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Die Zeit der Katzenpfoten

Die Zeit der Katzenpfoten

Titel: Die Zeit der Katzenpfoten
Autoren: Frederik Pohl
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da mit auszukommen; er hatte keine Frau. Wenn er wollte, konnte er sich auf die andere Seite drehen, sich die Decke über den Kopf ziehen und wieder einschlafen. Niemand würde ihn daran hindern, niemand wäre ver ärgert. Wenn er wollte, konnte er sich betrinken, konn te versuchen, ein Mädchen zu verführen oder ein Gedicht zu schreiben. Alle seine Schulden waren vergessen – oder erlassen, schon vor Jahrhunderten. Alle Versprechungen waren eingelöst – oder längst über die Möglichkeit einer Einlösung hinaus. Die Lüge, die er Dorothy über jenes eine Wochenende 1962 erzählt hatte, brauchte ihn nicht mehr zu bedrücken. Sollte die Wahrheit jemals herauskommen, dann würde es niemand mehr etwas ausmachen, und es war mehr als unwahrscheinlich, daß sie je herauskommen würde.
    Kurz gesagt, er besaß einen Blankoscheck auf das Leben.
    Darüber hinaus hatte er praktisch die Garantie, am Leben zu bleiben. Er war nicht krank, ja nicht einmal gefährdet. Selbst der Knoten an seinem Bein, den er damals vor seinem Tod ein paarmal mit Besorgnis betrachtet hatte, konnte nicht bösartig oder bedrohlich sein, denn sonst hätten die Ärzte im Krankenhaus ihn sicher beseitigt. Er brauchte nicht einmal zu befürchten, von einem Auto überfahren zu werden, wenn es überhaupt noch welche gab – schlimmstenfalls würde das ein paar weitere Jahrhunderte in diesem Helium-Bad bedeuten und danach wieder ein neues und noch besseres Leben.
    Er besaß tatsächlich alles, was er sich je gewünscht hatte. Was er nicht besaß, waren lediglich Dinge, die er sich nicht gewünscht hatte, weil er sie schon einmal besessen hatte: Familie, Freunde, gesellschaftliches Ansehen.
    In diesem Leben des Jahres 2527 nach Christus war Charles Forrester in jeder Beziehung ein freier Mann. Allerdings machte ihn seine Begeisterung nicht blind für die Tatsache, daß die Sache zwei Seiten hatte. Es ließ sich auch anders ausdrücken: Er war in jeder Beziehung überflüssig.
    »Mensch-Forrester«, sagte das Bett, »Sie müssen jetzt aufstehen. Ich habe eine vordringliche Nachricht und eine Besuchsanmeldung.«
    Und damit rollte sich die Matratze unter ihm zusammen, wölbte sich hoch und setzte ihn auf dem Fußboden ab.
    Forrester konnte sich gerade noch auf den Beinen halten und knurrte: »Wozu diese Eile?«
    »Ein Jagdschein ist auf Sie ausgestellt worden, Mensch-Forrester. Lizenznehmer ist Heinzlichen Jura de Syrtis Major, maskulin, Dipara-Zen, Utopier, 86 Realjahre, einsneunzig, Import-Export, extraterrestri sches Humanwesen. Ein Grund wurde nicht angege ben. Bürgschaft und Garantien sind hinterlegt worden. Wünschen Sie jetzt Ihren Kaffee?«
    Während das Bett noch sprach, hatte es sich in die Wand zurückgezogen. Es verschwand in einer Öff nung, die sich über ihm schloß, ohne eine Spur zu hinterlassen. Es war höchst verwirrend, aber Forrester erinnerte sich an Haras Instruktionen, suchte und fand seinen Joker und sagte zu ihm: »Ich hätte jetzt gern mein Frühstück. Schinken und Eier, Toast und Orangensaft und Kaffee. Und eine Schachtel Zigaretten.«
    »Das Frühstück kommt in fünf Minuten, Mensch-Forrester«, sagte der Joker. »Darf ich Ihnen jetzt die restlichen Meldungen geben?«
    »Moment mal. Ich dachte, die Meldungen gibt mir das Bett.«
    »Wir gehören alle zusammen, Mensch-Forrester. Hier jetzt die Meldungen. Voranmeldung eines Privatbesuchs: Taiko Hironibi wird zum Frühstück zu Ihnen kommen. Dr. Hara hat für den Bedarfsfall ein Euphorikum verordnet, das mit dem Frühstück geliefert wird. Adne Bensen sendet Ihnen einen Kuß. Die First Merchants Audit and Trust bietet ihre Dienste an. Die Gesellschaft der Ehemaligem teilt mit, daß Sie zur Mitgliedschaft zugelassen sind und daß der Reorientierungsdienst Ihnen zur Verfügung steht. Ziegler, Durant und Colfax, Rechtsanwälte.«
    »Den Anzeigenteil kannst du weglassen. Was erzählst du da von einem Jagdschein?«
    »Ein Jagdschein ist auf Sie ausgestellt worden, Mensch-Forrester. Lizenznehmer ist Heinzlichen Jura de –«
    »Das hast du eben schon mal gesagt. Laß mich mal einen Augenblick überlegen.« Forrester betrachtete nachdenklich seinen Joker. Das Prinzip war nicht weiter schwierig. Es war ein ferngesteuertes Input-Output- Gerät des öffentlichen Computernetzes, mit einer Rei he von Zusatzanschlüssen, die als Taschenflasche, Verbandspäckchen, Kosmetikbeutel usw. fungierten. Es sah aus wie ein Amtsstab – oder wie ein Narrenzepter. Forrester versuchte sich einzureden, daß
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