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Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands

Titel: Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands
Autoren: Barbara Cleverly
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unten aufkam. Unmöglich, ihn im Dunkeln zu finden.
    Tja, es folgte ein knurrendes Zähnefletschen von Angesicht zu Angesicht! Ich erklärte ihm, ich sei Polizistin und eine Freundin der Toten. Ich wüsste, dass er ein Dieb sei, und ich würde die Polizei rufen und ihnen sagen, dass ich ihn beim Stehlen ihrer Smaragde über die Leiche gebeugt vorgefunden hätte, als ich ihr Zimmer betrat. Ich würde ihnen sagen, er hätte den Schürhaken aus dem Fenster geworfen, und man würde einen Fingerabdruck darauf finden. Das würde meine Aussage bestätigen.«
    Joes Gesicht war eine versteinerte Maske des Abscheus. »Dann standen sich also Dieb und Mörderin gegenüber, stritten sich über der Leiche und planten, wie sie da wieder herauskämen.«
    »Ja. Er ist sehr klug, Ihr Sergeant, müssen Sie wissen. Es war seine Idee, dass ich mein schwarzes Kleid und die Handschuhe ausziehen, mich im Badezimmer säubern und das Reservekleid von Dame Beatrice anziehen sollte. Er steckte meine blutgetränkten Sachen in seine Capetasche - quasi im Tausch für den Schürhaken. Ich hatte etwas, was ich ihm anlasten konnte, und er hatte etwas, was er mir anlasten konnte. Dann planten wir, was wir sagen und tun würden.«
    »Sie legten eine Spur völliger Verwirrung und falscher Fährten für den armen Ermittlungsbeamten aus, den man schicken würde, um das Chaos zu beheben.«
    »Wir hatten das Pech, dass man Sie geschickt hat. Vater tätigte einige Anrufe und sorgte für Ablenkung. Ich wurde nicht von dem Fall abgezogen, durfte in Ihrer Nähe bleiben, um zu sehen, was Sie taten. Um dafür zu sorgen, dass Sie keinen unschuldigen Pechvogel verhafteten. Um Sie in die Irre zu schicken. Schade, dass Sie ihren Befehlen nicht gehorchten. Sie haben einige wichtige Leute zur Verzweiflung getrieben.«
    »Aber Sie hatten Glück, was den Zeitpunkt anging, Tilly - Sie und Armitage. Angesichts des drohenden Streiks hätte schon das leichteste Wispern des Verrats von Dame Beatrice katastrophale Folgen für die Regierung gehabt. Man sah den Propagandawert für die Opposition. Können Sie sich vorstellen, was die Sozialisten, ganz zu schweigen von den Kommunisten, aus so einem Skandal gemacht hätten? Ein Land, das an einen früheren und möglicherweise auch künftigen Feind verraten werden kann, durch eine Angehörige der herrschenden Klasse - der militärischen Aristokratie, wenn man so will, eine Frau, die als Dame of the British Empire geehrt worden war -, das ist ein Land, das einen radikalen Umbruch benötigt. Erst Sir Roger und nun Dame Beatrice. Es scheint, unsere Herren und Meister sind doch nicht so geeignet, uns zu regieren, wie wir lange glaubten. Zeit, um die Guillotine zu schärfen? Zeit für unsere eigene Volksrevolution? Erst Frankreich, dann Russland … jetzt wir? Kein Wunder, dass mir der Teppich unter den Füßen weggezogen wurde.«
    »Das Land ist ohne sie viel besser dran, Joe.« Sie griff über den Tisch und berührte seine Hand. Joe versuchte, nicht wegzuzucken.
    »Sind Sie jetzt in der Lage, den Albatros loszulassen?«
    »Zwei Albatrosse. Da war auch noch Audrey«, erinnerte er sie störrisch.
    »Was werden Sie jetzt tun?«
    »So weitermachen, als sei nichts geschehen, nehme ich an. Als weiserer Mann. Als weniger vertrauensseliger Mann. Und was werden Sie tun, Tilly?«, fragte er vorsichtig, wohl wissend, dass sie ihr letztes Geheimnis nicht preisgeben würde. Schließlich ging es ihn auch nichts an, was sie mit dem Rest ihres Lebens anstellte. Er würde ihr strahlendes, betrügerisches Gesicht im Laufe der Zeit vergessen. Sein Sergeant würde dazu sicher ein wenig länger brauchen, sein Sergeant, der ihr Kleid so sorgfältig aufbewahrt hatte, nicht, wie Joe zuerst gedacht hatte, als Absicherung gegen Verrat, sondern als etwas sehr viel Intimeres. Der arme, alte Armitage! Beinahe tat er ihm leid.
    »Das war alles etwas viel, Joe, vor allem gegen Ende. Vielleicht ist die Polizeiarbeit doch nichts für mich. Ich werde meinen Posten aufgeben. Etwas Zeit außerhalb Londons verbringen.«
    »Fahren Sie an einen interessanten Ort?«, fragte er beiläufig.
    »O ja. Sie wären überrascht!«
     
    Inspektor Cottingham fuhr wenig später wackelig auf seinem Fahrrad in den Queen Adelaide Court. Die Straßen waren mit ausgebrannten Bussen und den Gerippen von Streikbrecherfahrzeugen aller Art übersät, und auf zwei Rädern kam man noch am sichersten durch die brodelnde Hauptstadt.
    Er klopfte an die geschlossene Tür der »Villa Violet«.
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