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Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Titel: Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman
Autoren: Jeannine Meighörner
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Kaisergrab-Colin aus einem Block weißen Tiroler Marmors herausmeißeln. Feinster Laaser Mamor. Sie scheint zu einer Wolke erstarrt.
    Zwei Jahre zuvor schon hatte er die Silberne Kapelle als ihre gemeinsame Grablege bestimmt.
    Einhundertfünfunddreißig Pfund Elfenbein und drei Zentner Ebenholz waren bestellt worden und Hofgoldschmied Anton Ort war eine passable Silbermadonna gelungen. Ein vergleichsweise diskretes Ewigkeitsschlafzimmer für Verliebte, nur wenige Stufen vom üppigen Kaisergrabmal entfernt.
    Die Loxan ließ Ferdinand unter der Stiege zur Silbernen Kapelle begraben. Nicht zu Unrecht, denn jahrelang musste jeder, der zu Philippine vordringen wollte, an der wehrhaften Tante vorbei.
    Zwei Jahre nach Philippines Tod erleben wir Ferdinand erneut als Bräutigam. Einen feuervergoldeten Hochzeitsharnisch ließ er sich von feinster Hand schmieden mit einem grün befederten Drachenhelm. Wiedergeboren als trojanischer Äneas. Hatte der doch auch seine Gemahlin verloren und fand eine neue, die er schleunigst zu schwängern gedachte.
    Ja, mein Herr fühlte sich wie der Stammvater Roms. Jetzt ging es darum, viele Nachkommen zu zeugen, respektable Nachkommen, respektable Söhne, respektable Erzherzöglein.
    Er bemühte sich redlich, der dickliche Erzherzog. Ich erspare es ihm und uns, das auffallend bauchige Seitenprofil seiner neuen Heldenverkleidung näher auszuführen.
    Bemühen: Das ist das rechte Wort für die Ehe mit der kleinen Gonzaga. Anna Caterina, kaum sechzehn Jahre alt, begegnete den dynastischen Zudringlichkeiten ihres dreiundfünfzigjährigen Onkels mit Frömmigkeit.
    Philippines Kritiker hingegen waren geradezu entzückt. Die Jesuiten feierten Dankgottesdienste in Innsbruck und die Tiroler Landstände überbrachten dem Paar einen goldenen Hochzeitspokal, fast so groß wie die Braut selbst.
    Die Feierlichkeiten waren eine deutsch-italienische Explosion an Pracht. Der Brautvater und Ferdinand im Überbietungsrausch.
    Da die junge Braut nicht in Ambras wohnen wollte und die Hofburg ihr zu unwohnlich erschien, ließ Ferdinand die Ruhelust im Hofgarten zu einem Schloss erweitern und mit den für italienische Prinzessinnen üblichen Belustigungen versehen, mit dem Resultat, dass die Ausgaben für die Hofhaltung um mehr als das Doppelte hochschnellten.
    Ein Jahr nach der Vermählung gebar die kleine Gonzaga ein Mädchen, das nach einem halben Jahr verstarb. Dann noch eine Tochter. Der Taufakt für die kleine Maria wurde mit großen Festlichkeiten begangen.
    Hinter den Kulissen flehten die Mutter und deren Mutter jedoch jeden Tag auf Knien zum Himmel, dass er ihnen einen Sohn und Enkel schenken möge. Der schenkte ihnen noch Anna – und ließ es damit bewenden.
    Ferdinand bekam seinen Sohn dennoch, wenn auch von der Frau des Burghauptmanns der Hofburg Lidl. Es hieß, sie habe den Erzherzog verzaubert.
    Verzaubert haben ihn noch viele, sagt der Zwerg. Dafür brauchte es wenig Magie. Die derbe Sinnlichkeit Ferdinands wurde von der Reife seiner Jahre kaum gebremst.
    Der Beichtvater der kleinen Gonzaga führte seine Affären auf Versuchungen des Satans zurück. Sie müsse sich noch fleißiger in ihrem Glauben üben, um den Gatten zu erlösen.
    Sie gründete das Innsbrucker Servitenkloster, holte Kapuziner in die Stadt, stiftete den Bau des Lorettokirchleins und der Siebenkapellenkirche, veranstaltete Bittprozessionen, machte Pilgerfahrten, sammelte teuerste Reliquien – und ihr Mann ging fremd.
    Die kleine Gonzaga konnte Ferdinand weder fesseln noch ihm Schranken setzen. Was ihrer Vorgängerin gelungen war.
    Bald fehlten auch mir Philippines mäßigende Hände. Und das strenge Regiment der Loxan.
    Ich fand wieder Spaß am Tyrannisieren, was wiederum meinen Herrn ergötzte. „Ganz mein alter Thomele“, goutierte er jeden Streich. Den italienischen Hofdamen der Gonzaga streute ich Juckpulver aus Hagebutten ins Bett und präparierte ihre steifen Gewandkrägen damit.
    Einer königlichen Delegation aus Spanien goss ich Schellkrautsud in den Honigwein, so dass sie vor lauter Diarrhö sich um das Aushäusl schlugen. „Die haben mir meinen Karl nicht als Feldherr genommen, sollen sie scheißen gehen, die feinen Escorialer samt ihrer Inquisition“, sagte mein Herr.
    Ich pöbelte, zechte, feierte und verirrte mich zu Huren. Nun, ihr wisst, dass ein Zwerg sich nie wirklich verirrt.
    Einmal wollte die kleine Gonzaga aus Ruhelust fliehen. Zu wenig Ruhe, zu viel Lust seien darin. Über ihren eigenen Plan entsetzt,
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