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Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)

Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)

Titel: Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)
Autoren: Helle Vincentz
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geschnittene Pagenfrisur, die durch Glätteisen und Haarlack ermöglicht wurde.
    Sie nahm einen tiefen Atemzug. Sie war gezwungen zu erfahren, ob heute der Schicksalstag war, und sie wusste, an wen sie sich wenden musste. Wenn ihr jemand Informationen geben konnte, die den Knoten im Magen lösten, dann war es Viktor. Caroline wusch sich die Hände und ging zurück durch die aufgeräumte und stilgerechte Bürolandschaft. Mit der einen Hand griff sie nach dem Hörer des Telefons, das auf ihrem Tisch stand, und mit der anderen tippte sie Viktors Durchwahl ein. Er antwortete sofort.
    » Viktor hier .«
    » Caroline hier. Wollen wir heute zusammen Mittag essen? «
    Am anderen Ende wurde es still.
    » Ich habe wirklich ein bisschen viel zu tun heute, Caroline .«
    » Nur ein schnelles Mittagessen? «
    Sie konnte hören, wie er zögerte, bevor er antwortete:
    » Können wir das auch an einem anderen Tag in dieser Woche machen? «
    » Ich habe die ganze Woche über Termine, es muss heute sein « , log sie. » Und es ist so lange her .«
    Viktor seufzte.
    » Okay, sagen wir um zwölf bei den Tabletts? «
    » Ja, bis dann .«
    Fünf Minuten vor zwölf Uhr öffnete Caroline den obersten Knopf ihrer Bluse und fuhr sich mit dem Lipgloss über ihre Lippen. Auf ihrem Weg durch das Büro sagte sie in den Raum hinein, sie würde zum Mittagessen gehen. Niemand antwortete.
    Der Frikadellengeruch kroch ihr in die Nase, als sie durch die Tür in die Kantine trat. Es drehte ihr den Magen um. Starke Gerüche brachten ihren Magen dazu, Purzelbäume zu schlagen, wenn sie nervös war. Der einzige Grund, warum sie Viktor vorgeschlagen hatte, sich zum Mittagessen zu treffen, war, weil sie wusste, dass er zu diesem Zeitpunkt am vergnügtesten war. Er wartete vor dem Stapel mit hellen Holztabletts auf sie. Sie nahmen jeder ein Tablett, Besteck und Teller und begannen die tägliche Tour rund um das Büfett herum. Viktor schaufelte sich Frikadellen, Soße und Kartoffeln auf den Teller.
    » Ich weiß gut, man sollte das nicht machen, aber es ist mittlerweile so selten geworden, dass die Kantine ordentliches Männeressen serviert… « Er lächelte Caroline entschuldigend an und klopfte sich auf den wachsenden Bauch.
    Sie erwiderte das Lächeln.
    » Selbstverständlich darf man das, alles andere wäre unhöflich « , sagte sie, stach die Gabel in eine Frikadelle und ließ sie auf ihren Teller fallen. In einer Verhandlungssituation galt es, die Gegenpartei dazu zu bringen, sich wohlzufühlen, und eine Art und Weise, dies zu erreichen, war es, den anderen zu spiegeln. In diesem Moment bedeutete das, sie sollte Frikadellen zu Mittag essen.
    » Sollen wir uns ans Fenster setzen? Wie ich sehe, sitzen dort einige aus deiner Abteilung? « Viktor zeigte mit dem Finger in besagte Richtung.
    Caroline schüttelte den Kopf.
    » Lass uns an einen der kleinen Tische da hinten gehen. Es ist so lange her, dass nur wir beide miteinander gesprochen haben .«
    Er lächelte und nickte, und sie bahnten sich ihren Weg zwischen den großen, runden Tischen hindurch, die rasch von lautstarken Männern in dunklen Anzügen eingenommen werden würden, zu den kleinen viereckigen Tischen für zwei Personen ganz hinten in der niedrigen Kantine. Auf allen Tischen stand eine Schale, gefüllt mit in Goldpapier eingewickelter Schokolade– eine Geste, um zu feiern, dass es in dieser Woche fünfzig Jahre her war, seit Dana Oil gegründet wurde.
    Die Zweiertische standen weit auseinander und waren am weitesten vom Fenster entfernt, deshalb gab es kein großes Gedränge um die Plätze. Hier würden sie in Ruhe reden können.
    » Ich hole uns eben noch Wasser « , sagte Viktor, als sie die Tabletts auf den kleinen Tisch gestellt hatten.
    Caroline schaute Viktors großer Gestalt nach, als er ging. Er erinnerte sie an einen großen, seltsamen Teddybären. Sie kannten sich schon seit Kindertagen– waren in der gleichen Villenstraße in Søllerød aufgewachsen und hatten einander beim Wechsel vom dreirädrigen zum zweirädrigen Gefährt und, Viktor betreffend, zum silbergrauen Moped, auf das er so stolz gewesen war, erlebt.
    Er war ein Jahr jünger als Caroline und hatte viele Jahre lang unter der unerfüllten Jugendliebe zu ihr gelitten. Jetzt war er mit Pernille verheiratet, aber Caroline wusste, dass bei Viktor alte Liebe niemals rostete.
    » Wie geht es Pernille und dem Bauch? « , fragte sie, als er zurückkam und eine Flasche Wasser und zwei Gläser zwischen sie auf den Tisch
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