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Die verlorene Bibliothek: Thriller

Die verlorene Bibliothek: Thriller

Titel: Die verlorene Bibliothek: Thriller
Autoren: A. M. Dean
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machten Fotos, und Johnsons Partner befragte draußen Collegeangestellte, die diese Nacht gearbeitet hatten. Nicht zum ersten Mal staunte Al, wie lebendig der Tatort eines Mordes sein konnte. Das war einer der seltsamen Widersprüche seines Jobs.
    Al trat näher an den Schreibtisch heran. Er sah genauso aus, wie man sich den Schreibtisch eines alten Professors vorstellte: eine Lampe mit grünem Schirm, ein Messingfüllfederhalter, ein alter Tintenlöscher und ein Computer, der aussah, als sei er schon veraltet gewesen, als er gebaut worden war. In einer mit Leder bezogenen Ablage stapelten sich alte Briefe, jeder sorgfältig mit dem Brieföffner aus Elfenbein geöffnet, der danebenlag.
    Elfenbeinbrieföffner, Elfenbeinturm … Das hier war so eine Art kulturelles Statement.
    Und mitten auf dem Tisch lag ein großer Bildband. Das Buch war ungefähr in der Mitte aufgeschlagen. Der Detective trat näher an das Buch heran und strich mit der behandschuhten Hand über die Seiten. Überrascht spürte er raue Kanten durch das Latex hindurch. Er schaute genauer hin. An der Bindung verrieten spitze Überreste, dass irgendjemand dort Seiten rausgerissen hatte.
    Ein Blitzen riss Al aus seiner Betrachtung, als ein Kriminaltechniker das Buch fotografierte, zusammen mit Als Hand.
    Al stellte sich die Szene vor: Ein Mann, in die Brust geschossen, schleppt sich in sein Büro zurück, um ein paar Seiten aus einem Buch zu reißen. Das ergab keinen Sinn … doch andererseits war das bei Mord nichts Ungewöhnliches.
    Ein weiteres Foto wurde gemacht, und diesmal war die Kamera auf Als Füße gerichtet. Al schaute auf den Papierkorb hinunter. Er war voller verbrannter Papierreste. Daneben kniete ein junger Mann in maßgeschneidertem Anzug und wühlte sich durch die verkohlten Fetzen.
    Netter Anzug , sinnierte Al verärgert. Ein Fed. Bundespolizei. Das hat uns noch gefehlt.
    Al hielt nicht viel davon, wie die Polizeiarbeit in Hollywood-Blockbustern dargestellt wurde, aber in einem hatten die Drehbuchautoren recht: Wenn mehrere Behörden sich um die Zuständigkeit in einem Fall stritten, war fast immer Chaos die Folge. Und Detectives der Stadtpolizei trugen so gut wie nie maßgeschneiderte Anzüge. Al wusste nicht, zu wem der junge Mann gehörte, aber egal wie die Antwort auch lauten mochte, sie würde frustrierend sein.
    »Verbrennen Geschichtsprofessoren immer ihren Müll?«, fragte der junge Mann, ohne den Blick zu heben.
    »Keine Ahnung, Kleiner.«
    Bei dem letzten Wort zuckte der Schlipsträger unwillkürlich zusammen. Offensichtlich mochte er es nicht, an seine Jugend erinnert zu werden. Langsam stand er auf und rang um Fassung.
    »Es ist nicht viel«, sagte er, »nur ein paar zerknüllte Blätter Papier. Vermutlich auf einen Rutsch verbrannt.«
    Al nickte zu dem Buch.
    »Da sind ein paar Seiten rausgerissen worden.« Er deutete auf die Reste an der Bindung. »Den Seitenzahlen nach zu urteilen waren es drei.«
    »Und genau das scheinen wir hier zu haben«, bemerkte der junge Mann mit Blick auf den Mülleimer.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte Al. »Der alte Mann ist im Flur angeschossen worden, doch es ist ihm gelungen, in sein Büro zu kriechen und sich an den Schreibtisch zu setzen. Dort stand unmittelbar vor ihm ein Telefon, aber er hat es nicht angepackt. Er hat keine Hilfe gerufen. Stattdessen hat er irgendein Bilderbuch aufgeschlagen, ein paar Seiten rausgerissen und verbrannt. Das passt einfach nicht zusammen.«
    Der junge Mann erwiderte nichts darauf. Er nahm das Buch und untersuchte es auf eine Art, die weit über den Frust hinausging, den Al empfand. Er wirkte … wütend.
    »Hey, Kleiner«, sagte Al. »Wie heißen Sie? Ich habe Sie hier noch nie gesehen. Sind Sie schon lange hier?« Die meisten Detectives in den Zwillingsstädten Minneapolis und St. Paul kannten sich zumindest vom Sehen her.
    »Ich bin nicht von hier.« Mehr sagte der junge Mann nicht, und er sah auch nicht so aus, als wollte er weiter Höflichkeiten austauschen. Er drehte das Buch in den Händen; dann wanderte sein Blick wieder zu den Papierresten im Mülleimer.
    Al wollte sich jedoch nicht so einfach abspeisen lassen.
    »Nicht von hier? Gehören Sie zum FBI? Und falls ja, was machen Sie dann hier?« Das hier fällt eindeutig in unseren Zuständigkeitsbereich. Scheiß-FBI.
    Der junge Mann antwortete ihm nicht. Er ignorierte Als Hartnäckigkeit, und schließlich legte er das Buch wieder auf den Tisch zurück. Dann strich er seinen Anzug glatt und drehte
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