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Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Titel: Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman
Autoren: Jeannine Meighörner
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„Geliebtes Weib, ich habe dir Austern mitgebracht, Neptuns Früchte der Liebe“, gurrte er.

10
    Ein Neuanfang in Tirol. Lange hatte ich davon geträumt. Selbst die Mutter und die Tante hatten diesen Sprung gewagt.
    So viel Hoffnung lag in dieser Bergschönheit. Klare Gedanken, klare Luft.
    Zauberhaft ist dieses Ambras. Ähnlich groß wie Bürglitz, lieblicher jedoch.
    „Als meine Heimat für immer“, hat Ferdinand mir dieses Kleinod geschenkt.
    Der Großzügige, der zu Großzügige.
    Vieles lässt er dem Bergadel durchgehen, des lieben Friedens willen. „Sie sind so stur, wie die Massen aus Stein, aber wenn sie dich lieben, dann mit der Macht von Lawinen“, sagte er.
    Seit meiner Ankunft überschütten sie mich mit Häme und Hass.
    War ich in Böhmen nur ein Fürstenliebchen, bin ich jetzt noch die Hex.
    „Die Fleisch gewordene Zersetzung von Moral und Andacht“, wie es in Innsbruck gepredigt worden war.
    So sehen ihre Lawinen aus. Ihre Unterstellungen haben eine Schärfe, die ich von Böhmen noch nicht kannte.
    „Es ist die Weltunerfahrenheit, die aus ihnen spricht, befeuert durch ihr gläubiges Herz“, wiegelte Ferdinand ab.
    Ich bin eine gute Katholikin, doch ist die Loxan weniger, wenn sie den gleichen Gott anders verehrt?
    „Das Paradies öffnet sich nur dem Lachenden“, sagen sie hier.
    Dem, der über dich lacht, oder dem, den sie verlachen?
    Seit bekannt wurde, dass ich die rechte Gemahlin bin – „keine fleischliche Unzucht begehe“, wie die Jesuiten meinten –, weht noch mehr Gegenwind aus der Stadt heraus.
    Zwei Jahrzehnte hatte ich die Wahrheit herbeigesehnt.
    Und nun drängen die Jesuiten und die sturen Landstände auf die Annullierung der Ehe: Man wolle nicht an Österreich zurückfallen, war der letzte Kaiser ein Protestantenhutscher, sei der jetzige ein Alchemist.
    Nicht die kleinen Leut sind die Trompeter des Unheils. Nicht mehr, seit viele unter meinen Händen gesundeten.
    Die Selbstgerechten trompeten jetzt vor Jericho:
    „Die göttliche Zorn-Rute schwingt der Allmächtige gegen die Dahergelaufene und gegen das tierlich kleine Monstrum“, schimpfte erst gestern ein Gottesmann.
    Gibt es die Heiterkeit des Herzens in Tirol nur beim Wein?

Innsbruck 1580 Himmel und Erde liegen auf mir
    In ihrem vierzigsten Jahr wurde Philippine kränklich. Vor allem dort, wo eine Frau nie krank werden sollte für ihren Mann.
    Als es ihr noch besser ging, hatte sie einmal mehr im böhmischen Karlsbad Linderung gesucht. Als sie es dorthin nicht mehr schaffte, machte sie Ambras zu ihrem Hospital.
    Fast täglich badete sie ihren Schoß in ihrer riesigen Wanne. Nein. Bis zur Schmerzgrenze gesotten hat sie sich: in Arnika und Kamille, die die Kupferplatten mit gelblichem Brei verschmierten, oder in Liebstöckel und Bertramwurzeln, grobes Zeug, das die Abflüsse verstopfte.
    Sogar in Goldwasser badete sie, mit Zimtrinde beduftet.
    Die Mägde klagten über lahme Rücken. Endlos Wasser schleppen, endlos Brennholz herbeischaffen, denn der Ofen fraß Holz wie die Rinder das Heu. Hundert Eimer Wasser mussten es sein für eine Unterleibstortur.
    Der Aufwand war noch billig, verglichen mit den Büchern. Unzählige Bände über Botanik und die Heilkraft der Pflanzen, die Philippine von überall beschaffen ließ: etwa das „Heilkundliche Herbarium“ von Hieronymus Bock, ein Buch, dick wie eine Truhe, oder die „Göttliche Pflanzenapotheke“ vom inzwischen verstorbenen Giuseppe Mattioli. Den treuen Wegbegleiter hatte in Triest die Pest dahingerafft.
    Auch die Schriften des streitbaren Paracelsus Theophrastus von Hohenheim kannte sie. Seine Erkenntnis, dass „all Ding Gift sei und allein die Dosis mache, ob etwas kein Gift sei“, inspirierte sie für ihr Rezeptbuch. „Des Guten zu viel, wird nimmer gut“, schrieb sie.
    Ihre persönlich Devise war: „Die Qualität macht die Wirkung.“ Ganz eine Welsertochter und eine würdige Nachfahrin des großen Bartlmä.
    Kaum ein Tag verging, wo sie nicht ihren „Gewürzgott“ erwähnte. Und die verblichene Mutter, die sie zur Heilkunst gebracht hätte.
    Dieses ständige Vermissen machte die Frau mit den schönen Nasenlöchern nicht gesünder.
    Ihre eigentliche Malaise war jedoch die ihres Schoßes. Eine feuchte Hitze köchelte in ihrem Unterleib, juckte, ja brannte bis zum Wahnsinnigwerden.
    Immer mehr Händler schafften immer mehr Pülverchen und Kuriositäten herbei. Und dies, obwohl ihr Kräutergarten Erstaunliches hervorbrachte. Ferdinand, der nach wie vor seine
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