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Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)

Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)

Titel: Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)
Autoren: Helle Vincentz
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Entscheidungen gegenüber der Öffentlichkeit verteidigen, und Ölunternehmen gerieten besonders schnell in die Schusslinie. Fossile Brennstoffe waren nicht populär in einer Zeit, in der die Sorge um Klimaveränderungen schnell anwuchs. Außerdem hatte die Branche in den vergangenen Jahrzehnten eine Unzahl von Skandalen zu verantworten gehabt. Die Versenkung der Brent-Spar-Plattform in der Nordsee, Unruhen in Nigeria und zuletzt das große BP -Unglück im Tiefwasser im Golf von Mexiko hatten alle das ihrige getan, um die Ölbranche in ein schlechtes Licht zu stellen.
    Daher hatte man sich bei Dana Oil, wie in vielen anderen internationalen Ölgesellschaften, dazu entschieden, eine Abteilung zu gründen, die dazu bestimmt war, » die Imageschäden zu minimieren « . Aber auch wenn die Leitung daran festhielt, dass soziale Verantwortlichkeit hohe Priorität habe, sollte die Abteilung doch verkleinert werden.
    Markvart, Chef der Abteilung, hatte zu einem früheren Zeitpunkt gesagt, die Namen auf den Kündigungsschreiben würden von den Aufgaben abhängen, die die Abteilung Corporate Social Responsibility & Communications in der Zukunft zu lösen hätte. In Verbindung mit der Kündigungsrunde würde es nämlich eine Reihe von Umstrukturierungen innerhalb der Abteilungen geben, und die Änderungen waren bisher noch nicht abgeschlossen. Das Argument war vernünftig genug. Würde man den Fokus weiter auf Klima setzen, machte es Sinn, Poul zu behalten, der Experte auf diesem Gebiet war, und wenn nicht, war es natürlich, dass Poul gehen würde. So war das mit Spezialkompetenzen.
    Aber Caroline selbst– sie war doch eine der Generalistinnen! Eine Juristin, die sowohl mit Branding als auch Gesetzgebung, mit Klima als auch Menschenrechten arbeiten konnte. Warum sollte sie auf der Vielleicht-Liste stehen? Sie streckte die Hand aus, nahm noch eine der Schokoladen und öffnete das Papier. Das war danndieLetzte. Das weiche, braune Viereck schmolz in ihrem Mund und brachte sie für einen Moment dazu, sich zu beruhigen. Aber die Gedanken kamen schnell zurück.
    War es etwas Persönliches?
    Ein Bild ihres Vaters machte sich auf ihrer Netzhaut breit, und sie erinnerte sich an die hellblauen, enttäuscht blickenden Augen. Sie schaffte es nicht, all das noch einmal durchzumachen. Jetzt war das Ganze endlich dabei, in den rechten Bahnen zu verlaufen.
    Sie schob den Stuhl nach hinten und stand auf, während sie die leeren goldfarbenen Verpackungen zählte, die sich auf dem Tablett angesammelt hatten. Acht. Mist. Caroline stopfte das verräterische Glitzerpapier unter den Teller, hob das Tablett vom Tisch und stellte sich in die Schlange am Abfalltresen an, wo die Mitarbeiter jeden Tag Essensreste in große Mülltonnen kippten und schmutzige Teller in bedrohliche Höhen stapelten.
    Als sie dort stand und ihren Teller von den Hinterlassen-schaften des Mittagessens sauberkratzte, hatte sie keine Vorstellung davon, dass es nicht nur ihr Job war, der in Gefahr geraten würde. Es war ihr ganzes Dasein, das gefährdet wäre. Ihr Leben.
    Den Rest des Tages nutzte sie dazu, eine Präsentation vorzubereiten, die Markvart vor seiner UL -Gruppe halten sollte. Ein Nebel aus Angst vor dem Gespräch am Nachmittag hing über ihr, aber sie zwang sich dazu, sich auf die PowerPoint-Folien auf ihrem Bildschirm zu konzentrieren.
    Markvart gehörte seit einem Jahr dem Vorstand des Unternehmens an, und sie wusste, dass er gern den anderen Gruppenmitgliedern imponieren wollte. Auch wenn er das nicht direkt sagte, spürte sie deutlich, dass es ihn bedrückte, in eine der UL -Gruppen mit niedriger Nummer eingeladen worden zu sein. Je niedriger die Nummer, desto länger existierte die Gruppe und hatte daher einige der gewieftesten Männer und, seltener, Frauen des Wirtschaftslebens als Mitglieder. Beim nächsten Treffen sollte die Gruppe die Vor- und Nachteile diskutieren, ein Unternehmen mit sozialer Verantwortung zu bewerben, und Markvart sollte zum Auftakt der Diskussion einen Redebeitrag leisten. Wie immer, wenn der Chef bei Versammlungen reden musste, wurde der Entwurf des Vortrags von einem Mitarbeiter angefertigt; dieses Mal von Caroline.
    Sie entschied sich, mit einer Anekdote aus Ecuador zu beginnen, wo eine amerikanische Ölgesellschaft über viele Jahre hinweg aufgrund der Feindschaft gegenüber den einheimischen Indianern Millionen von Dollar verloren hatte– eine Feindschaft, die dadurch entstanden war, weil sich der Ölgigant unverantwortlich
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