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Die Woelfin

Die Woelfin

Titel: Die Woelfin
Autoren: Vampira VA
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Zeitlang anstellen, daß die Scherben sie verschonen müssen.«
    Rani horchte auf.
    »Und wie?«
    Sugrivas Züge entspannten sich ein wenig. Rani konnte regelrecht spüren, welche Anstrengung es sie kostete, ihre Fassung zurückzugewinnen.
    »Hast du nie darüber nachgedacht, wie leicht es ist, die Scherben zu mißbrauchen?« fragte sie nach einer kurzen Pause.
    »Du meinst, ich ...?«
    »Ich rede nicht von dir«, beruhigte sie ihn, »auch wenn du natürlich in der Lage wärst, dein Amt zu mißbrauchen, wenn du das wolltest. Aber ich weiß, das würdest du nie tun . Nein, ich spreche immer noch von Goprum und seinen Mitverschwörern. Ich ahnte nicht, wie viele sich von ihm beeinflussen lassen, weil sie ihn mögen - oder fürchten. Letztlich läuft es auf dasselbe hinaus.«
    »Du redest von Verschwörung. Willst du etwa andeuten, daß ...?«
    »... sie sich einig sind, ja!« Sugriva lächelte verkniffen. »Offenbar geht es schon eine ganze Weile so, daß sie vor den Scherbengerich-ten beratschlagen, wessen Namen sie alle in ihre Tafeln ritzen, so daß auf diesen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch das Urteil fällt . Verstehst du jetzt, was ich meine?«
    Rani war wie vom Donner gerührt. Zumal er sich eingestehen mußte, an diese Möglichkeit der Manipulation noch nie zuvor gedacht zu haben. Ganz einfach auch deshalb, weil er sich nicht hatte vorstellen können, daß sich eine genügende Zahl von Menschen fand, die sich vorsätzlich ein und denselben Menschen herauspickten.
    Wer normalerweise den Namen einer ihm mißliebigen Person in die Tafel ritzte, der wußte im voraus nicht, daß seine Wahl auch die der Mehrheit war.
    Das erfuhr er erst nach der Wahl.
    Dann war es Schicksal.
    Ein Schicksal, an dem er nur zu einem kleinen Bruchteil selbst Mitschuld trug.
    Das Komplott aber, von dem Sugriva sprach, war nichts anderes als feiger, hinterlistiger Mord.
    »Bist du deiner Sache ganz sicher?« fragte er, während er fieberhaft überlegte, wie er diesem Mißbrauch des Gerichts ein Ende bereiten und die Schuldigen ihrer verdienten Strafe zuführen konnte.
    »Nicht nur das«, sagte das Mädchen, das eine unentwegte Sehnsucht nach Zärtlichkeit in ihm schürte. »Ich hörte auch, wen sie diesmal auf Goprums Vorschlag hin aus der Gemeinschaft tilgen wollen.«
    Rani spürte einen Kloß im Hals, der sich nicht hinunterschlucken ließ.
    »Wen?« fragte er mit heiserer Stimme, weil er die Antwort schon ahnte.
    »Mich«, sagte Sugriva. »Sie haben über uns gehetzt, über uns beide - in einer Weise, die keinen Zweifel läßt, daß sie von unserer Liebe wissen. Das, wovor du von Anfang an gewarnt hast, ist eingetre-ten.
    Goprum, dieses Scheusal, sieht mich lieber tot als mit dir zusammen .«
    Rani war sekundenlang außerstande, überhaupt etwas zu tun oder zu erwidern.
    Schließlich nahm er Sugriva in die Arme und schloß die Augen.
    Das Gefühl, in der auf ihn einstürzenden Dunkelheit zu ertrinken, schwand, und er flüsterte: »Das werde ich nicht zulassen! Das werde ich zu verhindern wissen!«
    Es klang wie ein Schwur. Und so war es auch gedacht.
    »Wie?« fragte Sugriva tonlos. »Was willst du dagegen tun? Es ist beschlossene Sache. Komm und küß mich - hör nicht auf, mir zu zeigen, wie sehr du mich liebst! Dies sind unsere letzten Stunden. Noch bevor die Nacht vorbei ist, werden wir getrennt sein für .«
    Rani legte seinen Finger auf ihre Lippen.
    Immer, hatte sie sagen wollen. Aber dieses Immer wollte er nicht hören.
    »Vertrau mir«, flüsterte er kehlig.
    Bald darauf nahm er Abschied.
    Um ihren immerwährenden Abschied zu verhindern.
    *
    Nicht zum ersten Mal kam die Nacht ihm vor wie ein Asura, wie ein Dämon, der in Ihren Diensten stand - in Diensten deren, denen auch Rani sein Leben geweiht hatte.
    Den Gottheiten des Tempels.
    Den Bewahrern des KULTS.
    Manchmal wünschte er zu erfahren, was dort oben, in noch höheren Höhen als die Dörfer lagen, vorging - aber die meiste Zeit war er dankbar, es nicht zu wissen, höchstens zu erahnen.
    Mit Ahnungen konnte man leben, aber mit Wissen, furchtbarem Wissen .
    Er schrak zusammen, als er ein Geräusch hörte.
    Aber es war nur ein Nachtvogel, der in das Gezweig eines Baumes eintauchte. Vielleicht kam er mit Beute von einem nächtlichen Jagdzug heim.
    Fressen und gefressen werden - wenn es ein universelles Gesetz gab, dann wohl dieses .
    Rani legte die letzten Schritte, die ihn noch vom Obelisken trennten, zurück. Die Kälte der Nacht spürte er nicht. Er war erhitzt, als
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