wogen ebenso schwer wie die Armbänder und Ketten, die die Trockenstädterinnen als Besitztum eines Mannes kennzeichneten. Jede Frau konnte sie abschütteln, dachte Kindra, wenn sie bereit war, den Preis dafür zu zahlen.
Ob ich ihnen meine Pläne jetzt mitteile? Sie hob die Hand und lauschte. Lady Rohana, die eine süße, kleine, unausgebildete Stimme hatte, und Gwennis mit ihrem hellen Sopran sangen ein Rätsellied aus den Domänen. Kindra entschloß sich, sie nicht zu stören. Sollen sie diese Nacht noch ruhig schlafen. »Stellt Wachen um das Lager auf«, sagte sie. »Einige dieser Trockenstädter könnten merkwürdige Vorstellungen darüber haben, wie Freie Amazonen gern ihre Nächte verbringen, und ich bezweifle, daß uns ihre Gedanken interessieren würden.«
    2
    Mittags brannte die Sonne erbarmungslos auf den Marktplatz von Shainsa nieder, und die ausgebleichten Häuser wandten dem Licht blinde Gesichter zu.
    Trotz der Beleidigungen und Hohnreden, die sich die Freien Amazonen von den Eckenstehern hatten gefallen lassen müssen, hatten sie den ganzen Vormittag an ihrer Bude, einem leichten Korbgeflecht, das auf Pferderücken transportiert werden konnte, glänzende Geschäfte gemacht. Das in den Bergen gegerbte Leder erzielte in den Trockenstädten gute Preise, denn dort ließen sich nur wenige Haustiere halten, und Leder und Tuch waren knapp. Bewegung entstand auf dem Marktplatz, ein beinahe sichtbares Gemurmel klang auf, und Müßiggänger, Passanten und Kinder strömten auf die großen Tore zu. Jalak, dachte Kindra. Es muß Jalak sein, der zurückkommt. Nichts anderes könnte soviel Unruhe erregen.
    Sie übergab die Bude der Obhut Devras und der Dikken Rima und ließ sich zusammen mit Rohana innerhalb der Menschenmenge auf die Tore zutreiben. So leise, daß man sie in sechs Zoll Entfernung nicht mehr hören konnte, flüsterte sie: »Jetzt oder nie ist der Augenblick, wo Ihr eine Botschaft an Eure Verwandte durchbekommen müßt. Sagt ihr, sie soll sich bereithalten, jede Sekunde mit uns aufzubrechen. Es mögen uns für den Überfall nur ein paar Minuten zur Verfügung stehen, und wir müssen handeln, wann immer sich uns die Gele genheit dazu bietet. Vor dem Dunkelwerden geht es nicht; danach kann es jederzeit sein. Findet auch genau heraus, wo sie schläft, ob sie bewacht wird und von wie vielen, auch wo ihre Tochter schläft, ob allein oder mit anderen königlichen Töchtern zusammen.«
    Rohana stützte sich auf den Arm der Freien Amazone; die ungeheure Verantwortung machte sie krank und schwach. Nun lag plötzlich alles auf ihren Schultern.
    Hörner erklangen in einem seltsamen, heiseren Tusch. Zuerst kam ein Dutzend seiner Leibgardisten in einem so fremdartigen Aufputz, daß Rohana nur den allgemeinen Eindruck von barbarischer Pracht empfing: Schärpen und Wehrgehenke, kunstvoll vergoldete Tuniken, hohe Aufbauten als Kopfschmuck. Dann cralmacs, bepelzte und geschwänzte Humanoide mit großen, goldfarbenen Augen, die nur ihr eigenes Fell und juwelenbesetzte Schärpen trugen. Sie ritten auf den großen, schwankenden oudhraki der fernen Wüsten, und sie schienen eine ganze Legion zu sein. Weitere Gardisten, diesmal weniger prunkvoll und zeremoniell gekleidet, aber mit den langen, geraden Schwertern und Dolchen der Trockenstädter bewaffnet. Rohana dachte: Nur gut, daß Kindras Gruppe nicht versucht hat, ihn des Nachts in seinem Lager zu überfallen. Und dann kam Jalak selbst.
    Rohana mußte sich abwenden, bevor sie mehr als einen flüchtigen Blick auf sein mageres, falkenkühnes Gesicht, sonnengebleicht unter dichtem hellem Haar, geziert mit einem sich grimmig sträubenden Schnurrbart, erhascht hatte. Sie fürchtete, ein Haß von so ungeheuerlicher Gewalt müsse sich seinem Objekt mitteilen, und er könne gar nicht umhin, ihre Gedanken wahrzunehmen. Für Rohana, seit ihrer Kindheit Telepathin, war die Gedankenübertragung eine Realität. Aber Jalak ritt
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