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Die Tote im Götakanal

Die Tote im Götakanal

Titel: Die Tote im Götakanal
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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hochzuspringen. Aber sofort fiel er wieder zurück, die heftige Bewegung verursachte ihm wahrscheinlich Schmerzen in dem verletzten Arm.
    »Wieso denn? Daran ist nichts Schlimmes. Eine solche Reaktion ist völlig normal. Mir selber kommen auch ähnliche Gedanken, wenn ich gewisse Frauen sehe.«
    Der Mann starrte ihn an. »Und wenn ich nicht so denke wie Sie, dann wäre ich Ihrer Ansicht nach anomal?«
    Martin Beck schwieg.
    »Es ist also anomal, wenn der Mensch sich noch etwas Schamgefühl bewahrt hat?«
    Wieder keine Antwort.
    »Ich habe ja wohl noch das Recht, mein eigenes Leben zu leben, nach meinen Vorstellungen…«
    »Aber Sie haben nicht das Recht, andere umzubringen, die anders denken und anders leben. Gestern abend hab ich mit eigenen Augen gesehen, wie Sie beinahe einen Menschen getötet haben.«
    »Das stimmt nicht. Ich habe nichts dergleichen getan.«
    »Sie können doch nicht abstreiten, was ich selber gesehen habe. Sie waren drauf und dran, die Frau zu töten. Wären wir nicht rechtzeitig gekommen, hätten Sie jetzt ein Menschenleben auf dem Gewissen und wären jetzt ein Mörder.«
    Diese Worte übten eine seltsame Wirkung auf ihn aus. Er schien etwas sagen zu wollen, brachte aber keinen Ton heraus. Nur seine Lippen bewegten sich. Nach einer Minute murmelte er: »Sie hat es verdient. Es war ihre Schuld, nicht meine.«
    »Entschuldigen Sie bitte, ich hab wohl nicht richtig gehört.«
    Der Mann starrte verbissen zu Boden.
    »Wollen Sie das vielleicht noch einmal wiederholen?«
    Schweigen.
    Plötzlich fuhr Martin Beck ihn an: »Sie brauchen sich gar nicht so aufs hohe Roß zu setzen und mit ihrem Schamgefühl hausieren zu gehen. Sie sind ein Lügner.«
    Der Mann schüttelte den Kopf.
    »Sie haben bei Ihrer ersten Vernehmung angegeben, daß Sie nur Zeitschriften über Sportfischerei kaufen würden. Aber die pornographischen Zeitungen haben Sie nicht erwähnt.«
    »So etwas rühre ich auch nicht an.«
    »Sie vergessen, daß ich niemals die Unwahrheit sage.«
    Schweigen.
    »Dann erklären Sie mir bitte, wie die beinahe hundert Hefte dieser Art in Ihren Ofen gekommen sind.«
    Die Reaktion war äußerst heftig. »Woher wissen Sie das?«
    »Wir haben Ihre Wohnung durchsucht, dabei wurden die Zeitschriften gefunden. Meine Leute haben auch noch etwas anderes im Ofen entdeckt – nämlich die Sonnenbrille von Roseanna McGraw…«
    »Sie brechen in meine Wohnung ein und schnüffeln in meinem Privatleben herum. Was soll das bedeuten?« Und nach einigen Sekunden fügte er hinzu: »Ich will mit Ihnen nichts mehr zu tun haben. Ich verabscheue Sie.«
    »Warum regen Sie sich so auf? Es ist ja nicht verboten, derartige Hefte zu kaufen; man bekommt sie an jedem Kiosk. Da ist ja nichts weiter dabei. Die Frauen in solchen Heften sehen auch nicht anders aus wie andere Frauen. Kein wesentlicher Unterschied. Wenn nun beispielsweise Bilder von Roseanna McGraw dabei gewesen wären, oder von Sonja Hansson oder Siv Lindberg…«
    »Schweigen Sie!« fuhr der Mann hoch. »So dürfen Sie nicht reden, Sie dürfen diesen Namen nicht nennen?«
    »Warum nicht? Was wäre schon dabei, wenn Siv Lindberg zu solchen Aufnahmen Modell gestanden hätte?«
    »Du verdammter Teufel!«
    »Was würden Sie machen, wenn Siv Lindberg tatsächlich in diesen Heften abgebildet wäre?«
    »Ich würde sie bestrafen… Ich würde auch Sie umbringen, weil Sie so etwas gesagt haben.«
    »Mich können Sie nicht umbringen. Was würden Sie mit der Frau tun? Wie heißt sie noch… ach ja, Siv Lindberg…«
    »Bestrafen… ich würde, ich würde…«
    »Nun?«
    Die Hände des Mannes krampften sich zusammen, öffneten sich und ballten sich wieder zur Faust. »Ja, das würde ich tun.«
    »Sie umbringen?«
    »Ja.«
    »Und warum?«
    Schweigen. Dann: »Warum sagen Sie solche Sachen?« Eine Träne rann ihm die Wange herunter.
    »Sie haben viele der Bilder zerstört«, fuhr Martin Beck ruhig fort. »Sie haben mit einem Messer hineingestochen. Warum?«
    »Sie sind in meiner Wohnung gewesen und haben herumgeschnüffelt…«
    »Warum haben Sie die Bilder zerstochen?«
    Der Mann blickte gehetzt umher. »Wie soll man leben können, wenn alle…«
    »Warum haben Sie die Bilder mit einem Messer zerfetzt?« wiederholte Martin Beck laut.
    »Das geht Sie nichts an!« Die Stimme kippte ihm über. »Du Teufel! Widerliches Schwein!«
    »Warum?«
    »Bestrafen… und Sie werde ich auch bestrafen.«
    Er sank in sich zusammen.
    Zwei Minuten Stille. Dann sagte Martin Beck freundlich: »Sie
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