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Die Zahlen Der Toten

Die Zahlen Der Toten

Titel: Die Zahlen Der Toten
Autoren: Linda Castillo
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Energieversorgern, bedeutungslose Formulare und Garantiebescheinigungen. Als Nächstes öffnete er die Schuhschachtel und fand Fotos. Hunderte. Von Leichen. Mordopfern. Selbstmördern. Schrecklichen Unfällen. Allen war eines gemeinsam: sie zeigten Gewalt.
    John nahm einen der Tupperware-Behälter und öffnete ihn. Er enthielt einen Damenschlüpfer. Im nächsten fand er einen schwarzen BH . Eine dünne
Kappe,
so wie Amisch-Frauen sie trugen. Souvenirs, wurde ihm klar. »Großer Gott.« Doch nichts davon führte ihn zu Kate.
    Er ging zur Tür und hätte Lora dabei fast umgerannt. »Ich habe in Nathans Büro angerufen«, sagte sie. »Sie wissen nichts davon, dass er vermisst wird. Ich hab gesagt, was Sie hier machen. Sie sind auf dem Weg hierher.«
    »Wenn Detrick in Schwierigkeiten wäre, wohin würde er gehen?«
    »Ich habe Ihnen nichts mehr zu sagen.«
    Er verlor die Selbstkontrolle und packte sie an den Schultern, drückte sie an die Wand. »Wenn ich ihn nicht finde, bringt er wieder jemanden um. Also, wo ist er?«
    »Jemanden umbringen?« Sie starrte ihn mit offenem Mund an. »Sie sind ja verrückt! Nate würde nie jemandem etwas antun! Er ist Polizist! Das würde er nicht tun!«
    »Das hat er schon getan!«, schrie John. »Gibt es irgendeinen Ort, wo er allein hingeht?«
    »Er hat so was nie erwähnt.«
    »Hat er eine Hütte? Oder was Ähnliches?«
    »Ich weiß es nicht!«
    Er versuchte, seine Fassung wiederzuerlangen, ließ sie los und trat ein paar Schritte zurück. Sekundenlang starrten sie sich an, dann machte John kehrt, rannte die Treppe hinunter ins Erdgeschoss und zur Tür hinaus zu seinem Wagen. Als er hinterm Steuer saß, zitterte er am ganzen Leib.
    Er griff zum Handy und rief Glock an. »Detrick ist unser Mann.«
    »Woher –«
    »Ich war gerade bei ihm zu Hause. Hab mich im Arbeitszimmer und auf dem Boden umgesehen. Er hat Souvenirs behalten.«
    »Mein Gott, Tomasetti.«
    »Wo sind Sie?«
    »Im Norden von Painters Mill. Ich hab zwei Farmen auf der Liste überprüft, lauter Nieten.«
    »Sie kann überall sein.« John nahm die Liste der leerstehenden Grundstücke von der Konsole. »Wir müssen sie finden, Glock. Sie ist in Gefahr.« Er ließ den Motor an und fuhr los. »Wo soll ich hin?«
    »Es gibt ein verlassenes Motel in der Nähe der Route  62 stadtauswärts von Millersburg. Ich bin auf dem Weg dahin. Sie sind näher bei Killbuck. Da ist ein Haus, das auch auf der Liste steht.«
    John sah auf die Liste, frustriert, weil er die Gegend nicht kannte. »Verdammt noch mal, wir brauchen mehr Leute.«
    »Pickles und Skid suchen auch. Wir finden sie.«
    John beendete das Gespräch und bog auf die State Route 754 ab. Die Gemeinde Killbuck kam als Nächstes, und kurz dahinter lag das verlassene Haus. Auf den zugeschneiten Straßen ging es quälend langsam voran, und die Sicht war schlecht. Selbst die Telefonmasten und Straßenschilder waren verschwunden. In ein paar Stunden würde hier gar nichts mehr gehen.
    Mit zusammengekniffenen Augen sah er hinaus in den dicht fallenden Schnee. »Wo bist du, Kate?«, flüsterte er.
    Doch als Antwort hörte er nur das gleichförmige Hin und Her der Scheibenwischer und das Echo seiner eigenen Angst.

35. Kapitel
    Ich sehe ihm dabei zu, wie er mir die Stiefel auszieht. Draußen wütet der Schneesturm und lässt das alte Haus ächzen und stöhnen. Obwohl der Heizofen auf Hochtouren läuft, ist der Raum kalt. Meine Arme und Beine zittern unkontrolliert. Ich weiß nicht mehr, ob vor Kälte oder dem Grauen, das mich erfüllt. Ich denke an das letzte Gespräch mit John und frage mich, ob er mir das mit Detrick geglaubt hat. Ob er mich sucht. Ob
irgendwer
mich sucht. Oder ob ich genauso enden werde wie die anderen Frauen.
    Detrick stellt meine Stiefel beiseite und blickt mich an. Selbst in dem düsteren Licht sehe ich den Hunger in seinen Augen brennen, leuchtend und heiß. Ich bin so angewidert, dass mein Magen rebelliert.
    »Du zitterst ja«, sagt er. »Das gefällt mir. Das gefällt mir sogar sehr.«
    Ich sehe ihm direkt in die Augen, will meine Wut heraufbeschwören, denn alles ist besser als diese Angst, die mich lähmt. »Du warst das an dem Abend im Wald, stimmt’s?«
    »Ich hatte ihren Schlüpfer verloren, war mir glatt aus der Hosentasche gefallen.« Er grinst. »War ziemlich knapp, was?«
    »Warum machst du das?«
    Die Frage scheint ihn zu amüsieren. »Meine Mami war nicht gemein zu mir, und mein Daddy hat mich nicht vergewaltigt, falls du das meinst.«
    »Ich will
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