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Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung
Autoren: Jemima Montgomery
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wenn sie eben so gut einen Haushalt führen könnten wie Französisch sprechen, dann wäre ich wirklich zufrieden. Sobald wir nach München zurückkehren, werden beide das Kochen lernen. Außerdem sollen sie sich natürlich um die Kinder kümmern.“
    „Sie werden die jungen Damen sicher so gut auf ihre Bestimmung vorbereiten, dass sie nicht lange unverheiratet bleiben werden.“
    „Das will ich doch hoffen. Aber die Männer laufen jungen Mädchen, die kein Vermögen haben, nicht gerade in Scharen nach!“, bemerkte Madame Rosenberg scherzhaft.
    Hamilton beobachtete, wie Isabelle auf den Verlauf dieses Gesprächs reagierte. Sie drehte dem Major mehr oder weniger den Rücken zu und schien ganz in die Betrachtung eines Bierglases versunken zu sein … Wäre es ihre Schwester gewesen, dann hätte er angenommen, sie wolle auf diese Weise ihre Verlegenheit verbergen – aber Isabelle war nicht schüchtern, bei ihr vermutete er andere Gründe. Ihre zusammengepressten Lippen und ihre leicht gekräuselte Stirn verrieten einem aufmerksamen Beobachter heftigsten Unmut, der sich noch steigerte, als ihre Stiefmutter den Major Stutzenbacher unumwunden fragte, ob er verheiratet sei, was dieser lächelnd verneinte. Durch eine plötzliche heftige Bewegung des Mädchens fiel das gefüllte Bierglas vor ihr um, und der Inhalt ergoss sich über das Tischtuch und Hamiltons linken Ärmel.
    „Mille fois pardon!“, rief Isabelle, die in diesem Moment wirklich so aussah, als täte ihr das vermeintliche Missgeschick leid.
    „Du albernes, ungeschicktes Ding!“, rief ihre Stiefmutter, besann sich jedoch sofort aus naheliegenden Gründen und fuhr mit ruhiger Stimme fort: „Es wird am besten sein, wenn du jetzt zu Bett gehst; ich sehe, dass du dich von der Aufregung wegen des heftigen Gewitters vorhin noch nicht wieder erholt hast.“ Isabelle erhob sich schnell und verließ mit einer leichten, aber etwas hochmütigen Verbeugung in Richtung der Tischgenossen das Zimmer. Madame Rosenberg beeilte sich, sich für die Ungeschicklichkeit ihrer Stieftochter sowohl bei Hamilton als auch bei Major Stutzenbacher zu entschuldigen. Der Major nickte bei ihren Worten nachsichtig und gutmütig mit dem Kopf, aber Hamilton fühlte sich wegen seines durchnässten Ärmels, aber auch aus anderen Gründen nicht besonders wohl und zog es vor, sein Abendessen so schnell wie möglich zu beenden und der Gesellschaft eine gute Nacht zu wünschen.  
     
    2
    Für Hamilton gab es nur wenige Dinge, die ihm lästiger waren, als morgens aufzustehen. Er war ein notorischer Morgenmuffel, und wenn er keinen wichtigen Termin hatte, konnten ihn nur besonders gute Laune und verlockende Sonnenstrahlen, die durch die leichten Musselinvorhänge drangen, dazu bewegen, schon vor sieben Uhr morgens freiwillig das Bett zu verlassen und sich vollständig anzukleiden. So war er nicht wenig erstaunt, dass er Sophie und ihre Schwester schon vor acht im Garten entdeckte. Eine Begegnung schien ihm jedoch wenig ratsam, und so schlenderte er langsam hinüber zum Ufer des Sees, wo einige Kähne lagen. Er sprang in einen hinein, ergriff die Ruder und war in wenigen Minuten draußen auf dem Wasser; dann hielt er in seinen Anstrengungen inne und sah sich in aller Ruhe um.
    Das Kloster war vor fast neunhundert Jahren auf einer Insel mitten im Seeoner See erbaut worden, nicht weit entfernt vom Chiemsee. Sie war durch eine Brücke mit dem Festland verbunden, die später durch einen Damm ersetzt wurde. Von Mönchen bewohnt wurde das Kloster bis 1803, seitdem diente es als vornehmes Hotel. Von dem ursprünglichen Gebäude aus dem Jahr 994 war nur der Kreuzgang vorhanden; alles übrige war 1561 von einem Feuer zerstört worden.
    Vorhin hatte die freundliche Wirtin Hamiltons Bitte um Auskünfte über ihr Haus und die heilende Quelle mit der Aushändigung eines Büchleins beantwortet, das den Titel Die Mineralquellen des Königreichs Bayern trug. Er zog es aus der Innentasche seiner Jacke und las: „Die Quelle von Seeon soll, wie man im Kloster allgemein behauptet, unter dem Hochaltar der Klosterkirche entspringen. Sie ist erst seit der Aufhebung der Klöster mehr bekannt geworden, denn der Prälat von Seeon hatte im Einverständnis mit den übrigen Geistlichen die Existenz der Quelle stets geheim zu halten gesucht. Der erste Besitzer des Klosters Seeon, Herr Destler, hatte dem Mineralwasser nicht die geeignete Aufmerksamkeit gewidmet, aber der jetzige Eigentümer, Herr Reichenwallner, ist seit
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