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Zwischen Tod und Ewigkeit

Zwischen Tod und Ewigkeit

Titel: Zwischen Tod und Ewigkeit
Autoren: Clark Darlton
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    Unablässig rollten die Wogen des großen Ozeans gegen die Küste des Festlands, brachen sich schäumend an den zahlreichen Klippen oder verliefen sich im Sand der flachen Buchten. Außer dem gleichmäßigen Rauschen der Brandung war nichts zu hören.
    Treibholz lag in den Buchten, Baumstämme und Äste, einige Wurzeln und kleinere Zweige, aber nicht eine einzige Schiffsplanke.
    Es gab schon lange keine Schiffe mehr auf den Ozeanen der Erde.
    Dicht über dem Horizont stand die rote Sonne. Nicht mehr lange, und sie würde im Meer versinken. Die Wolkenstreifen färbten sich gelb und orange, dann dunkelrot. Aber der Strand war leer; es gab niemanden, der das Naturschauspiel bewundert hätte.
    Ein kleiner Vogel lief an den ausrollenden Wogen entlang und suchte seine Nahrung. Als eine größere Welle kam, flog er auf und davon.
    Sein Ziel lag mehr landeinwärts, bei den großen Hügeln, die sich aus der flachen Ebene erhoben. Bald würde die Dämmerung anbrechen, und dann war es für ihn gefährlich, noch umherzufliegen.
    Die Hügel besaßen merkwürdige Formen, fast wie Pyramiden, aber sie waren mit Gras und Büschen bewachsen, deren grüne Blätter die Atmosphäre der Erde erneut mit frischem Sauerstoff anreicherten.
    Weiter drüben, im Osten, war eine Bewegung in der endlosen Steppe, aber der kleine Vogel kümmerte sich nicht darum. Wenn die Bewegung eine Gefahr bedeutete, war sie noch weit entfernt, und er näherte sich bereits seiner sicheren Behausung.
    Es gab viele kleine Höhlen in den Pyramiden. Manche hatte der Regen ausgewaschen oder sie waren durch eine Verschiebung des Gesteins entstanden. Einige waren nur etliche Zentimeter tief und boten wenig Schutz, wenn der Wind vom Meer kam. Andere wiederum waren endlos und verloren sich in einem Labyrinth anderer Gänge, deren Ende niemand kannte. Meist führten sie in die Tiefe, bodenlose Risse und Spalten, die senkrecht nach unten abfielen.
    Der Vogel landete geschickt auf einem Grasbüschel an der schrägen Wand. Er war allein, und schon seit Tagen hatte er keine anderen Vögel seiner Art mehr gesehen. Sie waren weitergezogen, zu besseren Futtergründen. Eines Tages würde er ihnen folgen müssen, wollte er nicht verhungern.
    Seine Höhle führte tief in den Felsen hinein und endete in einer warmen, sicheren Nische, deren Rückwand merkwürdig glatt war. Er hatte oft genug an dieser Wand herumgepickt, denn er vermutete dahinter Würmer und Insektenlarven. Gestern hatte er auch einen Wurm gefunden, aber er hatte ihn nicht fressen können. Es war ein roter und endlos langer Wurm, der aus der unbekannten Tiefe kam, an der Nischenwand entlanglief und oben in der Decke wieder verschwand.
    Die Sonne ging unter, die Wolken verfärbten sich abermals. Weiter draußen leuchteten auf dem Meer die Schaumkronen noch immer weiß.
    Der Vogel hüpfte in seine Höhle.
    Er hatte scharfe Augen, und so konnte er den roten Wurm wieder sehen, der seine Neugierde geweckt hatte. Vielleicht würde es ihm heute gelingen, wenn er sich auch nicht vorstellen konnte, daß er überhaupt schmeckte. Er roch nach Dingen, die er in seinem kurzen Leben noch nie gerochen hatte.
    Eifrig hackte er mit dem scharfen Schnabel in die rote Masse hinein, aus der der Wurm bestand. Immer wieder rutschte der Schnabel ab, denn der Wurm war hart und glatt, ganz anders als die weichen, schmackhaften Würmer am Strand.
    Ein winziges Stück brach ab und rollte zur Seite. Der Vogel trippelte hinterher und nahm es mit dem Schnabel auf.
    Dann ließ er es achtlos wieder fallen.
    Er kehrte zu dem Wurm zurück. Dort, wo das Stück fehlte, schimmerte es silbern. Nur die Haut war also rot, silbern aber das Innere.
    Der Vogel wußte nicht, was silbern oder rot war, er sah nur, daß der Wurm innen anders war als außen. Also pickte er weiter, denn eine andere Farbe konnte auch einen besseren Geschmack bedeuten.
    Das heißt, er wollte weiterpicken.
    Er pickte aber nur einmal.
    Kaum berührte sein Schnabel das silberne Eingeweide des Wurms, da starb er im Bruchteil einer einzigen Sekunde. Er starb in einem grellen Blitz plötzlicher Energie, in einem Ausbruch lange aufgespeicherter Kräfte, die endlich einen Ausweg fanden.
    Der Vogel war am Meer gewesen und feucht. Sein Gefieder leitete den elektrischen Strom so gut wie ein Silberkabel. Auch der Felsen war nicht trocken.
    Obwohl tot und halb verbrannt, veränderte der Vogel seine Lage nicht. Sein Schnabel klebte regelrecht an dem nicht mehr isolierten Kabel, und seine Füße
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