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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer
Autoren: Alistair MacLean
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nicht, wovon Sie reden.«
    Diesmal brauchte er McKinnon nicht erst einen Auftrag zu geben. Der Bootsmann zog dem Bürgermeister den rechten Arm nach oben, bis der Handrücken flach auf dem Schulterblatt lag. Der Mann schrie wie ein Schwein, das abgestochen werden soll.
    »Vielleicht oben im Haus?« fragte Nicolson beiläufig.
    »Ja, oben«, sagte der Bürgermeister, schluckend vor Schmerz und Angst, in erster Linie vor Angst. »Auf dem Dach. Oh, mein Arm – Sie haben mir den Arm gebrochen!«
    »Es ist gut, Bootsmann, Sie können dem Mann die letzten Knoten machen«, sagte Nicolson und wandte sich angewidert ab. »Los, Oberst, zeigen Sie mir den Weg.«
    »Diese Sache mag mein tapferer Freund hier zu Ende führen«, sagte Kiseki wütend und verächtlich. Er biß die Zähne aufeinander, und der Ausdruck seines Gesichts bedeutete nichts Gutes für den Bürgermeister, sollten sich die beiden jemals unter anderen Umständen noch einmal begegnen. »Er kann Ihnen ja zeigen, wo das Gerät ist.«
    »Ich zweifle nicht daran. Ich ziehe es aber vor, mit Ihnen zu gehen. Es könnte sein, daß wir irgendeinem Ihrer Leute begegnen, der mit einer Maschinenpistole spazierengeht, und er würde sich bestimmt nicht scheuen, in den Bürgermeister und mich eine Menger kleiner Löcher zu schießen. Sie dagegen sind eine todsichere Lebensversicherung.« Nicolson nahm seinen Karabiner in die linke Hand, zog mit der rechten einen der Revolver aus seinem Gürtel und entsicherte ihn. »Ich habe es eilig, Oberst, kommen Sie.«
    Innerhalb von fünf Minuten waren Sie zurück. Das Funkgerät war jetzt ein Trümmerhaufen aus verbogenem Stahl und zerschlagenen Röhren. Sie waren weder auf dem Hinweg noch auf dem Rückweg irgend jemandem begegnet. Das Geschrei des Bürgermeisters schien keinerlei Aufmerksamkeit erregt zu haben; möglicherweise wegen der geschlossenen Türen, wahrscheinlich aber, vermutete Nicolson, da die Leute hier im Haus daran gewöhnt waren, aus einem Raum, in dem sich Oberst Kiseki aufhielt, derartige Laute zu vernehmen.
    McKinnon war inzwischen nicht müßig gewesen. Kapitän Findhorn lag auf der Tragbahre, behaglich in Wolldecken gewickelt, und hielt Peter Tallon im Arm, der ein ziemlich ängstliches Gesicht machte. An jeder der vier Ecken der Tragbahre kauerte ein japanischer Soldat, und bei näherer Untersuchung zeigte sich, daß ihnen gar nichts anderes übrigblieb: der Bootsmann hatte ihnen die Handgelenke mit zuverlässigen Schifferknoten fest an die Griffe gebunden. Der Bürgermeister und Kisekis Adjutant waren mit dem rechten beziehungsweise linken Ellbogen aneinandergebunden. Telaks Opfer lag unverändert am Boden, und Nicolson hatte den Eindruck, daß der Mann ziemlich lange dort liegen bleiben würde. Von dem sechsten japanischen Soldat war nichts zu sehen.
    »Wirklich sehr hübsch gemacht, Bootsmann«, sagte Nicolson und sah sich anerkennend um. »Wohin ist denn unser Freund verschwunden, den ich gar nicht mehr hier sehe?«
    »Verschwunden ist er eigentlich nicht, Sir. Er ist in der Garderobe da«, sagte McKinnon, während er, ohne sich um das finstere Gesicht und den Protest Kisekis zu bekümmern, eifrig damit beschäftigt war, ihn mit dem rechten Ellenbogen an dem linken Ellenbogen des Bürgermeisters festzubinden. »Es war ein ziemliches Stück Arbeit, die Tür zuzukriegen, aber ich habe es geschafft.«
    »Ausgezeichnet.« Nicolson warf einen letzten Blick durch den Raum. »Dann haben wir ja keinerlei Grund, hier auch nur noch einen Augenblick länger zu verweilen. Gehen wir.«
    »Wohin gehen wir?« Kiseki stand breitbeinig da, den runden Schädel tief zwischen die Schultern gesteckt. »Wohin wollen Sie uns bringen?«
    »Wie ich von Telak gehört habe, ist Ihre Barkasse das beste und schnellste Fahrzeug hundert Meilen die Küste hinauf und hinunter. Ehe es wieder hell wird, werden wir damit längst durch die Sunda-Straße und im Indischen Ozean sein.«
    »Was!« Kisekis Gesicht war wutverzerrt. »Sie wollen meine Barkasse nehmen! Sie werden als Engländer nicht weit damit kommen. Nie und nimmer wird es Ihnen gelingen, sich mit meiner Barkasse davonzumachen.« Er brach ab, ein neuer und noch schrecklicherer Gedanke schoß ihm durch den Kopf, und plötzlich machte er einen Ausfall, daß er die beiden anderen, an die er angebunden war, hinter sich her über den Parkettfußboden schleifte, und stieß rasend vor Wut mit dem Fuß nach Nicolson. »Sie wollen mich mitnehmen, Sie verdammter Kerl, Sie wollen mich
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