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Die Zeit der Katzenpfoten

Die Zeit der Katzenpfoten

Titel: Die Zeit der Katzenpfoten
Autoren: Frederik Pohl
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einem riesigen Wesen in orangefarbenem Trikot fest, einem Mann, der, wie ihm jemand erzählt hatte, gerade erst vom Mars zurückgekommen war und mit der noch ungewohnten Schwerkraft der Erde sehr zu kämpfen hatte. Alle lachten. Viele schienen über Forrester zu lachen, vielleicht über seine ungeschickten Versuche, den Tanzschritt nachzuahmen, aber er selbst lachte lauter als alle anderen.
    Das war so ziemlich das letzte, woran er sich erinnerte. Es gab einiges Geschrei darüber, was man jetzt mit ihm anfangen solle; einer schlug vor, ihn zu ernüchtern, ein anderer widersprach, es folgte eine lange Debatte unter vielem Gekicher, und die ganze Zeit über nickte er selig vor sich hin wie ein Chinese mit Wackelkopf. Er konnte sich noch undeutlich daran erinnern, daß das Mädchen ihn über eine leere Straße geführt hatte, zwischen hohen, dunklen, monumentalen Bauwerken hindurch, während er krakeelte und dem Echo etwas vorsang. Er wußte auch noch, daß er das Mädchen geküßt und daß ein Spritzer irgendeiner aphrodisischen Flüssigkeit aus ihrem Joker ihn mit einer sonderbaren Mischung von Begierde und Furcht erfüllt hatte. Aber wie er in sein Zimmer und in sein Bett gekommen war, das wußte er nicht mehr.
    Als er am anderen Morgen aufwachte, war er voller Energie, ausgeruht, springlebendig und allein.
     
     

2
     
    Das ovale Bett, in dem Forrester erwachte, war elastisch und angenehm warm. Es weckte ihn mit einem leisen besänftigenden Schnurren. Als er anfing sich zu regen, hörte das schnurrende Geräusch auf, und die Fläche unter seinem Körper begann sanft seine Muskeln zu kneten. Lichter gingen an. Man hörte den entfernten Klang einer lebhaften Musik, ähnlich einem Zigeunertrio. Forrester reckte sich, gähnte, untersuchte mit der Zunge seine Zähne und richtete sich auf.
    »Guten Morgen, Mensch-Forrester«, sagte das Bett. »Es ist acht Uhr fünfzig, und Sie haben für neun Uhr fünfundsiebzig eine Verabredung. Wünschen Sie, daß ich Ihnen jetzt Ihre Anrufe durchgebe?«
    »Jetzt nicht«, sagte Forrester sofort. Hara hatte ihm von dem sprechenden Bett erzählt, und es erschreckte ihn nicht. Es war eine Annehmlichkeit, keine Bedrohung. Es war einfach ein weiterer erfreulicher Bestandteil dieser sehr erfreulichen Welt.
    Forrester, der siebenunddreißig Jahre alt gewesen war, als er verbrannte, und dies noch immer als sein augenblickliches Alter betrachtete, zündete sich eine Zigarette an, überdachte seine Lage und kam zu dem Schluß, daß sie mit der keines anderen siebenunddreißigjährigen Mannes in der Geschichte der Welt zu vergleichen war. Er hatte es geschafft. Leben. Gesundheit. Angenehme Gesellschaft. Und eine Viertelmillion Dollar.
    Ganz so einmalig, wie er glaubte, war er natürlich nicht. Aber er hatte noch nicht einmal ganz die Tatsache verkraftet, daß er selbst tot gewesen und nun ins Leben zurückgekehrt war, von Millionen anderen Menschen, denen es genauso ging wie ihm, ganz zu schweigen. Er fühlte sich einmalig. Und es war ein sehr gutes Gefühl.
    »Ich habe soeben eine weitere Nachricht für Sie erhalten, Mensch-Forrester«, sagte das Bett.
    »Das kann warten, bis ich meinen Kaffee getrunken habe«, sagte Forrester.
    »Wünschen Sie, daß ich Ihnen eine Tasse Kaffee schicke?«
    »Weißt du was? Du bist ein Quälgeist. Ich werde dir schon sagen, was ich will, wenn es soweit ist.«
    In Wirklichkeit, auch wenn er sich selbst nicht darüber klar war, wollte Forrester noch ein Weilchen das Gefühl genießen, keinerlei Verpflichtungen zu haben. Es war wie eine Befreiung. Er fühlte sich an die erste Woche seiner Grundausbildung beim Militär erinnert, als ihm plötzlich aufging, daß es eine schwere und eine leichte Möglichkeit gab, den Drill hinter sich zu bringen, und daß die leichte – die einfach darin bestand, keinerlei eigene Entscheidungen zu treffen und nicht die Spur von Initiative zu zeigen – aus der ganzen Ausbildungszeit etwas so Harmloses wie einen ziemlich ausgedehnten Aufenthalt in einem etwas primitiv ausgestatteten Ferienlager für Erwachsene machte.
    Hier allerdings waren die äußeren Umstände gera dezu luxuriös. Aber das Prinzip war das gleiche. Er brauchte an keine Verpflichtungen zu denken. Er hatte keine Verpflichtungen. Er brauchte sich keine Gedanken darüber zu machen, ob die Kinder auch rechtzeitig in die Schule kamen, denn er hatte keine Kinder mehr. Er brauchte sich nicht den Kopf darüber zu zerbrechen, ob seine Frau genug Geld hatte, um den Tag über
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