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Die Zeit der Katzenpfoten

Die Zeit der Katzenpfoten

Titel: Die Zeit der Katzenpfoten
Autoren: Frederik Pohl
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1
     
    Über alle, die sich im Saal befanden – oder vielleicht war es auch eine Art Park –, warf das Licht farbige Zeichen und Reflexe. Das Mädchen in dem duftigen Gewand hatte einen Augenblick lang glitzernde rosa Augen und im nächsten eine Aura von silbrigem Haar, der Mann neben Forrester goldene Haut und eine Schattenmaske. Duftfetzen trieben an ihm vorüber, einmal roch es nach Rosen, dann nach Salbei. Von weit her kamen Bruchstücke einer kristallklaren Musik.
    »Ich bin reich«, schrie er, »und ich lebe!«
    Niemand schien sich daran zu stören. Forrester pflückte sich eine der farblosen Weintrauben, die Hara ihm empfohlen hatte. Dann erhob er sich, tätschelte das Mädchen in dem leichten Kleid und ging mit unsicheren Schritten hinunter ans Becken, wo ein wirres Knäuel nackter Leiber herumtobte oder schwamm. Trotz der langen Behandlung, die ihm nach seiner Wiederbelebung soviel Neues gegeben und soviel alte Schlacken ausgeräumt hatte, steckten noch immer Reste des kleinen Schweinigels früherer Zeiten in ihm, und die Nacktheit gefiel ihm.
    »Da ist der reiche Forrester!« schrie einer. Forrester lachte und winkte. Eins der Mädchen rief: »Singt ihm ein Lied! Ein Lied!« Und alle spritzten nach ihm und sangen:
     
    Oh, er starb und starb und starb
    ( PLATSCH !)
    und er schrie und schrie und schrie
    ( PLATSCH !)
    Aus seinem Geschrei und seiner Schau
    wird kein vernünftiger Mensch mehr schlau
    und er hat eine viertel Million!
    Forrester!
    ( PLATSCH ! PLATSCH !)
     
    Forrester duckte sich unwillkürlich. Doch dann ließ er es zu, daß sie ihn mit dem warmen, parfümierten Wasser bespritzten. »Viel Spaß«, schrie er und grinste die Nackten an. Bronze- und elfenbeinfarben, hager oder rundlich – jeder dieser Körper war schön. Er wußte, niemand würde es ihm verübeln, wenn er die beiden Schnallen an Hals und Gürtel öffnete, seine Kleider abwarf und sich zu ihnen gesellte. Aber er wußte auch, daß sein Körper dem Vergleich mit diesen Adoniskörpern nicht standhalten und daß er die vollbusigen Venusse nicht würde beeindrucken können, und blieb deshalb am Rande des Beckens stehen. »Trinkt und freut euch, denn gestern sind wir gestorben«, rief er und bespritzte sie auf gut Glück mit seinem Joker. Es machte ihm nichts aus, daß er nicht so schön war wie sie. Jedenfalls nicht in diesem Augenblick. Er war glücklich. Nichts bedrückte ihn. Keine Sorgen, keine Müdigkeit, keine Furcht. Nicht einmal sein Gewissen, denn wenn er hier auch Zeit verschwendete – schließlich war es sein gutes Recht, Zeit zu verschwenden.
    Hara hatte das gesagt. »Immer langsam«, hatte Hara ihm geraten. »Akklimatisier dich erst einmal. Du bist sehr lange tot gewesen.«
    Forrester konnte es nur recht sein, diesem Rat zu folgen. Morgen früh würde er anfangen, die Dinge ernst zu nehmen. Morgen früh würde er in diese neue Welt hinausgehen und sich darin einen Platz schaffen. Mit bescheidenem Stolz dachte er daran, daß er es eigentlich gar nicht nötig haben würde, denn er besaß ja immerhin diese Viertelmillion Dollar, aber es gehörte sich nun einmal, daß er arbeitete und sich seine Freu den verdiente. Er würde ein guter Bürger werden.
    Versuchsweise rief er einem der Mädchen etwas zu, was er für einen freundlich-obszönen Vorschlag hielt, obwohl Hara ihm gesagt hatte, daß die Sprache dieser Zeit keine Obszönitäten mehr kannte. Sie antwortete mit einer bezaubernden Geste, die Forrester als obszön zu deuten versuchte, und ihr Gefährte, der ausgestreckt am Beckenrand lag, hob schläfrig seinen Joker und besprengte Forrester mit einem prickelnden Sprühregen, der ihn zu seinem Erstaunen einen Augenblick lang in plötzliche sexuelle Erregung versetzte und ihn dann erfüllt und vorübergehend erschöpft zurückließ.
    »Wie herrlich, so zu leben«, dachte Forrester.
    Er wandte sich um und ging weiter, während ihm eine neue Strophe des lärmenden Gesanges folgte:
     
    Und er schlief und schlief und schlief
    und er weinte und weinte und weinte
    Richtet er, flucht er, wird er klagen,
    ist er ein Mensch – wer kann das sagen –
    Forrester!
     
    Aber jetzt war er zu weit weg, als daß sie ihn hätten naß spritzen können, und er hatte jemanden gesehen, mit dem er sprechen wollte.
    Es war ein Mädchen. Sie war gerade erst gekom men, und sie war noch ziemlich nüchtern. Sie war allein. Und sie war nicht ganz so groß wie Forrester selbst.
    Hara würde ihn ihr natürlich vorstellen, wenn er ihn darum bat, denn
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