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Nackt schlafen ist bio

Nackt schlafen ist bio

Titel: Nackt schlafen ist bio
Autoren: Vanessa Farquharson
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EINLEITUNG
    Wir sollten mit der Erde pfleglich umgehen. Wir sollten verantwortungsbewusst leben. Wir sollten die Glühbirnen gegen Energiesparlampe
    n austauschen, nach Möglichkeit einen Komposthaufen anlegen und Fahrradwege bauen.
    Wenn es um die Öko-Bewegung geht, reden alle – von Politikern bis zu Musikern – darüber, was getan werden sollte . Aber anscheinend verliert nie jemand ein Wort darüber, was das konkret heißt.
    Klar, lasst uns alle anfangen zu kompostieren – aber kann mir mal einer verraten, wie man in einer 65-Quadratmeter-Wohnung mit offener Küche vergammelnde Gemüseabfälle und geschreddertes Zeitungspapier samt Würmern unterbringen soll? Klar ist es wichtig, regionale Bio-Produkte zu kaufen, aber was soll man machen, wenn man im Supermarkt nur die Wahl hat zwischen einem pestizidverseuchten Royal Gala aus der Region und einem Granny Smith aus biologisch-dynamischem Anbau, der aus Neuseeland eingeflogen worden ist? In Zeitschriften, auf Websites und in Talkshows kursieren alle möglichen Öko-Checklisten, die die meisten Leute schon auswendig aufsagen können und die in der Regel so beginnen: »Steigen Sie auf Energiesparlampen um!«
    Aber geben die nicht ein ziemlich hartes Licht? Und wie ist das mit all dem Plastik, in das sie verpackt sind? Und was, wenn die Hälfte der Lampen in Ihrem Haus für Halogenleuchten gemacht sind? So mancher ökologische Ansatz wird durch unbrauchbare Ratschläge im Keim erstickt oder durch leere Versprechungen, wonach umweltfreundliches Verhalten ganz einfach sei, Spaß mache und voll im Trend liege, oder indem man Konzerne, Regierungen oder die Öffentlichkeit anklagt, die für die Rettung unseres Planeten zuständig seien, und dabei über den drohenden Untergang lamentiert.
    Es reicht. Es ist Zeit, mit all dem Gerede aufzuhören und etwas zu tun – irgendwas.
    Das wurde mir im Februar des vergangenen Jahres klar, und ich beschloss, dass »etwas tun« in meinem Fall bedeutete, erst einmal meine Kündigung einzureichen. Schluss damit, in einer Box im Großraumbüro zu sitzen, die Pampe aus der Kantine zu essen und auf einen Computerbildschirm zu glotzen. Ich würde meinen Job als Journalistin im Feuilleton der National Post aufgeben und in ein exotisches Land wie Kambodscha oder Sri Lanka ziehen, um gemeinnützige Arbeit zu leisten, vorzugsweise in einem Heim für verwaiste Elefantenbabys oder einer ruhigeren Sektion des World Wildlife Fund.
    Leider musste ich ziemlich schnell feststellen, dass solche Organisationen eher »Projektmanager/in mit Berufserfahrung« suchten als eine verbitterte Exjournalistin, deren Fachkenntnisse sich auf CuteOverload.com und andere tierfreundliche Websites beschränkten. Ich war zwar zuversichtlich, mit der Zeit ein Projekt leiten zu können – immerhin hatte ich fast alle Folgen von Big Boss gesehen und gut dabei aufgepasst –, aber das würde anderen Leuten wohl nicht so leicht zu vermitteln sein. Also hakte ich die Idee mit dem Tierschutz ab.
    Stattdessen wandte ich mich der Ernährung zu. Vielleicht könnte ich gegen freie Kost und Logis auf einem Bio-Bauernhof im nördlichen Ontario arbeiten. Das wäre zwar nicht gerade weltbewegend, aber zumindest würde ich ein einfaches Leben führen und etwas über nachhaltige Landwirtschaft und bewusste Ernährung lernen.
    Andererseits muss man als Farmarbeiter zumindest Grünkohl von Mangold unterscheiden können, bereit sein, seinen morgendlichen Caffé Latte gegen einen Spaten einzutauschen, und ein paar grundlegende Dinge über Ackerbau wissen. In Anbetracht der Tatsache, dass ich es kaum schaffe, auf meinem Balkon einen Rosmarinstrauch zu ziehen, wäre ich dort wohl keine große Hilfe.
    Schließlich fiel mir etwas ein, was sich leichter umsetzen ließ:
    Was, wenn ich meinen Job doch nicht aufgab? Ich schrieb ja immerhin für eine überregionale Zeitung, und was eignet sich besser zur Verbreitung ökologischen Gedankenguts als die Medien? Zudem ist die National Post bekannt für eine ausgeprägt konservative und antiökologische Grundhaltung – in unseren Leitartikeln werden Umweltschützer regelmäßig als »Öko-Faschisten« und »grüne Gestapo« verunglimpft. Und wir haben einen Kolumnisten, der zwar am Wochenende Fahrrad fährt, und wenn er sich sein Mittagessen vom Imbissstand holt, auf Styroporverpackungen verzichtet, es sich aber anscheinend zur Lebensaufgabe gemacht hat, Al Gore zu widerlegen. Wenn ich den Herausgeber und den Chef vom Dienst irgendwie überreden
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