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Wenn ein Maerchenprinz heiraten will

Wenn ein Maerchenprinz heiraten will

Titel: Wenn ein Maerchenprinz heiraten will
Autoren: Olivia Gates
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PROLOG
    Es geschah tatsächlich.
    Und Shehab ben Hareth ben Essam Ad-Din Al Masud konnte es immer noch kaum glauben.
    Ya Ullah. Stand er wirklich im Zeremoniensaal der Zitadelle Bayt el Hekmah, dort, wo seit sechshundert Jahren jedes wichtige Ereignis stattfand, das das Königshaus betraf? Und trug er tatsächlich das schwarze Gewand des designierten Thronfolgers – ein Ereignis, mit dem er nie gerechnet hatte?
    So unglaublich es ihm auch immer noch erschien – es war so. Und alle Mitglieder des Ältestenrats, alle Mitglieder der Königsfamilie, alle Repräsentanten der Adelshäuser waren anwesend. Und alle Blicke ruhten auf ihm.
    Er versuchte, sich auf seinen ältesten Bruder Faruq zu konzentrieren. Der trug das traditionelle weiße Gewand, das der Machtübergabe vorbehalten war. In seinem Blick lagen Bedauern und die Bitte um Verständnis.
    Shehab schloss kurz die Augen. Ja, sie waren Brüder, und dies alles konnte nur geschehen, weil sie beide sich seit seiner Geburt wie durch ein unsichtbares Band verbunden fühlten.
    Er verstand, um was sein Bruder ihn wortlos bat, und er akzeptierte sein Schicksal. Faruq handelte so, weil er es musste, weil er genau wusste, dass sein Bruder diese Bürde tragen konnte.
    Dann sprach Faruq. Seine entschlossenen Worte hallten in dem riesigen Saal wider: „ O’waleek badallan menni.“
    Ich übertrage dir die Thronnachfolge an meiner statt.
    Ihr Onkel, der König, saß auf dem Thron und wirkte elend. Er war seit Längerem schwer krank, und in den Aufregungen der letzten Zeit hatte sich sein Zustand noch verschlechtert. Seine Stimme klang schwach und besorgt, als er den Beschluss offiziell machte. „Wa ana ossaddek ala tanseebuk walley aahdi.“
    Und ich bestätige, dass du mein Erbe sein sollst.
    Shehab kniete vor seinem älteren Bruder nieder und streckte beide Hände aus, die Handflächen oben. Es war die Geste, um das juwelenbesetzte Schwert der Thronnachfolge zu empfangen. Als Shehab die schwere Waffe auf seinen Händen spürte, war es, als ob das Gewicht der ganzen Welt auf ihm lastete.
    Und in gewisser Weise war es auch so. Das Schicksal des Landes Judar ruhte nun schwer auf seinen Schultern. Der Stahl war kalt und schien sich dennoch in seine Handflächen einzubrennen.
    Ya Ullah. Es geschah tatsächlich.
    Noch vor ein paar Tagen hatte er sich ausschließlich um sein milliardenschweres Informationstechnik-Unternehmen gekümmert. Das war sein Beitrag dazu, seinem Land auch im Bereich moderner Technologien einen Platz an der Welt-spitze zu sichern. An den Thron hatte er keinen Gedanken verschwendet. Es gab ja einen anderen – seinen Bruder –, der ihn dereinst übernehmen sollte.
    Doch dann hatte sich von einem Tag auf den anderen alles geändert.
    Davor hatte Shehab die Freiheit besessen, sein Leben zu führen, wie er wollte. Jetzt musste er die Thronfolge antreten und damit auch eine ungeheure Verantwortung übernehmen. All das war durch wenige Worte besiegelt worden.
    Jetzt war er der Kronprinz von Judar, der zukünftige König des Landes.
    Falls es in Zukunft noch ein Judar geben würde, in dem er herrschen konnte. Falls es noch einen Thron gab, auf dem er Platz nehmen konnte.
    Nichts war mehr sicher.
    Alles hing davon ab, dass er die Abmachung erfüllte, die mit den Al Shalaans getroffen worden war, dem zweitmächtigsten Stamm Judars, der einflussreichsten Minderheit.
    Und dafür musste Shehab eine Frau heiraten, die er noch nie gesehen hatte.

1. KAPITEL
    Heiß wie die Hölle, kalt wie das Grab.
    Diese Redensart seines Heimatlandes ging Shehab nicht aus dem Kopf. Er sah sich im Festsaal um, wo sich die Gäste während des Kostümballs amüsierten.
    Immer noch keine Spur von der Frau, auf die er wartete.
    Das Orchester spielte Mozart, aber ihm ging immer nur dieser Spruch durch den Kopf: Heiß wie die Hölle, kalt wie das Grab.
    Irgendjemand hatte irgendwann noch hinzugefügt: „Unersättlich wie der Tod.“
    All das sollte auf die Frau zutreffen, die er immer noch nicht persönlich kannte.
    Beschreibungen, die sich fast wie Adelstitel anhörten. Wie die Adelstitel, die er von Geburt an trug. Scheich Al Masud. Königliche Hoheit. Und jetzt sogar: Ihre Hoheit, der Kronprinz.
    Ihre Attribute, so hieß es, hatte die Frau sich allerdings redlich verdient.
    Und von Shehab wurde erwartet, dass er sie heiratete.
    Und man erwartete es nicht nur von ihm, er würde es auch tun. Er musste es tun.
    Alles in ihm zog sich zusammen. Er biss die Zähne zusammen.
    Ya Ullah.
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