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Die Tote im Götakanal

Die Tote im Götakanal

Titel: Die Tote im Götakanal
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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genau über dem Zwerchfell getroffen und ihn rücklings gegen die Wand geschleudert. Im gleichen Moment befreite sich der verrückte Kerl aus Ahlbergs Griff und stürzte geduckt und mit einer Schnelligkeit zur Tür, die man ihm nie zugetraut hätte.
    Während des ganzen wahnsinnigen Geschehens - waren es Ewigkeiten oder nur Sekunden gewesen? - hatte die Türglocke ununterbrochen geläutet.
     
    Martin Beck setzte dem Fliehenden nach, der aber bereits eine halbe Treppe Vorsprung hatte und ihn mit jedem Schritt vergrößerte. Als Martin Beck um den letzten Treppenabsatz bog, der ins Erdgeschoß führte, sah er, wie der Mann die innere Glastür aufriß. Drei Schritte noch, und er würde auf der Straße verschwinden ...
    Kollberg hatte sie kommen sehen. Er nahm den Finger vom Klingelknopf und trat zwei Schritte zurück. Der Mann im Trenchcoat holte gerade zu einem fürchterlichen Schlag in sein Gesicht aus.
    Jetzt wußte Martin Beck, daß er endlich den Schlußstrich ziehen konnte. In der nächsten Sekunde hörte er einen wilden Schmerzens laut: Kollberg hatte den Arm des Mannes gepackt und ihn mit einem schnellen Griff nach hinten gedreht und ausgekugelt.
    Hilflos lag der Mann im Trenchcoat auf dem Marmorboden.
    Martin Beck lehnte sich gegen die Wand und lauschte auf das Geheul der Sirenen, das aus mehreren Richtungen zu kommen schien. Das Überfallkommando war bereits eingetroffen, und draußen auf dem Bürgersteig drängten uniformierte Polizisten den ungebärdigen Haufen Neugieriger zurück.
    Er blickte auf den Mann, der Folke Bengtsson hieß und der immer noch da lag, wo er gestürzt war.
    Tränen strömten ihm über die Wangen.
    »Die Ambulanz ist da«, meldete Stenström.
    Martin Beck fuhr mit dem Aufzug nach oben.
    Sie saß in einem Sessel, jetzt in Manchesterhosen und Rollkragenpullover.
    Hilflos und unglücklich sah er sie an. »Die Ambulanz ist da. Sie kommen sofort rauf.«
    »Ich kann allein gehen«, entgegnete sie tonlos.
    Im Fahrstuhl sagte sie: »Nun mach mal nicht so ein niedergeschlagenes Gesicht. Das war nicht dein Fehler. Und mir ist ja weiter nichts passiert.«
    Er konnte ihr einfach nicht in die Augen sehen.
    »Hätte er versucht, mich zu vergewaltigen, wäre ich mit ihm fertig geworden. Aber so… ich hatte überhaupt keine Chance.«
    Er schüttelte sich.
    »Zehn oder fünfzehn Sekunden später und… Oder wenn Kollberg nicht auf die Idee gekommen wäre, dauernd auf die Türglocke zu drücken. Das verwirrte ihn und rüttelte ihn irgendwie aus seiner Starre auf. Gott, es war schrecklich. Ganz schrecklich.«
    Und als sie zum Krankenwagen ging, setzte sie hinzu: »Armer Kerl!«
    »Wer?«
    »Bengtsson.«
    Wieder eine Viertelstunde später standen nur noch Kollberg und Stenström vor dem Haus in Runebergsgatan.
    »Ich kam gerade noch rechtzeitig dazu, wie du ihn fertiggemacht hast. Stand auf der anderen Straßenseite. Wo hast du das bloß gelernt?«
    »Ich bin ja immerhin Fallschirmjäger gewesen.
    Man hat bloß zu selten die Gelegenheit, das Gelernte anzuwenden.«
    »Das Eindrucksvollste, was ich je zu sehen bekommen habe. Damit kannst du’s mit jedem aufnehmen.«
    »Ein Schakal, der im August geboren war, sah auf den Septemberregen im Tal hinunter. So eine Sintflut habe ich noch nie erlebt, schrie der Schakal.«
    »Was ist denn das?«
    »Ein Zitat«, erklärte Kollberg geduldig. »Von einem, der Kipling hieß.«

30
    Martin Beck blickte auf den Mann mit dem bandagierten Arm, der ihm im Sessel zusammengesunken gegenübersaß. Er hielt den Kopf gesenkt und starrte auf den Boden.
    Sechseinhalb Monate hatte Martin Beck auf diesen Augenblick gewartet. Er beugte sich zur Seite und schaltete das Tonbandgerät ein.
    »Sie heißen Folke Bengtsson, geboren am 7. August 1926 in Stockholm, wohnhaft in Stockholm, Rörstrandsgatan. Stimmt das so?«
    Der Mann nickte kaum merklich.
    »Bitte antworten Sie«, mahnte Martin Beck.
    »Ja«, sagte der Mann, der Folke Bengtsson hieß.
    »Das ist richtig.«
    »Bekennen Sie sich schuldig, die amerikanische Staatsbürgerin Roseanna McGraw in der Nacht vom 4. auf den 5. Juli vorigen Jahres vergewaltigt und ermordet zu haben?«
    »Ich habe niemanden ermordet«, entgegnete Folke Bengtsson.
    »Sprechen Sie lauter!«
    »Nein, das tue ich nicht.«
    »Sie haben bei Ihrer ersten Vernehmung zugegeben, Roseanna McGraw am 4. Juli des vergangenen Jahres an Bord des Passagierschiffs Diana kennengelernt zu haben. Ist das richtig?«
    »Ich wußte nicht, daß sie so hieß.«
    »Wir haben
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