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Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Titel: Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman
Autoren: Jeannine Meighörner
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eigene chemische Küche in Ambras betrieb, rief verstärkt Alchemisten und Wunderheiler.
    Alles wollte Philippine wissen, um es an sich selbst auszuprobieren. So mutig war sie.
    Scheute keine Kosten bei der Zubereitung ihrer Medizin. Nehmen wir ihr Rezept für die „Monatskrankheit“, einem Weiberleiden, das ich nicht näher erläutern will:
    „Reibe nux vomica, also die gemeine Brechnuss, rote Korallen, Krebsaugen, von jedem ein Quintly. Dazu Perlen, klein gemahlen und Hirschhorn, ein Quartly. Alantwurzel und Eichenmispel, von beidem zwei Quintly. Vom getrockneten Wolfsherz ein Lot. Aus all dies mach ein Pulver und nimm es abends und morgens getrunken in Eisenhartwasser oder Lindenblütentee.“
    Ferdinands lustiger Tischrat Frank, der mit ihm in der zotigsten Sprache verkehrte, brachte es auf den Punkt:
    „Was die Staatskasse herbeischafft, gurgelt im Badwasser der Gnädigsten hinaus.“
    Zum Entsetzen von Philippine antwortete Ferdinand:
    „Was der Mann in Liebe einbringt, wäscht das Weib aus sich heraus.“ Die Doppeldeutigkeit seine Worte erfreute ihn so sehr, dass er fast daran erstickte.
    Es war Philippine, die dann seine wund gelachte Kehle mit einem warmen Trunk aus Rosensirup schmierte.
    Sie war es auch, die den Wurm, der ihn benagt hatte, bändigte. Ferdinand konnte weiter essen, trinken, jagen, herrschen, lieben und sammeln. Wie immer von allem zu viel.
    Und es war seine Liebe, die sie krank gemacht hatte.
    Für die Menschen in Tirol war sie immer noch die „Hexe von Ambras“, die „Teufelspraktikantin“, die „heilkundige Fee“, die „mildtätige Mutter Tirols“. Je nachdem, wen man fragte.
    Mir gefiel, was der englische Gesandte über sie gesagt hatte:
    „Würde die Welserin nach dem Stein der Weisen forschen, wäre sie das klügste Weib der Welt.“
    Wie konnte er auch wissen, was nur ich und die alte Loxan wussten und keiner je aussprach:
    Philippine benötigte all ihr Geld und all ihr Wissen, um am Leben zu bleiben. Was ihr immer schlechter gelang.
    Sie hatte Ferdinand jedoch so weit hingebracht, dass er in seiner Rolle zwar nicht brillierte – wie er dachte –, aber funktionierte.
    Der kunstsinnige, der friedliebende Herrscher von Tirol.
    Nun, er musste friedlich sein! Den körperlichen Strapazen eines Heerlagers war er längst nicht mehr gewachsen.
    Vor fünfzehn Jahren schon hatte er den Zug gegen Sultan Suleiman abbrechen müssen. Es war Philippine gewesen, zu der er sich fiebrig durchgeschlagen hatte, mit birnendicken Knoten in den Leisten.
    Sie hatte ihn mit ihrer Heilkunst wieder in den Hradschin gebracht und dann nach Tirol.
    Mit der unansehnlichen Pflanze, mit dem die Welser gute Geschäfte machten: dem Guajak, auch „Franzosenholz“ genannt.
    Wurde doch erzählt, Seeleute des Christoph Kolumbus hätten die Franzosenkrankheit von den Antillen nach Barcelona eingeschleppt, wo sie von Hafenliebchen auf französische Söldner übergesprungen sei. Bald raffte sie auch die feinsten Herren dahin. Ein Gruß aus der neuen Welt, die man ihrerseits mit Pestilenz aus der alten überzogen hatte.
    Ferdinand war noch ein Jüngling gewesen, als ihm eine Kurtisane dieses ungalante Andenken hinterlassen hatte. Eine Holländerin soll es gewesen sein. So hatte es Dr. Mattioli, damals noch Leibarzt des Vaterkaisers, über den jungen Prinzen notiert.
    Aber erst Philippine sollte gelingen, was keinem studierten und gut alimentierten Medikus gelungen war: Ferdinands Genesung.
    Nur ihr selbst gelang das Gesundwerden nicht.
    Jedes Kind hatte die Krankheit noch tiefer in sie hineingetragen. Die Zwillinge hatte sie dann kaum noch überlebt. So wie diese nicht zum Leben geschaffen waren.
    Freilich hielt sich Philippine oft nicht an die von Ärzten empfohlene Diät. Die hatten ihr das Sauerkraut verboten. Da sie, darin ganz deutsch, es aber so gerne aß, briet man es statt mit Schweinefleisch mit dem Fett vom Kapaun. Auch die Abendspeise – die achte Mahlzeit, kurz vor Mitternacht eingenommen, zu der man Gäste auch weckte – taten weder ihr noch ihm gut.
    Selbst unter der Woche und ohne Besuch, was selten genug vorkam, ließ sie zum Mittagsmahl in Ambras nie unter vierundzwanzig Gerichte reichen. Jost, inzwischen zum Küchenmeister aufgestiegen, kochte ihr Kochbuch hinunter und wieder hinauf: zweihundertfünfundvierzig Rezepte standen zur Auswahl, darunter sechzig Torten und manch andere Nascherei. Auch Giftbecher-Gustl als Vorkoster hatte Philippines Kochkunst manche Speckfalte zu
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