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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer
Autoren: Alistair MacLean
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Blick zwischen dem ausdruckslosen Gesicht Kisekis und dem verschmierten, vernarbten Gesicht des Mädchens hin und her gehen. Auch sie schwankte, wie Nicolson jetzt sah, leicht hin und her, ihre Beine zitterten vor Erschöpfung. Doch sie hielt dennoch den Kopf stolz aufgerichtet.
    Plötzlich gab Oberst Kiseki mit bellender Stimme einen Befehl. Die Soldaten starrten ihn an und begriffen nichts. Er wiederholte seinen Befehl fast augenblicklich und schlug dabei mit der flachen Hand heftig auf den Tisch. Vier Soldaten ließen die Waffen, die sie in den Händen hielten, sofort auf den Parkettfußboden fallen. Der fünfte runzelte langsam und dümmlich die Stirn, als traue er seinen Ohren nicht, richtete den Blick auf seine Kameraden, sah, daß ihre Waffen auf dem Fußboden lagen, öffnete langsam und widerstrebend die Hand und ließ sein Gewehr neben die Waffen der anderen zu Boden fallen. Nur der sechste, der mit dem Bajonett in Gudruns Rücken, begriff, daß hier irgend etwas ganz und gar nicht stimmte. Er duckte sich, sah sich aufgeregt um und fiel wie ein gefällter Baum zu Boden, als Telak, der unhörbar aus der Halle hereingekommen war, den Kolben seines Gewehres auf den ungeschützten Hinterkopf des Soldaten heruntersausen ließ.
    Im nächsten Augenblick waren auch Nicolson und McKinnon im Raum, Telak scheuchte die fünf japanischen Soldaten in eine Ecke, McKinnon stieß mit dem Fuß die Flügeltür zu und hielt die drei Männer, die am Tisch saßen, wachsam im Auge. Nicolson umarmte ungeniert das Mädchen und den Jungen auf ihrem Arm, wortlos und lächelnd vor Freude und maßloser Erleichterung, während Gudrun ihn mit steifem Rücken anstarrte, fassungslos und ungläubig, und dann an seine Brust sank, das Gesicht an seiner Schulter vergrub, während sie wieder und wieder seinen Namen murmelte. McKinnon sah von Zeit zu Zeit zu ihnen hin, über beide Backen grinsend, und die Wut war völlig aus seinem Gesicht verschwunden. Trotzdem sah er jeweils nur für den Bruchteil einer Sekunde zu ihnen hin, und der Lauf seiner Maschinenpistole blieb unbeweglich auf die drei Männer gerichtet, die oben an der Festtafel saßen.
    »Jonny! Jonny!« Das Mädchen hob den Kopf und sah ihn an, ihre strahlenden blauen Augen waren verschleiert von Tränen, die ihr über die dreckverschmierten Wangen herunterrollten. Sie zitterte dabei, teils vor Kälte schauernd in ihren regendurchnäßten Kleidern, teils infolge des psychischen Schocks; doch davon wußte sie nichts. Ihre Augen zeigten einen Ausdruck des Glücks, wie ihn Nicolson in seinem ganzen Leben noch nie gesehen hatte. »Oh, Jonny – und ich hatte schon gedacht, es wäre alles aus und vorbei. Ich dachte, daß Peter und ich –« Sie brach ab und sah ihn lächelnd an. »Wie um alles in der Welt bist du eigentlich hierhergekommen? Ich – ich begreife das gar nicht. Wie hast du das nur gemacht?«
    »Privatflugzeug«, sagte Nicolson mit einer lässigen Handbewegung. »War ganz einfach. Aber das erzähl ich dir später, Gudrun. Die Zeit drängt. Bootsmann?«
    »Sir?« McKinnon entfernte sorgfältig das Grinsen aus seinem Gesicht. »Binden Sie unsere drei Freunde da am Kopfende der Tafel. Nur die Hände. Hinten auf dem Rücken.«
    »Uns binden!« Kiseki beugte sich vor und umklammerte mit den Händen die Tischkante. »Ich sehe keine Notwendigkeit –«
    »Notfalls schießen Sie sie nieder«, sagte Nicolson. »Sie sind ohnehin für uns nicht mehr wichtig.« Es schien ihm gut, nichts davon verlauten zu lassen, daß der wichtigste Dienst, den Kiseki ihnen zu leisten hatte, erst noch bevorstand. Denn er fürchtete, daß der Oberst, wenn er erfuhr, was Nicolson plante, sich zu irgendeinem Schritt der Verzweiflung hinreißen lassen könnte.
    »Wird erledigt, Sir.« McKinnon schritt tatendurstig auf die drei Männer zu und riß im Vorbeigehen mehrere der Moskitovorhänge von den Fenstern. Wenn man sie zusammendrehte, ergaben sie ausgezeichnete Fesseln. Nicolson führte Gudrun und Peter zu einem Stuhl, und als sie saßen, beugte er sich zu dem Kapitän, der auf dem Fußboden lag. Er ergriff ihn bei den Schultern und schüttelte ihn, bis Findhorn sich schließlich bewegte und mühsam die Augen öffnete. Mit Nicolsons Hilfe richtete er den Oberkörper auf, langsam und mit den Bewegungen eines sehr alten Mannes, und ließ seinen Blick langsam im Raum umherwandern, bis es schließlich in seinem erschöpften Kopf dämmerte, und er begriff, was geschehen war.
    »Ich ahne nicht, wie um alles in
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