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Die Woelfin

Die Woelfin

Titel: Die Woelfin
Autoren: Vampira VA
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Einen Moment war ihm, als hörte er Stimmen aus dem Stoffsack, die wild durcheinanderschrien. Am häufigsten hörte er ihren Namen ... den Sugrivas ...
    Ihn schauderte noch stärker, während er sich ungeachtet der brennenden Schrammen wieder aufrappelte und den Beutel mit der Last schulterte, die ihm plötzlich schwerer vorkam als alles, was ein Mensch - noch dazu ein Junge seines Alters und seiner Statur -überhaupt tragen konnte.
    Aber das Gewicht, das ihn wirklich drückte, lastete anderswo.
    Auf seiner Seele.
    Immer öfter - pausenlos eigentlich - dachte er an das Mädchen, für das seit diesem Sommer sein Herz schlug. Und das ihn auch liebte.
    Der Gedanke, sie zu verlieren, war noch schrecklicher als der Moment, als er einen anderen ihm nahestehenden Menschen verloren hatte.
    Seinen Vater.
    Es war noch gar nicht lange her - und doch erschien es Rani rückblickend, als betrachte er das Leben eines völlig anderen, wenn er sich der Zeiten entsann, als sein Vater noch gelebt hatte und der Todesbote von Yakshamalla gewesen war.
    Im weiteren Verlauf des Aufstiegs beschäftigte sich Rani fast ausschließlich mit Goprum und den anderen Verschwörern. Er legte sich die Worte zurecht, die er an die Herren des Tempels richten wollte, um Gnade für Sugriva zu erflehen. Sie durften nicht zulassen, daß die Niedertracht einiger Dorfbewohner Unschuldige benachteiligte, und er wollte sich gar nicht vorstellen, wie lange Go-prum und dessen Anhänger diesen Betrug auf Kosten anderer schon betrieben.
    Rani glaubte an den Gerechtigkeitssinn der Tempelherrscher, weil er daran glauben wollte. Es war die einzige Hoffnung, an die er sich klammern konnte, und er versuchte, sich gar nicht erst den Kopf zu zerbrechen, ob Wesen, die etwas so Grausames wie das Scherbengericht veranlaßt hatten, denn nach ethischen Maßstäben gemessen werden konnten.
    Sie mußten!
    Sie mußten Sugriva schonen, sonst ...
    Sonst?
    Es schnürte Rani die Kehle zu, und eine ganze Weile war er außer-stande, weiterzuklettern. Plötzlich spürte er die Kälte der Nacht, als trüge er überhaupt nichts am Leib.
    In seinem Kopf herrschte helles Chaos. Gedanken stoben wie Funken. Kein einziger ließ sich festhalten.
    Als er seinen Weg schließlich fortsetzte, rieben die Scherben bei jeder Bewegung gegeneinander. Sie schrien nun nicht mehr, sie flüsterten - als wären sie sich einig geworden. Rani hörte nur noch einen einzigen Namen in hundertstimmigem Chor:
    Sugriva!
    Sein Herz stolperte.
    Sugriva! Sugriva! Sugriva!...
    Die Hoffnungslosigkeit, die sich des Jungen bemächtigte, legte sich wie Ketten aus Eisen um seine Beine. Fesseln, die ihm rieten, nicht weiterzugehen. Nicht auch noch das eigene Leben zu gefährden!
    Die Herren des Tempels kennen weder Gnade noch Barmherzigkeit - und erst recht kein Verzeihen, warnte eine Stimme, die aus Rani selbst kam und von der er fürchtete, daß sie die Wahrheit sagte, die brutale Wahrheit .
    Trotzdem stieg er weiter den Berg hinan.
    Stundenlang.
    Und da endlich, weit nach Mitternacht, sah er über sich ein erstes Licht, das kein Stern am Himmel war und das seine letzten Kräfte mobilisierte.
    Die ersten Bauten des Tempels, der mit dem Felsen verwachsen schien, leuchteten zu ihm herab.
    Der Glanz der Dächer war schrecklich. Unnatürlich.
    Es war kein natürliches, erst recht kein warmes, sondern unglaub -lich kaltes und beklemmend totes Licht, das Rani den weiteren Weg wies.
    Hin zu Ihnen.
    Ninmahs Kinder, die ein mächtiges Geheimnis gehütet hatten.
    Jahrtausendelang.
    Bis zu dieser Nacht, in der vieles vorzeitig endete. Auch eine SCHRIFT, die ihresgleichen nicht hatte
    *
    »Halt!«
    Rani blieb fast das Herz stehen, als die klirrende Stimme erklang.
    Irgendwo in ihm, inmitten eigener, immer noch konfuser Gedanken.
    »Was Suchst Du Hier?«
    Wie aus dem Nichts war ein Mönch in einer Kutte erschienen.
    Mönch?
    Atemlos starrte Rani auf die Gestalt, die sich wie ein erdrückend schwarzer Schattenriß gegen die sehr viel erträglichere Dunkelheit der Nacht abhob.
    »Ich bin Rani. Der Bote aus Yakshamalla. Ich bringe die Scherben ...«
    »Warum?«
    Der Kuttenträger reduzierte die Vielzahl möglicher Fragestellungen auf genau die, die zu beantworten Rani das meiste Kopfzerbrechen bereitete.
    »Weil ...«, hob er mit schwankender Stimme zu einer Erklärung an, »... weil ich hinter eine Verschwörung kam. Einen Betrug. Diese Wahl ist ungültig. Eine Gruppe aus dem Dorf -«
    »Du Kommst Aus Yakshamalla. Du Bringst Die Tafeln.
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