Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Woelfin

Die Woelfin

Titel: Die Woelfin
Autoren: Vampira VA
Vom Netzwerk:
offen in die braunen Augen, in deren Winkeln es feucht glitzerte.
    »Unter uns gesagt, habe ich nicht sehr viele! Nicht unter den Lebenden! Ich befürchte sogar, daß du der einzige bist, der mir auch antworten würde! Und solche Freundschaften sind es sicher wert, daß man sie pflegt, oder was meinst du?«
    Noch immer nahm Thomas den alten Justus nur wie aus weiter Ferne wahr, so als könne er nicht glauben, was er mit seinen eigenen Augen vor sich sah und mit den eigenen Ohren hörte, gab seinem Herzen aber schließlich doch einen Stoß und vertraute sich dem alten Mann an, der nach langer Zeit der einzige Mensch zu sein schien, der es offensichtlich gut mit ihm meinte.
    »Das was Sie . ich meine, was du da eben gesagt hast, glaubst du wirklich daran?«
    In der Brust des alten Mannes machte sich schlagartig ein warmes Gefühl breit, dehnte sich aus wie ein Steppenbrand vor Freude darüber, endlich jemanden gefunden zu haben, der freiwillig mit ihm redete, ohne daß Justus' Leumund ihm etwas ausmachte. Diese einmalige Gelegenheit wollte der alte Mann nutzen. Bei einem so sensiblen Geschöpf wie Thomas mußte er auf der Hut sein, daß er nichts Falsches sagte, was seinen gerade gefundenen Freund verletzen könnte. Das würde er sich niemals verzeihen. Vielleicht war der Junge der letzte Freund, den er in seinem Leben finden würde!
    »Natürlich habe ich es ehrlich gemeint, als ich sagte, daß ich gern dein Freund wäre!«
    Der Junge zögerte ein wenig, dann schüttelte er den Kopf, sodaß seine braunen Locken, die ihm fast in die Augen hingen, durcheinanderwirbelten. »Nein, das meine ich nicht! Als du vorhin über die Toten geredet hast ... glaubst du wirklich daran, daß man ihre Worte verstehen kann?«
    Dem alten Mann stockte der Atem, was daran zu erkennen war, daß plötzlich kein Rauch mehr aus dem Pfeifenkopf quoll. Er erkannte sofort, daß es sich hierbei nicht um einen Scherz handelte, den sich der Junge mit ihm erlauben wollte, denn Justus konnte fühlen, daß eine tiefe Verwirrung von dem Jungen ausging und daß er von einer schmerzenden Traurigkeit umgeben war. Der Alte mußte ihm daher mit der gebotenen Ernsthaftigkeit antworten, wobei er es sich keineswegs anmerken lassen durfte, wie betroffen ihn diese Frage gemacht hatte, um seine Glaubwürdigkeit zu erhalten.
    »Nun ja, vorhin, da habe ich eigentlich einen Scherz machen wollen, um dich ein wenig aufzuheitern. Aber wenn du mich nun so fragst .. du weißt ja, daß ich viel Zeit hier auf dem Friedhof verbringe, fast meine ganzen Tage bin ich hier gewesen, und ich bin auch sehr oft alleine hier mit den Toten bei meiner Arbeit, da mag man sich manches einbilden. Aber wenn ich ehrlich bin, und darauf kommt es dir doch an, nicht wahr, dann muß ich sagen, daß ich noch nie die Stimme eines Toten gehört habe!«
    Die Seelenpein des Jungen schien immer größer zu werden, als er nach dem Gehörten langsam immer mehr seine Schultern sinken ließ, als wären seine zerbrechlichen Gebeine nicht viel länger in der Lage, die erdrückende Bürde weiter zu tragen.
    Thomas nickte mit schwerem Haupt und Herzen und fragte weiter: »Und wenn man mit ihnen redet? Können sie uns dann hören? Können sie uns überhaupt verstehen?«
    Justus sah auf dem Gesicht des Jungen, der ihn mit aller Inständig-keit bedrängte, eine einzelne Träne im Licht der langsam dem Horizont entgegensinkenden Sonne einem flüssigen Rubin gleich dessen hohle Wange hinablaufen. Er war bestürzt darüber, welchen Gedanken Thomas die ganze Zeit nachgehangen haben mochte.
    Doch eines war ihm vollkommen klar: Dieser Junge brauchte Hilfe, einen Beistand, der ihn in seiner Not nicht im Stich lassen würde. Er mochte zu den unvorstellbarsten Dingen in der Lage sein, wenn man ihn jetzt allein ließ. Diesen Vorwurf wollte sich der alte Justus nicht auch noch entgegenhalten lassen müssen. Er umfaßte daher vorsichtig mit einer Hand Thomas Hemdsärmel und zog den Jungen näher zu sich und der Steinplatte heran.
    »Du stellst sehr schwierige Fragen, mein Junge! Darüber muß ich erst mal eine Weile nachdenken.« Zur Untermalung seiner Worte krauste Justus angestrengt seine Stirn und machte ein paar dicke Qualmwolken wie eine alte Lokomotive, die einen steilen Berg hinaufstampfen mußte. »Wie wär's, wenn du dich in der Zwischenzeit einfach hier neben mich setzt?«
    Thomas hob die Schultern und seufzte, folgte aber dem Vorschlag des alten Mannes, dem dabei vor Erleichterung ein Stein vom Herzen fiel, weil
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher