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Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands

Titel: Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands
Autoren: Barbara Cleverly
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Cottingham befand sich auf einem Gang der Barmherzigkeit. Falls Armitage - wie er und Joe vermuteten - das Land verlassen wollte, womöglich in diesem Moment in seine Erste-Klasse-Kabine eincheckte, dann würde sich der alte Herr im Stich gelassen fühlen. Cottingham sollte ihn zu seinem Termin in der Harley Street, im Westen der Stadt, begleiten. Falls es diesen Termin wirklich gab. Der 24. Mai, hatte er gesagt. Sie konnten sich wenigstens darum kümmern, dass der Mann angemessen versorgt wurde, hatte Sandilands gesagt.
    Er klopfte erneut und rief: »Mr. Armitage!«
    »Der wird sich heut nich rühr’n«, erklärte seine Kinderwagen schiebende Eskorte, die sich in dem Moment um ihn gesammelt hatte, als er in den Hof gefahren kam.
    »Nein? Warum nicht?«
    »Ham’se das nich gehört? Der is weg. Beide sind weg. Nach Westen. Bis ganz nach Amerika.«
    »Nach Westen? Aber natürlich«, murmelte Cottingham. »Ist ein weiter Weg für eine Augenoperation, aber vermutlich gibt es in New York gute Chirurgen. Dieser hinterlistige, alte Teufel! Wie der Sohn, so der Vater!«
    »Was plappern Sie da, Mister? Hier - Sie sind doch der, der Katzen mag, oder nich?«
    Sie tauchte in die Kissen und Decken ihres Kistenkinderwagens und zog eine Katze heraus. Die Katze. »Ham’se zurückgelassen. Tantchen Bella hasst Katzen. Nehme nich an, dass Sie sie uns abkaufen? Ich lass sie Ihnen für’nen Schilling!«
    Cottingham seufzte. »Tja, vermutlich müssen wir Rotbraunen zusammenhalten …«
    Cottingham probte schon einmal die Rede für seine Frau, während er die Katze im Korb seines Fahrrads verstaute und zurück nach Westen radelte.

29. KAPITEL
    »Lydia hat mich gebeten, Ihnen ein Tablett mit Tee zu bringen, Joe«, sagte Dorcas und weckte ihn aus einem segensreichen Schlummer im Sonnenschein auf dem Rasen. »Es gibt Assam und Scones und Marmelade. Wir essen gerade die Erdbeermarmelade vom letzten Jahr auf, also greifen Sie ruhig ordentlich zu. Und ich habe den Madeira-Kuchen gemacht. O bitte, lassen Sie mich eingießen. Sie sind ja noch im Halbschlaf! War es wirklich so ermüdend, zwei Wochen lang im Palast zu arbeiten? Lydia schickt Ihnen auch den Tatler .«
    »Danke, aber ich lese keine Skandalblätter«, erwiderte Joe.
    »Das ist sehr engstirnig für einen Mann von Ihrer fragwürdigen Tätigkeit«, erklärte Dorcas salbungsvoll und benutzte Phrasen, die er von seiner Schwester mehr als einmal gehört hatte. »Sie müssen doch in Erfahrung bringen, was die Schurken planen … wer sich von wem scheiden lässt, wer all sein Geld beim Glücksspiel verloren hat und was diese Herzogin an der Riviera so alles anstellt. Ich werde den Tatler lesen und Ihnen die interessanten Sachen erzählen.«
    Dorcas verstummte. Ihre ganze Aufmerksamkeit war auf das in Ehren gehaltene, heiß begehrte Gesellschaftsmagazin gerichtet. Für ein Kind, das niemals in Gesellschaft ausging, wusste sie sehr viel über die Art und Weise, wie es in der Gesellschaft zuging, das war ihm schon aufgefallen. Er hatte immer noch Schuldgefühle, dass er Lydia und ihrer Familie die Flüchtlinge aus King’s Hanger aufgebürdet hatte. Aber mittlerweile waren die meisten in ihre Baracken zurückgekehrt. Orlando war gekommen und hatte sie angefleht zurückzukommen. Er hatte sich sogar bei Joe dafür entschuldigt, dass er die Zeit der Polizei mit seinen Geschichten vergeudet hatte. »Konnte einfach nicht widerstehen, alter Knabe!«, hatte er dreist, aber beseelt angemerkt. »Kann Bullen nicht ausstehen. Keiner von uns versteht, warum es sie gibt. Dachte, ich könnte mir das Leben erleichtern und Ihnen die Schinderei ersparen, herumzulaufen und mich zu überprüfen. Wenn Sie mir einfach geglaubt hätten, dann hätten Sie sich viele Stunden Arbeit erspart.« Joe fing mit einer Verteidigung und Erklärung der Polizeiarbeit an und gab nach drei stockenden Sätzen auf, als er sah, wie sich Orlandos Blick trübte.
    Dorcas war noch geblieben, um »trainiert zu werden«, wie Lydia es formulierte. »Überlasst mir das Mädchen zwei Jahre lang, und sie wird formvollendet vor der Königin knicksen. Wartet nur ab!«
    Joe war sich da nicht so sicher. Dennoch begrüßte er das sauber gewaschene Gesicht, das gebürstete Haar und das frisch gebügelte Kleid mit den roten Streifen.
    »Oh, das müssen Sie sich anschauen, Joe!«, krähte Dorcas. »Freunde von Ihnen auf Seite zwanzig. Ist das nicht die Polizistin, die Sie nach King’s Hanger begleitet hat?« Sie hielt ihm die Zeitschrift vor die
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