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Die Tote im Götakanal

Die Tote im Götakanal

Titel: Die Tote im Götakanal
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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einem beigefarbenen Skoda in Regeringsgatan ein. Martin Beck stützte die Arme auf die Knie, beugte sich vor und starrte zwischen den beiden vor ihm Sitzenden auf die regennasse Straße hinaus.
    Jetzt war er physisch und geistig in Hochspannung - wie ein guttrainierter Sportler vor einem Rekordversuch.
    Zwei Sekunden später kollidierte der grüne Volvo mit einem Lieferwagen, der in verbotener Fahrtrichtung aus David Bagares Gatan herausrollte. Der Fahrer des Volvo hatte den Zusammenstoß kommen sehen und noch instinktiv das Steuer nach rechts herumgerissen. Jetzt stand er quer über der Straße in den Lieferwagen verkeilt.
    Kollberg, der gerade zum Überholen angesetzt hatte, hatte geistesgegenwärtig die Rechtsschwenkung mitgemacht und auf die Bremse getreten. Der Wagen drehte sich, stellte sich quer und kam eine Handbreit parallel vor dem Volvo zum Stehen. Kollberg hatte schon den l Rückwärtsgang eingeschaltet, als der beigefarbene Skoda ihm krachend in die rechte Seitentür fuhr. Der Fahrer hatte eine Vollbremsung, gemacht, was bei diesen Straßenverhältnissen ein grober Fehler war.
    Es war kein schwerer Unfall. In zehn Minuten würden ein paar Vertreter der Ordnungspolizei mit ihrem Maßband zur Stelle sein, Nummern und Namen aufschreiben und nach dem Führerschein, dem Namensschild und der Funklizenz fragen.
    Dann würden sie den Fall notieren, die Achseln zucken und ihres Weges gehen vorausgesetzt, daß keiner der Fahrer nach Alkohol roch. Schließlich würden all die Menschen, die jetzt schreiend und gestikulierend im Regen standen, in ihre geliebten, nun verbeulten Blechkisten steigen und jeder in seine Richtung davonfahren.
    Ahlberg fluchte laut vor sich hin. Es dauerte zehn Sekunden, bis Martin Beck die Situation begriff. Sie konnten nicht heraus; beide! Türen waren blockiert, so vollständig, als wenn sie verlötet wären.
    Zurücksetzen konnten sie auch nicht; ein Bus der Linie 55 stand genau hinter ihnen. Damit war ihnen der Rückzugsweg abgeschnitten.
    Der Fahrer des beigefarbenen Skoda war in den Regen hinausgestürzt vermutlich zornbebend und auf der Suche nach allen möglichen Entschuldigungen. Jedenfalls war er nicht zu sehen, wahrscheinlich stand er irgendwo hinter den beiden anderen Autos.
    Ahlberg stemmte beide Füße gegen die Tür, daß ihm beinahe die Adern platzten, aber der Beigefarbene hatte den Gang nicht herausgenommen, und der Wagen rührte sich nicht von der Stelle.
    Drei, vier alptraumähnliche Minuten vergingen.
    Ahlberg schrie und winkte mit den Händen. Der Regen legte sich wie gefrorener Reif auf die Heckscheibe. Endlich konnten sie draußen einen Streifenpolizisten in einem blanken, schwarzen Regenmantel erkennen.
    Jetzt schienen auch einige der Passanten die Lage erfaßt zu haben und begannen den beigefarbenen Skoda beiseite zu schieben. Dabei bewegten sie sich ungeschickt und langsam. Der Polizist versuchte sie daran zu hindern. Nach einer Weile half er mit. Nach einigem Ziehen und Schieben und Stoßen gelang es ihnen, den Skoda so weit zurückzusetzen, daß sich eine etwa ein Meter breite Lücke zwischen dem Kühler und der Tür von Kollbergs Wagen bildete. Trotzdem wollte sich die Tür nicht öffnen lassen, sie hatte sich offenbar öffnen lassen, sie hatte sich offenbar verklemmt.
    Ahlberg fluchte und tobte. Martin Beck spürte, wie ihm im Nacken der Schweiß ausbrach und in einem kalten Rinnsal den Rücken hinunterlief. Endlich ging die Tür langsam und knirschend auf.
    Ahlberg kippte hinaus. Martin Beck und Kollberg versuchten gleichzeitig, den Wagen zu verlassen, und schafften es schließlich irgendwie.
    Der Polizist zückte sein Notizbuch. »Wie konnte das denn passieren?«
    Kollberg brüllte: »Halt die Klappe!«
    Zum Glück erkannte ihn der Kollege.
    »Los, komm schon!« schrie Ahlberg, der bereits fünf Meter vorne lag.
    Eifrige Hände wollten ihn aufhalten. Kollberg rannte einen Würstchenverkäufer um, der verdutzt mit seinem Bauchladen zu Boden ging.
    Vierhundertfünfzig Meter, dachte Martin Beck. Für einen trainierten Sportler eine Affäre von einer Minute. Aber sie waren keine trainierten Sportsleute.
    Auch befanden sie sich nicht auf einer Aschenbahn, sondern auf regennassem Asphalt. Schon nach hundert Metern ging ihnen die Luft aus. Ahlberg war immer noch fünf Meter voraus, aber bei Jutas Backe stolperte er und wäre beinahe gestürzt. Das kostete ihn seinen Vorsprung, und nun rannten sie Seite an Seite den Hügel in Richtung Eriksbergsplan hinunter.
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