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Die Tränen der Henkerin

Die Tränen der Henkerin

Titel: Die Tränen der Henkerin
Autoren: Sabine Martin
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seine Ruhe fand. Erhard selbst war durch Weiberlist davon abgehalten worden, sich auf den Weg nach Esslingen zu machen. Katherina und Berbelin hatten ihm reichlich Wein eingeflößt und ihn dann in eine Kammer eingesperrt, wo er einen ganzen Tag lang seinen Rausch ausschlief. Als er endlich erwachte, war schon der Bote eingetroffen, den Graf Ulrich losgeschickt hatte, um die Familie über den glücklichen Ausgang der Ereignisse zu informieren.
    Das alles war nun fast drei Monate her, und es erschien Melisande inzwischen manchmal, als habe sie nur geträumt. Wären nicht die neuen Narben gewesen, die an Wendels Schulter und die an ihrem eigenen Arm, hätte sie glauben können, es sei nie geschehen.
    Wendel stieß mit der freien Hand die Haustür auf. Der Duft von heißem Würzwein, Braten und frischen Buchenscheiten wehte ihnen entgegen. »Meine Geliebte! Was bin ich froh, dich zu haben!« Er nahm Melisande in die Arme und wirbelte sie über die Schwelle.
    Sie lachte. »Wendel! Bist du verrückt geworden? Mir wird ganz schwindelig.«
    »Ich auch!« Gertrud drückte Katherina die Kerze in die Hand und streckte die Arme aus. »Ich auch!«
    »Aber natürlich, mein Herz.« Wendel packte sie und wirbelte sie ebenfalls herum. Er legte den Arm um Melisande, und zu dritt drehten sie sich, bis sie erschöpft und benommen auf der Bank vor dem Herd niedersanken.
    »Du bist vollkommen verrückt, Wendel Füger!«, keuchte Melisande. »Weißt du das?«
    »Das bin ich in der Tat.« Er grinste sie an. »Wie sonst könnte ich es mit dir aushalten, Melisande Wilhelmis?«
    ENDE

G LOSSAR
    Autor/Auentor – Die beiden hintereinanderliegenden Tore im Osten der Stadt Rottweil hießen Oberes und Unteres Autor. Wegen der besseren Lesbarkeit haben wir daraus das Obere und Untere Auentor gemacht.
    Assassine – Angehöriger einer Art muslimischer Sekte, der für seine Überzeugung politische Morde beging. Er tötete hochgestellte Persönlichkeiten gewöhnlich mit einem Dolch, und sein Ehrenkodex verlangte, dass er nach der Tat nicht floh.
    Beinlinge – Vorgänger der Hose, aus zwei langen Strümpfen bestehend. Das Wort Beinlinge ist allerdings eine Neuschöpfung, es wurde im Mittelalter nicht verwendet.
    Blumengasse – Vermutlich hatte diese Rottweiler Gasse im Mittelalter noch keinen offiziellen Namen. Dennoch ist der Name »Blumengasse« als volkstümliche Bezeichnung sehr wahrscheinlich, denn er bezieht sich darauf, dass sich die Gasse an der Rückseite des Gasthauses »Zur Blume« befand. Die »Blume« war die Zunftherberge der Schneider und wurde 1623 zum ersten Mal erwähnt, jedoch war das Gasthaus vermutlich schon viel früher dort zu finden.
    Bogenschuss – Ein Längenmaß, das etwa 150 Metern entspricht.
    Chirurgicus – Der Wundarzt, häufig in städtischen Diensten. Sein Alltagsgeschäft bestand aus dem Verabreichen von Salben, Pulvern und Ölen, dem Öffnen von Geschwüren und Pestbeulen, dem Einrenken von Knochen, dem Schienen von Brüchen und ähnlichen Eingriffen. Chirurgicus war ein Lehr- und Handwerksberuf mit eigenen Gilden, denen oft auch die Bader und Barbiere angehörten.
    Cotte – Ein Schlupfkleid aus Wolle, Leinen oder Seide, das im Mittelalter von Männern und Frauen getragen wurde. Gewöhnlich diente die Cotte als Unterkleid unter dem Surcot.
    Doppelelle – Ein Längenmaß, das je nach Gegend unterschiedlich lang sein konnte. Es bezeichnet ungefähr die zweifache Länge eines Unterarms vom Ellbogen bis zu den Fingerspitzen.
    Frauenhaus – Eine der mittelalterlichen Bezeichnungen für ein Bordell. Die Frauenhäuser in den Städten unterstanden häufig der Aufsicht des Henkers.
    Geld – Das mittelalterliche Währungssystem war von regionalen Eigenheiten geprägt. Hier einige Richtwerte:
    1 Pfund = 240 Pfennige/60 Kreuzer/20 Groschen
    1 Groschen= 12 Pfennige
    1 Kreuzer = 4 Pfennige
    1 Pfennig = 2 Heller
    Zwei Laibe Brot kosteten etwa 1 Heller. Der Jahresverdienst eines Handwerkergesellen betrug etwa 3 bis 4 Pfund.
    Geldkatze – Ein am Gürtel befestigter verschließbarer Beutel zum Aufbewahren von Münzgeld oder anderen Wertgegenständen.
    Gewalthaufen – Ein Begriff aus der mittelalterlichen Schlachtordnung.
    Gugel – Eine spitz zulaufende Kapuze mit Schulterteil aus Wolle oder Loden.
    Hängematte – Die Hängematte wurde vermutlich von den Inka erfunden und von Columbus in der Seefahrt eingeführt. In unserem Buch gibt es einen findigen Pilger, der schon mehr als 150 Jahre früher auf die Idee kam, in einem
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