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Die Zahlen Der Toten

Die Zahlen Der Toten

Titel: Die Zahlen Der Toten
Autoren: Linda Castillo
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wieder gut«, sagte er.
    »Versprich es mir«, flüsterte sie.
    »Ich verspreche es.« Als er sie in die Arme nahm, zerbrach sie in tausend Stücke.

37. Kapitel
    Schnee glitzert unter einem strahlenden Januarhimmel. Die Einwohner von Painters Mill tauchen aus ihren Häusern und Geschäften auf wie vorsichtige Tiere nach einem langen Winterschlaf. Gehwege werden freigeschaufelt und Windschutzscheiben vom Eis befreit. Ein großer John-Deere-Traktor räumt den Schnee im Verkehrskreisel. Ich kann den Duft der Donuts aus der Bäckerei Butterhorn unten in der Straße riechen.
    Drei Autos sind auf den Stellplätzen vor dem Polizeirevier geparkt. Ich kenne sie alle. Mein reservierter Platz ist frei, als würde ich erwartet. Ich lenke den Wagen darauf und stelle den Motor ab. Seit meiner Wiedereinsetzung als Chief of Police bin ich zum ersten Mal wieder hier – und maßlos froh. Was aber nicht heißt, dass ich keine gemischten Gefühle habe, wenn ich daran denke, was mich drinnen erwartet.
    Zwei Tage sind vergangen seit meinem Martyrium im Farmhaus. Seither habe ich jedes grauenhafte Detail tausendmal wiedererlebt. Aber ich weiß, es hätte schlimmer kommen können. Dass ich Glück habe, noch am Leben zu sein.
    Nathan Detrick hat seine Schusswunden überlebt. Er wurde gestern in ein Krankenhaus in Columbus verlegt und dort operiert. Sein Zustand ist stabil, hieß es heute Morgen, und laut Aussage der Ärzte wird er überleben. Die Tatsache, dass er vor Gericht gestellt und ins Gefängnis kommen wird, sollte mich trösten. Ich glaube allerdings nicht, dass die Welt ein besserer Ort ist, wenn er hinter Gittern sitzt.
    Das FBI und BCI haben begonnen, unaufgeklärte alte Fälle unter die Lupe zu nehmen, angefangen mit den Tanana-River-Morden in Alaska. Heute Morgen hat mich der Ermittlungsleiter, ein altgedienter Agent namens Dave Davis, informiert, dass er auch ähnliche Verbrechen sowie Vermisstenmeldungen für den Zeitraum überprüfen will, als Detrick Polizist in Dayton war. Bis jetzt hat der ehemalige Sheriff die Tötung von dreißig Frauen in den letzten fünfundzwanzig Jahren gestanden, aber niemand weiß, ob das wirklich stimmt.
    Der Notarzt im Pomerene Hospital hat gesagt, dass ich außer ein paar Blutergüssen und Fleischwunden keine Verletzungen davongetragen habe. Es sind die anderen, die unsichtbaren Wunden, die mir zu schaffen machen. Die Flashbacks sind schlimm, die Albträume noch schlimmer. Der Arzt meint, das seien normale psychische Reaktionen auf das Trauma, das ich erlebt habe. Er hat mir einen Therapeuten in Millersburg empfohlen und versichert, dass die Albträume mit der Zeit verblassen. Ich hoffe, er behält recht.
    John Tomasetti ist an jenem ersten Tag bei mir geblieben, wobei ich die meiste Zeit ruhiggestellt war und gegen den Schlaf angekämpft habe. Er hat Suppe gekocht und Kaffee gemacht und mir den Wodka verweigert, den ich verlangte, hat mit mir geredet, wenn ich es brauchte. Als ich ihm für die Rettung meines Lebens danken wollte, meinte er, ich würde gerade einen Fall von Heldenverehrung durchleiden, was sich in ein paar Tagen wieder legen würde. Ich habe keine Ahnung, wie es mit unserer Beziehung weitergehen wird. Doch eines weiß ich sicher: Er wird immer mein Freund sein.
    An der Tür des Polizeireviers überkommen mich Zweifel. Ich bin zwar nicht übertrieben eitel, doch die Blutergüsse in meinem Gesicht und am Hals sehen furchtbar aus. Ich habe mir Mühe gegeben, sie zu überschminken, habe auf dem Gebiet aber wenig Talent. Zudem kann auch das Zeug in den Tiegeln und Töpfchen nun mal keine Wunder vollbringen. Meine Lippe wurde mit drei Stichen genäht und ist auf die doppelte Größe angeschwollen. Doch das versuche ich zu vergessen, als ich die Tür aufmache und eintrete.
    Mona sitzt in der Telefonzentrale, das Headset auf den Ohren und den Blick auf den Bildschirm gerichtet. Als die Türglocke bimmelt, sieht sie auf, und ein Lächeln überzieht ihr Gesicht. »Chief!«
    »Ich hab Sie doch nicht etwa beim Arbeiten erwischt?«, frage ich.
    Sie errötet, steht auf und kommt um den Schreibtisch herum. »Ehrlich gesagt sind’s Hausaufgaben. Sorry.« Ich verkneife mir einen Schmerzenslaut, als sie mich in die Arme nimmt und drückt. »Mensch, wir sind alle so froh, dass Sie wieder da sind. Herzlich willkommen.«
    »Sind die Presseleute schon aufgetaucht?«, frage ich.
    »Heute Morgen haben ein paar angerufen. Die meisten wollen Sie interviewen. Ich hab ihnen schonend beigebracht, dass
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