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Die Tote im Götakanal

Die Tote im Götakanal

Titel: Die Tote im Götakanal
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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miteinander ins Gespräch kamen.«
    »Ja, stimmt, so war’s. Jetzt entsinne ich mich. Sie fragte, wie der Ort hieß, an dem wir gerade vorbeifuhren.«
    »Wie hieß er denn?«
    »Norsholm, glaub ich.«
    »Und dann blieb sie bei Ihnen stehen und plauderte mit Ihnen?«
    »Ja, aber ich weiß kaum noch, was sie gesagt hat.«
    »Machte sie gleich von Anfang an einen schlechten Eindruck auf Sie?«
    »Ja.«
    »Warum unterhielten Sie sich denn mit ihr?«
    »Sie war einfach aufdringlich. Stand da und redete und lachte. Sie war ebenso wie alle anderen.
    Schamlos.«
    »Was taten Sie dann?«
    »Dann?«
    »Ja. Gingen Sie nicht zusammen an Land?«
    »Ich ging an Land, und sie kam einfach hinterher.«
    »Und wovon sprach sie?«
    »Daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Es war nichts Besonderes, für mich nur eine Gelegenheit, mein Englisch aufzufrischen.«
    »Und als Sie wieder an Bord kamen, was geschah dann?«
    »Ich weiß nicht. Ich kann mich wirklich nicht erinnern. Vielleicht aßen wir zu Abend.«
    »Am selben Tisch?«
    »Ich glaub nicht. Ich weiß nicht mehr.«
    »Versuchen Sie mal, sich zu erinnern!«
    »Ich weiß es wirklich nicht mehr.«
    »Und nach dem Essen verbrachten sie den Abend zusammen.«
    »Nach dem Essen bin ich wieder aufs Deck gegangen. Es war schon dunkel, und ich stand lange am Bug. Allein.«
    »Und dann ist sie zu Ihnen gekommen? Denken Sie mal nach.«
    »So muß es wohl gewesen sein. Später saßen wir eine Zeitlang achtern auf einer Bank und unterhielten uns. Dabei störte sie mich nur, ich wollte allein sein. Ich sag ja, sie drängte sich mir regelrecht auf.«
    »Und anschließend lud sie Sie in ihre Kabine ein?«
    »Nein.«
    »Später am Abend haben Sie sie umgebracht, nicht wahr?«
    »Nein… nein, das hab ich nicht getan.«
    »Können Sie sich wirklich nicht daran erinnern, daß Sie sie getötet haben?«
    »Glauben Sie wirklich, daß ich es getan habe?«
    »Ich glaube es nicht – ich weiß es.«
    »Warum quälen Sie mich so? Sie sagen so schreckliche Dinge. Ich habe nichts getan.«
    »Ich will Sie nicht quälen.«
    Sagte er die Wahrheit? Martin Beck wußte es nicht. Aber er fühlte, daß der Mann wieder in die Defensive gegangen war. Er hatte sich wieder in sein Schneckenhaus zurückgezogen, und je mehr man versuchen würde, ihn hervorzulocken, desto beharrlicher würde er sich verschließen.
    »Na schön, lassen wir das erst einmal…«
    Der Blick des Mannes verlor das Gehetzte, blieb aber nach wie vor befangen und unstet. »Sie wollen mich nicht verstehen«, murmelte er.
    »Ich gebe mir die größte Mühe… Es gibt also Menschen, die Sie ablehnen, die Ihnen widerwärtig sind.«
    »Ist das so schwer zu begreifen? Menschen können ekelhaft sein.«
    »Das begreife ich sehr gut. Aberweiter… Hauptsächlich lehnen Sie eine bestimmte Art von Frauen ab, Frauen, die sich Ihrer Auffassung nach schamlos aufführen. Oder wie?«
    Der Mann antwortete nicht.
    »Sind Sie religiös?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    Der Mann zuckte hilflos die Achseln.
    »Lesen Sie auch keine religiösen Bücher oder Zeitschriften?«
    »Ich habe die Bibel gelesen.«
    »Und?«
    »Was soll ich dazu sagen. Es sind natürlich viele schöne Worte darin, aber auch viel… viel…«
    »Ja?«
    »Ach, all diese unreinen Dinge.«
    »Würden Sie Frauen wie Roseanna McGraw und Fröken Hansson auch als unrein bezeichnen?«
    »Das sind sie doch auch – oder finden Sie nicht?
    Sehen Sie sich doch bloß all das Widerwärtige an, das um uns herum geschieht. Gegen Ende des letzten Jahres habe ich einige Wochen lang Zeitungen gelesen, und jeden Tag waren sie voller neuer Scheußlichkeiten. Woran liegt denn das, Ihrer Meinung nach?«
    »Und mit unreinen Menschen wollen Sie nichts zu tun haben?«
    »Nein.« Er machte eine kurze Pause und fügte hinzu: »Ganzundgar nichts.«
    »Na gut, halten wir also fest, daß Sie derartige Frauen nicht leiden können. Aber es wäre doch vorstellbar, daß sie trotzdem eine gewisse Anziehung auf Sie ausüben… Man kann diese Art Frauen verachten und im geheimen davon träumen, ihnen nahe zu sein, sie zu berühren…«
    »Seien Sie ruhig! So etwas dürfen Sie nicht sagen.«
    »Ihre weißen Glieder zu sehen… ihre Haut zu berühren…«
    »Reden Sie doch nicht so.«
    »Ist Ihnen nie der Wunsch gekommen, diese Frauen zu entkleiden? Sie nackt zu sehen?«
    »Nein, nein… ganz bestimmt nicht.«
    »Eine weiche Hand auf Ihrem Körper zu spüren?«
    »Schweigen Sie!« schrie der Mann und machte Anstalten, vom Stuhl
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