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Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Titel: Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman
Autoren: Jeannine Meighörner
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mit dem Stock andeutend.
    Der Rat der Zehn vermied unsere Blicke, während mein Herr und Ferdinand von Bayern mühsam ein Grinsen unterdrückten.
    „Ist jede Farbe einmal vorhanden, stellt sich der nächste Zwerg in die Mitte“, der Herr von Venedig hatte wieder seine Fingerhochhalter gepackt und schob sie wie auf einem imaginären Spielbrett umher, so beherzt, dass sein Bart und sein Gewand flatterten.
    „Und der nächste schubst den immer wieder nächsten so, dass er zur richtigen Farbe gehört.“ Er schubste und kicherte vor Vergnügen.
    „Sie dürfen sich nicht verständigen, ehrwürdiger Doge. Und Schubsen wäre ein Zeichen“, sagte ich.
    „Schubsen ist ein Versehen, ein inszeniertes Versehen, wie in der Politik“, wiegelt er ab.
    Nun trieb er alle zehn Ratlosen zusammen.
    Einer wäre fast gestolpert, andere irrlichterten umher, bis ein Schlag seines Stabes sie korrigierend ausrichtete.
    Der Doge gruppierte sie zu Rauten, zu einem Oktaeder, zu einer Sternformation mit ihm als Mittelpunkt, seine Gehhilfe wie einen Marschallstab emporgereckt.
    Die Bediensteten liefen herbei und auch wir trauten unseren Augen kaum. Dieser Moses scheuchte sein Volk durch die Wüste. Nicht wie ein Prophet, wie ein aufgekratzter Hütebub, der Gänse triebt.
    Mein Herr gab mir ein Zeichen.
    „Ehrwürdiger Doge, bei allen brillanten Einfällen wurde die Schlauheit der Zwerge unterschätzt:
    Sie kommen erst bei Nacht aus der Höhle, dann sind alle Katzen und alle Mützen grau“, sagte ich.
    Der alte Mann hielt inne, schwer atmend. Schwankend. Dann brach er in schallendes Gelächter aus.
    Er ließ für uns eine Regatta ausrichten. Das schlaue Fischfutter, wie der Doge mich fortan nannte, setzte man in einer Galeere auf den Ehrenplatz.
    Dann ließ er am Markusplatz seine Kapelle aufspielen, gut fünfzig Mann.
    Unweit unserer Tribüne erblickte ich einen goldenen Galgen.
    Der sei für einen Betrüger errichtet worden, sagte man. Er hätte der uralten Großherzogin Bianca Capello versprochen, sie fruchtbar zu machen, und dafür 25.000 Scudi eingestrichen. Patriarch Antonio Grimani hätte er mit Goldmacherei zunächst begeistert und dann um viel Geld gebracht. Der hätte den Galgen mit Goldpapier bekleben und den Scharlatan aufhängen lassen. Gestern erst. Dr. Keller hätte er geheißen.
    Am sechsten Tag nach unserer Ankunft nahmen wir Abschied. Gerne hätte mein Herr die Glasbläsereien auf Murano besucht, wurde aber höflich abgewiesen. Dieses Geheimnis behielt die Serenissima für sich.
    Zum Trost ließ der Doge noch eine Komödie aufführen. Viel Liebe und viel Täuschung. Nicht halb so erheiternd, wie es der Ehrwürdige und seine Ratlosen gewesen waren.
    Wir machten einen Schwenk nach Ferrara. Wohnten im üppigen Castello Estense des Alfonso II. d’Este, einem Schwager meines Herrn. Zwar war Barbara von Österreich kürzlich kinderlos verschieden. Doch bald schon würde er sich neu vermählen. Wieder innerhalb der Familie, mit einer Nichte meines Herrn, Tochter des Hauses Gonzaga und der Eleonore von Österreich, wie der Italiener durchblicken ließ.
    Meinen Herr verband noch anderes mit Alfonso.
    „Weißt du noch, wie es gegen den alten Suleiman ging?“, so seine Begrüßung, denn beide hatten sie am Feldzug gegen die Osmanen teilgenommen.
    „Ich schon, du warst krank“, konterte der.
    „Dafür bist du nicht König von Polen geworden, so wie ich auch nicht“, sagte mein Herr und beide fielen sich lachend in die Arme.
    Es folgten unbeschwerte Tage mit Ballspiel und Jagd, unterbrochen von musikalischen Darbietungen. Auch Alfonsos beachtliche Tizian-Sammlung mussten wir bewundern und die Universität von Ferrara.
    Aus Rom traf Kardinal Andreas zur Begrüßung seines Vaters ein.
    Gemeinsam ging es weiter nach Mantua.
    Was ist die Mühsal der Berge gegen die Langweile der Ebene?
    „In diesem hinterfotzigen Nebel verirrt man sich“, schimpfte mein Herr. „Keine Wintersonne, keine Gipfel zur Orientierung. Und der Nebel über diesem schlammigen Po wabert wie ein Hexenkessel.“ Falsch lag er nicht. Doch wer redet einem Kurzbeinigen das flache Land aus?
    Man denke sich einen endlosen Sumpf, mit einem Ziegelstein als Zentrale. Einen riesigen Ziegelstein mit 450 Zimmern darin, dann kennt man Mantua und den Palazzo Ducale.
    Gut, ich darf nicht klagen, wir trafen lange vor den Stechmücken ein. Auch bestand der Sumpf eher aus vier Seen, die durch die Regulierung des Flusses Mincio entstanden.
    Die Innenstadt war herrschaftlich
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