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Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Titel: Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras
Autoren: Jules Verne
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Erste Abtheilung.
Die Engländer am Nordpol.
Erstes Capitel.
Der Forward.
    »Morgen bei fallender Fluth wird die Brigg Forward, Kapitän
K. Z.
, Lieutenant Richard Shandon, von New-Prince’s-Docks abfahren. Bestimmung unbekannt.«
    So las man im »Liverpool-Herald« am 5. April 1860.
    Für einen der ersten Handelshäfen Englands ist die Abfahrt einer Brigg ein unbedeutendes Ereigniß, das inmitten der Schiffe jeder Größe und jeder Nationalität kaum bemerkt wird.
    Dennoch fand sich am 6. April vom frühen Morgen an eine ansehnliche Volksmenge auf den Quais der New-Prince’s-Docks ein. Die unzählbare Corporation der Seeleute der Stadt schien sich da ein Rendezvous zu geben. Die Arbeiter der benachbarten Werfte verließen ihr Tagewerk, die Kaufleute ihre düsteren Comptoire, ihre unbesuchten Gewölbe. Die bunten Omnibus, welche längs der äußern Mauer der Bassins fahren, brachten jede Minute eine Ladung Neugieriger; die Stadt schien nur einen einzigen Gedanken zu haben: der Abfahrt des Forward beizuwohnen.
    Der Forward war eine Brigg von hundertundsiebenzig Tonnen Gehalt, ein Schraubendampfer von hundertundzwanzig Pferdekraft. Bot er auch den Augen des Publicums nichts außerordentliches dar, so nahmen doch Kenner einige Besonderheiten wahr, welche jeder Seemann verstand.
    Daher machte sich auch eine Gruppe Matrosen an Bord des in der Nähe ankernden Nautilus über die Bestimmung des Forward allerhand Vermuthungen.
     

    »Was soll man, sagte einer, von diesen Masten denken? es ist doch nicht gebräuchlich, daß Dampfschiffe so viel Segel haben.
    – Das Fahrzeug muß, erwiderte ein Bootsmann mit breitem, rothem Gesicht, sich mehr auf seine Masten als seine Maschine verlassen wollen, und wenn es so stark in hohen Segeln ist, so geschah es wohl deshalb, weil die niedrigen oft maskirt sein werden. Darum glaub’ ich sicher, daß der Forward für die Nord-oder Süd-Polarmeere bestimmt ist, wo die Eisberge den Wind mehr hemmen, als es einem tüchtigen Schiffe paßt.
    – Sie sollen Recht haben, Meister Cornhill, versetzte ein dritter Matrose, haben Sie auch bemerkt, wie dieser Vordersteven gerade auf’s Meer fällt?
    – Und dazu, sagte Meister Cornhill, ist er mit einer Schneide von Gußstahl versehen, die scharf wie ein Rasirmesser ist, und einen Zweidecker entzweischneiden kann, wenn der Forward mit aller Kraft von der Seite her auf ihn eindringt.
    – Sicherlich, erwiderte ein Lootse des Mersey, denn diese Brigg fährt mit ihrer Schraube hübsch vierzehn Knoten in der Stunde. Es war zum Staunen, wie sie bei der Probefahrt die Strömung durchschnitt. Glauben Sie mir, es ist ein seiner Segler.
    – Und ebenso ist sie mit ihren Segeln nicht in Verlegenheit, fuhr Meister Cornhill fort; sie fährt stracks in den Wind und ist leicht mit der Hand zu lenken. Und noch etwas besonders! Haben Sie das weite Hennegat seines Steuerruders bemerkt?
    – Wahrhaftig, so ist es, erwiderten die anderen, aber was ist daraus abzunehmen?
    – Es beweist dies für’s erste, Ihr lieben Bursche, versetzte der Meister mit Selbstzufriedenheit, daß Ihr weder zu sehen noch zu denken versteht; es ist daraus abzunehmen, daß man dem Kopf des Steuers Spielraum geben wollte, um leichter seine Stelle zu ändern. Sie wissen wohl nicht, daß dies Manoeuvre zwischen den Eisblöcken oft vorkommt?
    – Vortrefflich geurtheilt, erwiderten die Matrosen des Nautilus.
    – Und zudem, fuhr der eine von ihnen fort, wird die Meinung des Meister Cornhill durch die Ladung der Brigg bestätigt. Ich weiß es von Clifton, der unerschrocken Theil nimmt. Der Forward nimmt für fünf bis sechs Jahr Lebensmittel und dem entsprechend Kohlen mit. Die ganze Ladung desselben besteht aus Kohlen und Lebensmitteln, nebst einem Pack wollener Kleidung und Robbenfellen.
    – Ah! Dann ist auch nicht mehr daran zu zweifeln, sagte Meister Cornhill; aber kurz, mein Freund, da Du Clifton kennst, hat denn der nichts von seiner Bestimmung gesagt?
    – Er konnte mir nichts sagen, weil er’s nicht weiß; darauf ist die Mannschaft geworben. Wohin es geht, soll man erst erfahren, wenn man an Ort und Stelle ist.
    – Und auch, erwiderte ein Ungläubiger, wenn sie zum Teufel gehen, wie mir es ganz den Anschein hat.
    – Aber auch was für ein Sold! fuhr Clifton’s Freund lebhaft fort, welch’ hoher Sold! Fünfmal höher, als der gewöhnliche. Ah! Sonst hätte Richard Shandon Niemand gefunden, der unter solchen Bedingungen sich hätte werben lassen! Ein Fahrzeug von auffallendem
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